Der Verkehrsministerfordert das Ende „ständiger Gängelung“und sagt: „Das Prinzip der Freiheit hat sich bewährt.“ Die CDU-Vorsitzendesieht bloß eine „Phantomdebatte“und meint, diese würde befeuert von Leuten, die Bürger „quälen und bestrafen« wollten.Der Chefredakteur verteidigtdie „Freiheit auch auf deutschen Autobahnen“ gegen „die Liebe zum Verbot“ mit einem Rundumschlag gegen die „auserwählte Moral“.
Wenn Deutschland über ein generelles Tempolimit auf Autobahnen diskutiert, steht das große Ganze auf dem Spiel. Mindestens. Eine deutsche „Lebensart“ wird als bedroht hingestellt, die ziemlich viele Tote produziert. Und die nach allgemeiner Erkenntnis nicht gut für die Umwelt und also klimaschädlich ist. Beides ist im Grunde unbestritten, wo die Minderung der Emissionen als »nur gering« und die Reduzierung der Verkehrsopfer als nebensächlich behauptet wird, weil woanders auch Leute durch Automobilismus sterben, wird empirische Evidenz einer „höheren Instanz“ untergeordnet: der Freiheit.
Aber was ist das für eine Begriff der „Freiheit“, zu deren Verteidigung da schwere Geschütze aufgefahren werden? Das bleibt in aller Regel offen und vage, aber Mutmaßungen dürfen erlaubt sein. Wenn Andreas Scheuer sagt, „wer 120 fahren will, kann 120 fahren. Wer schneller fahren möchte, darf das auch“, lässt sich eine Idee unbegrenzter, undeterminierter Freiheit erahnen, die von keinerlei Bindung begrenzt, von keinerlei Verpflichtung eingehegt ist – sondern nur dann „Freiheit“ sieht, wenn jeder selbst wählen kann, wie es ihm beliebt.
Willkürfreiheit gegen aufgeklärte Freiheit
Man kann auch von einer Freiheit des laisser faire, von einer Willkürfreiheit (Kant) sprechen, die vor allem „durch sinnliche Antriebe“ motiviert ist. Rasen, Rausch der Geschwindigkeit und so weiter. (Um schnelleres Ankommen am Zielort geht es offenbar nicht, das zeigt der regelmäßige Hinweis darauf, dass wegen Baustellen und bereits bestehenden Streckenabschnitten mit Tempolimit die durchschnittliche Geschwindigkeit ohnehin schon „begrenzt“ sei.)
Eine solche Freiheit erkennt offenbar nicht, dass aufgeklärte Freiheit eine Selbstbegrenzung der Freiheit aus Freiheit und um der Freiheit aller willen braucht. Zu letzterer gehört zum Beispiel die Freiheit, nicht von einem Raser getötet zu werden. Man könnte auch von einer bindungswilligen Freiheit sprechen, einer also, die deshalb nach ihrer eigenen Begrenzung durch Vorschriften und sogar Verbote verlangt, weil nur so die Bedingungen aufrechterhalten werden können, unter denen Freiheit möglich wird.
Zu diesen Bedingungen gehört die „Ökologie der Existenz“, also die Erhaltung aller Voraussetzung von Gesellschaftlichkeit überhaupt. (Früher hieß das auch Freiheit als Einsicht in die Notwendigkeit, der Gedanke wurde leider von Kräften zuschanden geritten, die mit Freiheit in der hier vorgeschlagenen Perspektive nicht viel im Sinn hatten.)
Wenn sich gegen den – ebenfalls im Grunde unbestrittenen – Zusammenhang zwischen Raserei und klimaschädlichen Emissionen durch ein Tempolimit auch nur ein Bruchteil der ökologischen Folgen des Autofahrens mindern lassen, wäre eine solche Einschränkung der Freiheit des Fahrers ein Akt der Freiheit, da das Tempolimit die Voraussetzungen des Menschseins erhält, und damit die Voraussetzungen von Freiheit. Bernd Ulrich hat die Gegenargumente schön als „das Reklamieren von ökologischen Sonderverschmutzungsrechten“ bezeichnet, das nicht liberal sondern feudal sei.
Materielle Voraussetzungen von Freiheit
Statt einer anarchistisch anmutenden Idee von Autonomie, die sich im Ruf gegen das Tempolimit äußert, orientiert sich solcherart verstandene Freiheit an der vernünftigen Überzeugung, dass die Einschränkungen eigener Freiheit notwendig für Freiheit ist – die der anderen etwa, indem nur Handlungen als „frei“ erachtet werden, die mit deren Freiheit verträglich sind; und solche der Freiheit generell, weil jeder das Recht auf die gleiche Freiheit hat. Einschränkungen der Freiheit sind also keineswegs per se Akte gegen die Freiheit.
Soweit eine, wenn man so will: liberale Betrachtung der Freiheit in Zeiten aufgeregter Tempolimit-Debatten. Es kommt eine zweite Dimension dazu, eine die stärker mit den materiellen Voraussetzungen von Freiheit zu tun hat. Niemand wird leichtfertig behaupten, dass Raserei auf der Autobahn eine Angelegenheit höherer Einkommensklassen ist. Und doch wird es jetzt „sozial“: Die Tatsache, dass es ökonomische Voraussetzungen für das Schnellfahren auf Autobahnen gibt, die wiederum mit den ökonomischen Voraussetzungen der Freiheit anderer zu tun haben, lässt sich schwerlich bestreiten.
Die sich breit durchs Land ziehenden Asphaltpisten müssen gebaut werden, dies wirkt sich auf die Ressourcen aus, die für andere Mobilitätsarten zur Verfügung stehen. Eine Wirtschaftspolitik, die eher der Modellstrategie deutscher Autokonzerne folgt als einem gesellschaftlichen Interesse an Mobilität, trägt hier zur Asymmetrie bei. Dahinter steht eine Idee ökonomischer Steuerung, die ihrerseits noch an anderer Stelle in der Lage ist, Freiheit einzuschränken – etwa die der Beschäftigten in anderen europäischen, weniger auf Export und Standortkonkurrenz zurecht getrimmten Ländern.
Negative Freiheit, positive Freiheit
Wer aus ökologischen oder humanistischen Gründen für ein Tempolimit plädiert, dem wird man also schlechterdings vorwerfen können, ein Ächter der Freiheit zu sein – eher scheint dies doch bei denen der Fall, die nun ganz hektisch die Freiheitsfahne schwenken. Selbstverständlich gehört zur Freiheit auch, das Recht des Einzelnen vor der Einmischung in sein Leben durch andere und den Staat zu verteidigen. Dies findet seine Grenze aber dort, wo es die Freiheit und die Freiheit anderer einschränkt.
Eine negative Freiheit zu verteidigen, also die Freiheit vor autoritärer Zumutung, Gängelei, staatlichem Übergriff und so fort, ist das eine. Eine positive Freiheit anzustreben, etwas nächstes, damit Zusammenhängendes: für materielle Verhältnisse zu sorgen, in denen alle unter den gleichen Voraussetzungen über zukünftige gesellschaftliche Entwicklungsperspektiven entscheiden. Die Demokratie ist dafür eine großartige Sache, die politische Freiheit auf die soziale Freiheit angewiesen.
Könnte es sein, dass jene, die hier nun „Gängelung“ rufen und gegen die „Liebe zum Verbot“ ziehen, genau das zu blockieren trachten? Ist die Frage der Raser-Freiheit eine, die deshalb so engagiert verteidigt wird, weil dahinter ein individualistischer Freiheitsbegriff steht, einer, der von den gesellschaftlichen und ökologischen Bedingungen von Freiheit absieht, die nur dann ist, wenn sie Freiheit aller sein kann? Oder anders gesprochen: Ist die Freiheit, die sie meinen, womöglich gar keine?
Der Autor teilt sich mit anderen ein Auto, fährt mitunter Autobahn, ist aber das, was man einen Angsthasen nennen könnte, weshalb er meist rechts und ohnedies unter 120 fährt
Kommentare 46
Tja, so sieht es aus.
Es ist immer so einfach eine freie, aber gerechte Gesellschaft zu forden und wer das tut, dem ist der Applaus gewiss.
Nur das Ausbuchstabieren, die Diskussion darüber, was diese Begriffe denn nun meinen, wird dann - ironischerweise oft von denen, die eben noch lautstark forderten - gerne als überflüssig angesehen.
Wie dämlich kann man sein, ohne dass endlich einmal eine grellrote Warnleuchte gegen geistige Umweltverschmutztung leuchtet?
Vor 2500 Jahren hat Sokrates schon die Leute damit genervt, Kant erneuerte in "Was ist Aufklärung?" den Ruf noch mal, die Wohlmeinenden glauben das alles längst hinter sich zu haben und wollen die Schatten in ihrer Höhle, die heute Echokammer heißt, gerne bunt bemalen.
Da fällt mir Georg Kreisler ein, der einst sang:
Meine Freiheit muss noch lang nicht deine Freiheit sein!
Meine Freiheit: Ja!
Deine Freiheit: Nein!
Meine Freiheit wird von der Verfassung garantiert
Deine hat bis jetzt nicht interessiert!
"Niemand wird leichtfertig behaupten, dass Raserei auf der Autobahn eine Angelegenheit höherer Einkommensklassen ist."
Das braucht man auch nicht, weil es sich nämlich nachweisen lässt, denn der Großteil der Schnellfahrer fährt Fahrzeuge der Oberklasse von BMW, Audi und Mercedes. Und die sind nicht aus dem privaten Portemonnaie bezahlt, sondern Firmenfahrzeuge. Da lassen sich immer noch prima Steuervorteile nutzen und nicht umsonst werden unsere Regierungsvertreter von den Firmen ausgestattet, denn damit werden gleich zwei Faktoren bedient, zum einen die Werbung und eine günstige Stimmung (Beeinflussung) bei den Politikern selbst.
Dazu kommt noch der Anteil der Werksangehörigen, die damit ihr Einkommen aufbessern. Alles übrigens auch im Sinne der Betriebsräte, die in diesen Konzernen als Gewerkschaftsvertreter zu betrachten sind.
Ich erinnere an die Einführung der Sicherheitsgurte, welch´ abstruse Argumente dagegen aufgeführt wurden und ganz vorne dabei war der ADAC. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, wurde die Gurtpflicht ohne eine Mehrheit in der Bevölkerung eingeführt. Die Argumente dafür waren damals schon eindeutig!
Es betrifft also den Absatz der Premiumfahrzeuge, (wie es so schön heißt) und wenn nun die Geschwindigkeit auf 120 oder 130 km begrenzt würde, dann ließe sich wohl mit keiner Werbung mehr vermitteln, warum die Autos abgeregelt 240 km Spitzengeschwindigkeit fahren können, zudem mit hohem Spritverbrauch. Die Konzerne werden also dagegenhalten und da dürfte noch jedes absurde Argument aufgefahren werden. Zumal die Konzerne ja nur das beste für ihre Käufer wollen und sich als deren Interessenvertreter gerieren.
Dann wurde auch die Bedrohung deutscher Ingenieurskunst auf den Tisch gebracht (ist schon länger her), also den Verlust ihrer Fähigkeiten, da diese bei leistungsschwächern Autos nicht mehr erforderlich seien. Da die Zukunft aber in der neuen Sackgasse Elektroauto gesehen wird, ist der anders als erwartet schon längst eingetreten.
Das Recht auf Geschwindigkeit mit der Freiheit zu verbinden, hinkt spätestens da, wo die bekannten Fakten ignoriert werden, was die Zahl der Toten auf den Autobahnen wegen erhöhter Geschwindigkeit betrifft. Und als Ablenkung dient hier gerne der Verweis auf die Landstraßen, wo es höhere Todeszahlen gibt.
Jeder mag sein Recht darin sehen, sein eigenes Risiko auf Tod zu erhöhen, als Beispiel können einige Risikosportarten dienen. Der Unterschied dabei ist aber, hier liegt das Risiko allein bei mir! Also ist es keinesfalls die Moral, die die Schnellfahrer für sich in Anspruch nehmen können.
Aber hier ist explizit die männliche deutsche Unvernunft (Untersuchungsergebnisse aus dem Jahre 2017) eindeutig festzuhalten und erinnert ein wenig an die amerikanische Irrationalität, die Freiheit nur über persönlichen Waffenbesitz verteidigen zu können. Darüber kann sich der durchschnittliche Schnellfahrer nur wundern, ohne die Zusammenhänge zu erkennen.
Ein guter Einstieg in das Thema.
Und mir Marius Müller-Westernhagen: Dünn bedeutet frei zu sein. Plus 200 sonstige Meinungen und Deutungen. Aber was ist Freiheit?
Aber die Entscheidung scheint ja schon wieder gefallen zu sein und die alten Argumente sind auch wieder die neuen in einer aktuellen Meldung:
Die Bundesregierung hat einem Tempolimit auf Autobahnen eine Absage erteilt. "Die Bundesregierung plant kein allgemeines Tempolimit auf deutschen Autobahnen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Schon jetzt würden Geschwindigkeitsbegrenzungen in weiten Teilen des Straßennetzes gelten. "Es gib auch noch intelligentere Steuerungsmöglichkeiten als ein allgemeines Tempolimit", sagte Seibert mit Blick auf Klimaschutzmaßnahmen.
Die Lobbyisten haben hier wieder erstklassige Arbeit geleistet oder auch anders: "die Dümmlichkeit derjenigen in den verantwortlichen Regierungsstellen war bereits vorher bekannt.
Das Thema "Tempolimit auf Autobahnen" zeigt erschreckend, dass dümmliche Scheinargumente, die rein gar nichts mit der daraus resultierenden Problematik (Tote, Umweltverschmutzung) zu tun haben, genügen, um irrationales Verhalten weiterhin zu befördern. Man kann immer darüber streiten, was vernünftig ist. In diesem Fall ist sehr gut begründet, dass die Vernunft nur mit einer Begrenzung der Geschwindigkeit einhergeht. Tom Strohschneider hat den mit diesem Thema ins Feld geführten Begriff der Freiheit und dessen damit verbundenen Missbrauch auf den Punkt gebracht, wie ich finde.
Jämmerlich verhalten sich wieder mal die Führungskräfte der Sozialdemokraten. Dem Tagesspiegel sagte Ralf Stegner, SPD-Vize: „Wenn ein Tempolimit einen nachweisbaren Beitrag zum Klimaschutz leisten kann, dann müssen wir das zumindest ernsthaft in Erwägung ziehen.“ Mit anderen Worten: Wir halten uns lieber raus. Die Bundesumweltministerin Svenja Schulze schweigt. Sie will zu den Vorschlägen der Verkehrskommission keine Stellung nehmen.
Wenn der Platz da wäre, würde man lieber zwei Autobahnen parallel bauen, bloß um die Möglichkeit für hohe Geschwindigkeiten im Individualverkehr zu erhalten, wenn sich irgendwann doch die Vernunft durchsetzen würde. Alles für die deutschen Autobauer! - Was ist das nur für ein dummes europäisches Ausnahmeland Deutschland?Es wird mit den Autobahnen so werden wie mit den Innenstädten: Da man sich nicht entschließen kann, die allgemeine Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h festzulegen, weder solange 30er Schilder aufgestellt, bis es in ganz Deutschland nur noch drei Straßen in den Städten gibt, wo noch 50 gilt. Erst dann wird man den Schilderwald wieder abholzen.Der obige Artikel beleuchtet die Angelegenheit gut von allen Seiten. Man würde ihm eine weitere Verbreitung wünschen!
"Es betrifft also den Absatz der Premiumfahrzeuge, (wie es so schön heißt) und wenn nun die Geschwindigkeit auf 120 oder 130 km begrenzt würde, dann ließe sich wohl mit keiner Werbung mehr vermitteln, warum die Autos abgeregelt 240 km Spitzengeschwindigkeit fahren können, zudem mit hohem Spritverbrauch."
Ich glaube das stimmt so nicht ganz. Die Oberschicht von Ländern mit Tempolimit fährt in der Regel ebenfalls die gehobenen Tempobolzer. Die vielen PS sind vielleicht ein Baustein beim Kauf, aber bei weitem nicht der wichtigste. Das ist und bleibt der Status des Fahrzeugs, so piepschnurzegal dieser auch für den Wert eines Autos ist.
Diese typisch deutsche Diskkussion führt bei mir zu einem intensiven Würgereiz. Ein Verkehrsminister von der CSU, nicht der erste dieser Partei, der als Automobillobyist unterwegs ist und alles blockiert, was die Autokonzerne daran hindern könnte, Kasse zu machen. Dieser Rotzlöffel ist sich nicht zu schade, im Zusammenhang mit der Diskussion um das Tempolimit den Begriff der Freiheit zu vergewaltigen. Welche Freiheit hatten eigentlich die Menschen, die bereits an der giftigen Luft der, von den angeblich so sauberen Motoren der Dieselbetrüger verursacht, gestorben sind? Nirgendwo auf der Welt, selbst im Lande der unbegrenzten Unmöglichkeiten nicht, wird über das dort seit Jahren geltende Tempolimit, eine Diskkusiion geführt, die mit der hiesigen demagogischen Schwadronie vergleichbar wäre. Und wer die Frau Umweltministerin von der SPD im gestrigen Fernsehprogramm beim Verbiegen nach der Frage, wie sie und ihre Partei es mit dem Tempolimit hält, besichtigt hat, weiß, mit was für Luschen wir es an den Schalthebeln der Macht zu tun haben.
Das würde ich gerne in einer Befragung männlicher Autofahrer überprüfen lassen. Zumindest bei den Privatkäufern würde ich darauf wetten.
Ein Argument dagegen wäre schon die Reaktion der Konzerne, denn was hätten die ansonsten beim Absatz zu befürchten?
"Ist die Freiheit, die sie meinen, womöglich gar keine?"
Schwer zu sagen. Die Freiheit, die die homophobe Kakagretel meint, vermutlich nicht. Wer behauptet die Schöpfung bewahren zu wollen aber eine kleine Einschränkung des Rechts auf Tot- und Kaputtrasen als Qual und Strafe hinstellt, läuft mit Dummelsoftware und tickt wahrscheinlich nicht ganz sauber. Muss auf den Prüfstand und bei nächster Gelegenheit die Zulassung entzogen bekommen.
Drei Bemerkungen:
ADAC Staubilanz 2018: »Für die staugeplagten Autofahrer in Deutschland ist kein Ende in Sicht. Auch für 2018 meldet der ADAC einen Rekord: Rund 745.000 Staus und damit rund 3 Prozent mehr als im Vorjahr wurden in der ADAC Staudatenbank erfasst. Im Durchschnitt waren dies mehr als 2000 Staus pro Tag. Die gemeldeten Staulängen wuchsen um rund 5 Prozent und summierten sich auf eine Gesamtlänge von etwa 1,5 Millionen Kilometer - eine Blechschlange, die etwa 38-mal um die Erde reichen würde. Die Zeit, die die Verkehrsteilnehmer zum Stillstand gezwungen waren, betrug rund 459.000 Stunden und lag damit auf Vorjahresniveau.«
Für mich hatte das vor mehr als zehn Jahren schon zur Konsequenz, dass ich, obgleich vorhanden, die Autobahn für die letzten 15 Kilometer verließ, um durch den Innenstadtverkehr zu meiner Arbeitsstelle zu kommen. Ich wäre sonst nie angekommen. Meine Rückfahrt (37 Kilometer) war ebenfalls durch jahrelange Autobahnbaustellen gekennzeichnet.
Seit Ende 2007 fahre ich nun wöchentlich einmal über die A 42 von Castrop-Rauxel nach Kamp-Lintfort und von dort aus weiter nach Kevelaer. Das ist ein Autobahnabschnitt von 56 Kilometern – und seit 2007 fahre ich auf dieser Autobahn nur durch Baustellen, die noch Jahre weiter bestehen werden. Für ein Autobahnstück von 56 Kilometern. Nicht zu glauben.
…
31 Jahre meines Lebens (1976 bis 2007) habe ich in den Niederlanden gewohnt, bin täglich von dort aus nach Deutschland zur Arbeit gefahren. Ich habe also täglich beide Verkehrssituationen erlebt.
Auf Autobahnen der Niederlande betrug das Tempolimit bis zum Jahr 2012 auf vielen Strecken 120km/h. Im Jahr 2012 wurde das Tempolimit auf 130km/h erhöht, allerdings nicht generell.
Nach dieser Erfahrung behaupte ich mal ganz ungeniert, dass das Autofahren für mich in den Niederlanden viel entspannter und der Effekt mit dem niedrigeren Spritverbrauch von ca. einem Liter pro 100 Kilometer verifizierbar war. Die gesamte Verkehrsführung in den Niederlanden unterlag (unterliegt?) einem konsequent strengen Regime.
Außerdem bezahlt man in den NL zusätzlich zur Mehrwertsteuer bei der Anschaffung eines neuen Privat-Autos eine Art einmaliger Umweltsteuer (BPM: de Belasting van Personenauto's en Motorfietsen), die schnell einige tausend EURO ausmachen kann. Seit dem 1. Januar 2013 berechnet die Regierung die BPM für Pkws ausschließlich auf der Grundlage der CO2-Emissionen und kann z. B. bei einem WV Polo Benziner über 4.000 EURO liegen.
Bei meinem letzten Neuwagen, einem Citroën C4, den ich in den NL zuließ, habe ich noch im März 2005 4.459 EURO BPM zusätzlich zur MwSt. bezahlt. An Kfz-Steuern zahlte ich in den Niederlanden vierteljährlich 128 EURO. Nach Umzug hier ins Ruhrgebiet zahlte ich schließlich nur noch 94 EURO jährlich.
Bei all diesen Unpässlichkeiten bin ich niemals einem Niederländer begegnet, der sich in Verbindung mit der Organisation des niederländischen Straßenverkehrs über mangelnde Freiheit beklagte.
…
Eine sinnvolle Geschwindigkeitsbegrenzung mit dem Freiheitsbegriff zu verbinden, betrachte ich als Infantilismus par excellence.
Die deutschen Autobahnen, zumindest die westdeutschen, haben eine natürliche Geschwindigkeitsbremse: die zahlreichen Baustellen. Jahrelang hat man der schwarzen Null wegen, die Infrastruktur vergammeln lassen und nun hat die BRD europaweit die schlechteste Infrastruktur. Die im 100 km Abstand anzutreffenden Baustellen sind die größte Unfallgefahr. LKW‘s, die die justintime-Produktion der deutschen Autoindustrie am laufen halten müssen, verstopfen die Baustellen, verursachen zahlreiche Unfälle und verursachen Staus. So verhindert die Produktionsweise der heiligen deutschen Automobilindustrie selbst die freie Fahrt für freie Bürger.
Wer bequem vorankommen will, fahre nach Frankreich. Das Tempolimit 130 km/h auf den mautbedingt leeren französischen Autobahnen ermöglicht wahrscheinlich ein schnelleres, auf jeden Fall aber stressfreieres Vorankommen, als auf den verstopften und vergammelten Autobahnen der BRD.....
»Jahrelang hat man der schwarzen Null wegen, die Infrastruktur vergammeln lassen und nun hat die BRD europaweit die schlechteste Infrastruktur.«
Ich erlaube mir, zu ergänzen:
Politisch gewollte, einseitige Steuergeschenke für Arbeitgeber, Industrie und Finanzwirtschaft durch Steuergesetzesänderungen für die Zeit zwischen 1998 und 2013 in Höhe von ca. 490 Milliarden Euro mussten kompensiert werden (Bontrup: Durch Umverteilung von unten nach oben in die Krise, Seiten 15 – 16.).
Die politische Verantwortung hierfür lag von 1998 bis 2005 bei Rot-Grün, bei Schwarz-Rot von 2005 bis 2009 und bei Schwarz-Gelb von 2009 bis 2013.
Das Ergebnis: die öffentliche Infrastruktur der Bundesrepublik Deutschland vergammelt. Städte und Gemeinden sind notorisch unterfinanziert.
Das eingesparte Geld in Höhe von 490 Milliarden Euro war ein Geschenk an Arbeitgeber, Industrie und Finanzwirtschaft.
>>Wer bequem vorankommen will, fahre nach Frankreich.<<
Das ist nicht zu bestreiten. Aber Deutschland ist ein sog. Transitland. Durch die zentrale Lage innerhalb Europas sind wir deutlich stärker vom Verkehr betroffen als andere Länder. Umso notwendiger ist ein Tempolimit plus die Vorschrift, dass Lkw nur die rechte Spur nutzen dürfen.
Ein großer Lkw entspricht einer Belastung für das Straßennetz von mehreren zehntausend Pkw.
"Ein Rechenbeispiel: Ein gewöhnlicher Pkw mit einer Tonne Gewicht drückt mit 500 Kilo pro Achse auf die Straße. Bei einem vierachsigen 30-Tonner lasten pro Achse 7,5 Tonnen auf der Straße, das ist das 15-Fache. Das Vierte-Potenz-Gesetz sagt nun: Die Belastung für die Straße und damit der angerichtete Schaden ist pro Achse nicht 15-mal so groß wie beim Pkw, sondern der Faktor beträgt 15⁴, also 15x15x15x15, das ist 50.625. " (Die Zeit)
Man sieht, wie stark der Transportverkehr durch den Steuerzahler subventioniert wird. Würden die realen Kosten eingerechnet, wären die bestellten Amazon-Pakete deutlich teuerer.
Von der Bahn auf die Schiene, wann war das noch mal?
Soweit mir bekannt, verfügen die Franzosen über ein gut ausgebautes Straßennetz neben den Autobahnen und anders als bei uns, nutzen die Franzosen die auch für größere Entfernungen. (@Idog kann das sicher präzisieren)
Und dann wäre ja auch noch die anstehende Maut, die eine südliche Regionalpartei durchgedrückt hat.
Ihre gesamte Argumentation ist umso mehr eine gute Begründung für ein verkehrspolitisches Gesamtkonzept, das selbstverständlich auch die Bahn, den Luftverkehr und den Wasserweg einbeziehen müsste. Stattdessen ließ die geniale Bundesregierung, auch Gigaliner auf den maroden Straßen zu.
»Deutschland hatte sich bereits 2007 gegen den Einsatz von Gigalinern entschieden. Nach mehreren Feldversuchen in verschiedenen Bundesländern sprach sich die Verkehrsministerkonferenz der Länder im Oktober 2007 dafür aus, bestehende Tests mit Giaglinern zu beenden und keine weiteren durchzuführen. Mit dem politischen Wechsel durch die Bundestagswahl Ende 2009 änderte sich die politische Meinung zum Einsatz von Gigalinern in Deutschland. 2010 wurde von der Bundesregierung die Durchführung eines bundesweiten Feldversuchs mit überlangen Lkw beschlossen, um weitere wissenschaftliche Erkenntnisse zu sammeln. Die Verkehrsministerkonferenz der Länder sprach sich jedoch mehrheitlich dagegen aus. Sie befürchtete negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit und die Umwelt, sowie teure Infrastrukturmaßnahmen, wie den Bau von Parkplätzen und Umladestationen.«
Verkehrsminister Dobrindt hat 2017 den unbefristeten Regelbetrieb von drei Gigaliner-Typen erlaubt.
Zu diesem leider immer noch nicht überflüssigen Artikel ist schon fast alles gesagt. Ich möchte nur eine erweiternde Anmerkung machen. Selbstverständlich wollen auch die meisten, die hier vernünftige strengere Regelungen fordern, keinen absoluten Vernunftstaat, wenn das denn ginge, nicht einmal einen Staat, in dem die Erlaubnis die Ausnahme, das Verbot die Regel ist (keine Diktatur der Vernunft). Aber die Gesellschaft sollte sich doch stärker an der Vernunft orientieren. Da die Freiheitsgrade des Handelns mit den technischen Mitteln gegen physische Beschränkungen weiter wachsen, ist eine stärkere Reglementierung, die nicht reduziert, sondern der Erweiterung der Freiheit nur gewisse Grenzen setzt, dringend geboten.
Übrigens könnte man den „hohen Freiheitswert“*, mithilfe eines Gefährts sich in einen Geschwindigkeitsrausch zu manövrieren, durchaus erhalten, indem man keine Geschwindigkeitsgrenze fordert, aber die Emissionen radikal begrenzt und ein Sicherheitssystem des Autos vorschreibt, das sicherstellt, daß das Fahrzeug keine schlimmeren und zahlreicheren Unfälle baut als ein normaler Kleinwagen. Das wäre natürlich ein Hybrid aus gesteuertem und selbstfahrendem Auto, würde in einer kritischen Situation die Geschwindigkeit zwangsreduzieren, und wäre sauteuer. Würde aber weder die Umwelt überdurchschnittlich belasten noch die anderen Verkehrsteilnehmer überdurchschnittlich gefährden. Dieser Kompromiß zwischen öffentlicher Sicherheit und problematischer Leidenschaft wäre akzeptabel. Ist dennoch sehr unvernünftig, weil es billigere und unproblematischere Volksbelustigungen gibt, die dem Geschwindigkeitsrausch frönen.
* Die Anführungszeichen habe ich gesetzt, weil Freiheit selbstverständlich auch Freiheit ist, etwas Dummes machen zu dürfen. Das hier formulierte Gedankenmodell soll auf die Möglichkeit verweisen, das Richtige durchzusetzen, ohne den „Freiheitsspielraum“ zu sehr einzuengen. Da ich wie die meisten hier einen Freiheitsbegriff vertrete, der eine vernünftige Selbstbegrenzung meint, ist das eine Konzession an die Unvernunft zugunsten einer subjektiven Freiheit.
Auch eine Rolle spielt die schiere Kraft, die Beschleunigungsfähigkeit, der Innenkomfort und nicht zuletzt, daß der Fahrer des Premiumfahrzeugs beim Crash überlebt, der Fahrer der Billigkiste nicht. Auch das ist Klassenkampf von oben.
@Achtermann
„Man sieht, wie stark der Transportverkehr durch den Steuerzahler subventioniert wird. Würden die realen Kosten eingerechnet, wären die bestellten Amazon-Pakete deutlich teuerer.“
Es sind weniger Amazon-Transporte, die die Autobahnen verstopfen, denn diese benutzen oft die Börsenbahn. Es ist die Automobilindustrie selbst, die die Autbahnen verstopft. Durch die Justintime-Produktion, die Lagerhaltung dieser Industrie wurde auf die Straße verlagert, werden die Autobahnen runiniert. Insofern sind subventionieren wir durch die Autobahnen die Automobilindustrie.. die liebste Industrie des Exportweltmeisters......ein fragwürdiger Titel, der das Ausland zum Schuldner macht und damit den Euro und Europa zerstört... aber diese Argumentation verstehen auch die Linken nicht, denn die denken mittlerweile wie die schwäbische Hausfrau und wollen in Berlin und Brandenburg die Schuldenbremse in die Landesverfassungen schreiben.
mit einer geregelten Höchtsgeschwindigkeit ist der Verkehrsfluss für alle homogener und daher schneller. Das wissen wir hier in Frankreich. Auf normalen Streckenabschitten fahren alle PKWs 130. Das ist bequem ...
Noch praktikabler und ökologischer ist eine Begrenzung der Motorleistung ... dann könnten alle noch ein bisschen länger fahren ... und noch ökologischer ist es, wenn man nicht mehr privat fährt, denn dann kann die Logistikkette zum Supermarkt noch etwas länger funktionieren. Im Ernst, soweit sind wir schon, dass man auch das bedenken sollte.
<<Die Oberschicht von Ländern mit Tempolimit fährt in der Regel ebenfalls die gehobenen Tempobolzer.>>
Das gilt auch schon für die obere Mittelschicht, wie ich mit eigenen Augen in Südkorea erleben durfte.
<<Die vielen PS sind vielleicht ein Baustein beim Kauf, aber bei weitem nicht der wichtigste. Das ist und bleibt der Status des Fahrzeugs, so piepschnurzegal dieser auch für den Wert eines Autos ist.>>
So ist es. Mit einem Kia, Lexus oder Chrysler könnte man auch über 200 km/h schnell fahren. Gekauft werden aber weltweit Audi, Porsche, Daimler und BMW, WEIL wir in Deutschland täglich beweisen, dass wir es damit tatsächlich TUN. Es gibt sogar Reiseveranstalter, die betuchte Chinesen nach Deutschland bringen, damit sie bei geführten Autobahntripps im Porsche mal selbst erleben, wie sich das anfühlt, mit über 200 km/h loszubrettern.
Der Spaß wird in 15 Jahren auch bei uns vorbei sein. So lange sollten wir unseren Premium-Herstellern den Wettbewerbsvorteil noch gönnen. Dann wird durch die fortschreitende EU Integration auch bei uns Tempo 130 eingeführt. Warum sollen wir also jetzt schon auf diesen deutschen Sonderweg verzichten, wenn wir DANN großzügig verzichten können und im Wege der EU Harmonisierung keine andere deutsche Marotte mehr in die Waagschale werfen müssen?
Wie oft pro Woche fahren sie denn über 200 ?
Haben Sie zufällig Audi, Porsche, Daimler oder BMW Aktien?
es ist auffällig, daß gängelei, beschränkung der mündigkeit,
beschneidung der menschen-rechtlichen frei-heiten
gerade bei tempo-limits als anstößig und unzumutbar befunden werden.
>>Verkehrsminister Dobrindt hat 2017 den unbefristeten Regelbetrieb von drei Gigaliner-Typen erlaubt.<<
Ausserdem werden Autobahnen mit Oberleitung ausgerüstet, damit man nur ja möglichst energieuneffizient transportieren kann.
Oberleitungs-Lkw
Ich gönne mir die Freiheit, kein Automobil zu besitzen. Was mich stets davon abhielt, war die hohe Unfallrate, die Kosten und dass es völlig irrational ist, einen erheblichen Teil des Einkommens für eine Maschine auszugeben, die 95 % der Zeit ungenutzt herumsteht. Das Umweltargument kam erst später hinzu. Meine Wege kann ich sehr gut zu Fuss, mit dem Fahrrad und ergänzend mit öffentlichen Verkehrsmitteln machen, und zu Fuss gehen und Radfahren nützt der Gesundheit, weil ich verkehrsreiche Strassen weitgehend meide. Jetzt kommt der Einwand: „Aber es gibt Gegenden, die schlecht bis gar nicht an den öffentlichen Verkehr angeschlossen sind“. Das stimmt natürlich, wenn ich einen Bauernhof im bayerischen Wald geerbt hätte, und der nächste Bahnhof eine Traktorstunde entfernt wäre: Dann besässe ich wahrscheinlich auch ein Automobil. Das Argument, dass dies auf die Mehrheit der Autofahrer zuträfe ist allerdings an sehr dünnen Haaren herbeigezogen.
Natürlich sind die „Öffentlichen verbesserungsbedürftig. Im Grossraum Karlsruhe hat sich gezeigt, dass je besser das ländliche Umfeld per Bahn mit dem Stadtzentrum vernetzt sind, um so mehr Leute die Bahn benützen. In grösserem Massstab ist das in der Schweiz zu beobachten. Und Arbeitsplätze gibt es bei den Öffentlichen auch. Und der Export: Wenn der Ölimport rückläufig ist kann der geheiligte Exportüberschuss gehalten werden, auch wenn weniger Fahrmaschinen exportiert werden: Man muss es ja mit der ökonomischen Vernunft nicht übertreiben. ;-)
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Ich denke, der Massen-Strassenverkehr ist eine technische Fehlentwicklung, die dringend der Korrektur bedarf.
1 mal im Jahr
zufällig Daimler (30% Verlust), fahre aber selbst keinen.
>>Es sind weniger Amazon-Transporte, die die Autobahnen verstopfen, denn diese benutzen oft die Börsenbahn.<<
Ich habe Amazon als Beispiel benutzt. Dass der Güterverkehr auf den Straßen auch andere Gründe hat, liegt nahe. Gerade deshalb sollte man zur Kenntnis nehmen, dass seit 2017 mehr als 3 Milliarden Sendungen innerhalb sowie von und nach Deutschland transportiert wurden. Das jährliche Umsatzplus der Logistik-Branche liegt um die 7 Prozent. 2020 sollen es nahezu 4 Milliarden Sendungen sein.
Was fehlt, sind die Fahrer. Bis zu 30 Prozent der vorhandenen Ladeflächen könnten deshalb nicht genutzt werden. Allein in Deutschland soll es 40.000 bis 50.000 - je nach Quelle - offene Stellen für Lkw-Fahrer geben. Würde diese Lücke gefüllt, müssten wir uns auf weiteren Unbill im Straßenverkehr einstellen.
Wir sehen, die Wachstumspolitiker und Geschwindigkeitsvernarrten sehen höchstens bis zur nächsten Wahl, sonst würden sie nicht so einen Scheiß daherreden.
Aber auch unsere Qualitätspresse steht der Politik in nichts nach.
Thüringer Allgemeine: „Die Absage der Bundesregierung an ein generelles Tempolimit ist eine Wohltat."
FAZ: "Die individuelle, unbegrenzte Mobilität gewährt auch demjenigen noch ein Stück Freiheit, der sonst nicht viel zu sagen hat."
@Achtermann
volkswirtschaftlich ist es so, daß die Unternehmen zuviel sparen, d.h. Sie sitzen auf Geld, das sie nicht investieren. Wie wäre es denn, wenn die Automobilindustrie wieder Läger aufbauen würde, wie es früher üblich war. Die Straßen würden vom LKW-Verkehr entlastet werden, denn man könnte rationeller anliefern und wäre unabhängiger von den Produktionsschwankungen der zahlreichen Zulieferer...
"just in time", von Automoblikonzernen begonnen, von Anderen nachgemacht, benützt die Strassen als Zwischenlager. Ursprünglich wollten sie das der Bahn aufs Auge drücken, aber wollte ihre Güterwaggons nicht als Lagerfläche zur Verfügung stellen. So liess man die Gleisanschüsse der Betriebe vergammeln, und heute glauben Alle, Warentransporte seien nur auf Strassen möglich. Deswegen müssen ja Autobahnen mit Oberleitungen ausgestattet werden: Elektromobilität bei der Bahn geht ja gar niemals nicht, schon weil der Stromverbrauch pro Tonnenkilometer viel zu niedrig ist.
>>FAZ: "Die individuelle, unbegrenzte Mobilität gewährt auch demjenigen noch ein Stück Freiheit, der sonst nicht viel zu sagen hat."<<
Das ist ja realistisch: Arbeitsstress und schon wieder hat der Chef, in betont freundlichem Ton, an irgendwas herumgemeckert. Stress in der Ehekrise und mit den Nachbarn und die Kinder haben schon wieder schlechte Zeugnisse heimgebracht: Irgendwo muss man doch mal den Brass rauslassen. So ist man dem Führer dankbar, nichtahnend, dass die Planung für ein vierspuriges, kreuzungsfreies Fernstrassennetz schon 1930 begonnen hatte. (Dafür wurde übrigens der Gewinn der Reichsbahn benutzt, die dann kein Geld für fällige Modernisierungen hatte.)
@ Gelse & @ Achtermann
Ich sehe, ihr seid gut informiert!
Die einzig richtige Lösung „von der Straße auf die Gleise“ ist in dieser Gesellschaft nicht möglich. Aber man könnte wenigstens die Finanzierung der falschen Lösung besser gestalten, den Nutznießern aufbürden.
haha Moorleiche, warum mir der nicht eingefallen ist! Mit der knarzstimme passt er natürlich besser in die Debatte!
Gute Frage, der Duden sagt:
Zustand, in dem jemand von bestimmten persönlichen oder gesellschaftlichen, als Zwang oder Last empfundenen Bindungen oder Verpflichtungen frei ist und sich in seinen Entscheidungen o. Ä. nicht [mehr] eingeschränkt fühlt; Unabhängigkeit, Ungebundenheit
Möglichkeit, sich frei und ungehindert zu bewegen; das Nichtgefangensein
Recht, etwas zu tun; bestimmtes [Vor]recht, das jemandem zusteht oder das er bzw. sie sich nimmt
In diesem Fall eher Punkt 3..
>>Aber man könnte wenigstens die Finanzierung der falschen Lösung besser gestalten, den Nutznießern aufbürden.<<
Was unter kapitalistischen Herrschaftsverhältnissen aber auch nicht einfach ist, siehe Lobbyismus. Privater Profit beruht ja nicht zuletzt auch auf der Externalisierung möglichst aller Kosten.
Guter Aufschlag des Dudens. Es hat sich insgesamt bewährt, sich erst mal über das zu verständigen, was man eigentlich erreichen will, statt im Namen der Freiheit, Gerechtigkeit usw. von denen angeblich jeder weiß, was damit gemeint sei los zu laufen, zu machen, zu kämpfen um dann irgendwann festzustellen, dass man eigentlich was ganz anderes will, als der neben mir.
Unmut kann sich sicher auch in einem spontanen "So nicht" äußern, aber irgendwann ist man mit der "Wie dann?" Frage konfrontiert.
Es wird leider immer Todesopfer auf unseren Straßen geben, aber jeder einzelne Unfall auf der Autobahn, bei Geschwindigkeiten oberhalb der Richtgeschwindigkeit wäre vermeidbar.Die Hinterbliebenen sollten die Bundesregierung wegen Beihilfe zur Tötung verklagen.
Der ironische Witz wird beim Aufprall zur Tragödie. Das ist also ganz ähnlich wie beim Verkehrsunfall durch Rasen.
Aber das Wettrennen der Verluste hat ja gerade erst richtig angefangen. Verkaufen sie den Mist. Das erhohlt sich nicht mehr wirklich ... wenns noch reicht kaufen Sie dafür Acker und überlassen Sie diesen zu liebenswürdigen Konditionen jungen Menschen , die was verstanden haben und sich nützlich machen wollen.
Ja, aber selbst diejenigen, die partout nicht vom System lassen wollen, können sich nicht der Logik dieser Forderung entziehen. Und wenn nicht einmal das geht, folgt die Notwendigkeit des Systemwechsels noch viel dringender.
https://www.msn.com/de-de/nachrichten/politik/ein-minister-außer-kontrolle/ar-BBST6lP?ocid=spartandhp
Ja, Scheuer und die 100 Lungenärzte … Er wird sicher auch noch 100 Unfallexperten auftreiben, die versichern, dass die Ursachen angeblicher Schnellfahrunfälle überwiegend auf die Langsamkeit der anderen Verkehrsteilnehmer zurückzuführen sind, auf die ein Schnellfahrer ja zwangsläufig auffahren muss, wenn er nicht in einem riskanten Manöver ausweichen will. Hätten wir auf Autobahnen eine Pflicht- bzw Richtgeschwindigkeit von 200km/h (ausgenommen Baustellenabschnitte) sähe die Unfallbilanz schon viel anders aus. Für Langsamfahrer blieben ja noch die Bundes- und Landstraßen – das wäre im Gegensatz zum Tempolimit keine Freiheitseinschränkung, sondern lediglich eine Freiheitsverlagerung bzw -umlenkung ... Ich hoffe, Scheuer liest hier nicht mit.;)
Der Autor nutzt die Gelegenheit - überzeugend - die Gültigkeit des kategorischen Imperativs am konkreten Beispiel zu erläutern. So what? Wen will er überzeugen? Die, die es sowieso schon wissen?
Wozu?
Oder solche Prolls wie den Bundesverkehrsminister, die ihren Freiheitsbegriff von der Autolobby definieren lassen? Oder die Opportunisten von der anderen Koalitionsfraktion, die ihrer Pründesicherung wegen ihr Gewissen längst am Hindukusch bzw. bei der Agenda 2010 in den Dreck getreten haben?
Ein schöner Aufsatz! Leider wirkungslos!
Natürlich lassen sich Leute, die ihren „Job“ darin sehen, Konzernprofite zu bedienen, nicht mit Argumenten überzeugen. Auch weil Parteien und einzelne Abgeordnete finanzielle Vorteile aus der Privatprofitbedienerei ziehen. Und weil Abgeordnete und Minister im Falle der Nichtwiederwahl auf Anschlussverwendung in einem der bedienten Konzerne hoffen.
Ich halte es aber trotzdem für sinnvoll, wichtige Themen ausserhalb der Profitbediener- und Besitzerebene am Laufen zu halten. Denn wenn Vernunft sich überhaupt mal durchsetzen kann, dann nicht durch Konzernmanagements, Aktiengrossbesitzer und ihre Bediener in der Regierung, sondern durch die Macht der Mehrheit.
Danke für den Anlagetipp. So großartig bin ich aber in Aktien nun auch wieder nicht investiert, dass ich mir davon einen Acker in zumutbarer Entfernung leisten könnte. Und junge Menschen, die sowas dann bewirtschaften wollen, müssen Sie hier auch mit der Lupe suchen.
Ne Lupe sollte aber nicht das Problem sein oder :-))
Chapeau! Sie haben den Zustand und die Zusammenhänge einfach aber toll drastisch beschrieben. Bei Anne Will kam überdeutlich zutage, dass wir von hohlraumversiegelten Rotzlöffeln regiert werden, die - für ihre Parteien - vor nichts mehr zurückschrecken um reichlich Bestechungsgeld der Wirtschaft zu erhalten. Alles nach GG?