Zeit zum Handeln

Gewerkschaft Der Streit um die Mitgliedschaft von Rolf Stolz droht den Kölner Schriftstellerverband zu zerreißen: Warum wird der als rechts kritisierte Autor nicht ausgeschlossen?

Rolf Stolz kann „Pro-Asyl-Hysteriker“ nicht ausstehen und möchte ein „deutsches Pantheon“ errichten. Das Problem: Gleichzeitig will der „Neunundachtziger“ – wie sich die Neuen Rechten gern nennen –, Mitglied in einem Zusammenschluss der Achtundsechziger sein. Im Verband deutscher Schriftsteller (VS), der zur Gewerkschaft Ver.di gehört, ist längst heftiger Streit im Gange: Während die einen den als rechts kritisierten Autor so schnell wie möglich loswerden wollen, sorgen andere dafür, dass er sich in der Organisation eines Heinrich Böll wohl fühlen kann.

Zur Vorgeschichte: Die Schriftstellerin und Ex-Vorsitzende des Verbandes in Köln, Eva Weissweiler, hatte im Herbst 2008 beklagt, der Vorstand würde einen „Rechten“ dulden. Stolz, Kolumnist der Jungen Freiheit und Mitglied der „Bürgerbewegung Pax Europa“, wettert seit vielen Jahren gegen die „langsame Entmachtung und Überfremdung der Deutschen“ und den „pseudoreligiös verabsolutierten Schuldkomplex“. Seine Rettung: Eine „neue Front – quer zu den Schlachtordnungen“, sollte dieses „letzte Aufgebot“ scheitern, werde „Deutschland nur noch ein Kolonialgebiet des globalistischen Finanzkapitals sein oder sich in ein islamisches Germanistan verwandeln“.

Doch Rolfs Stolz, ein Deutscher zu sein, wird im Kölner Schriftstellerverband nicht nur mit Ablehnung begegnet: Der Vorstand „heißt den Autor nach wie vor als Mitglied willkommen und verweigert jede kritische Diskussion seiner Texte“, ärgert sich Weissweiler – auch weil ver.di nicht handelt. Obwohl sich die Gewerkschaft in Paragraph fünf ihrer Satzung „zur Bekämpfung von faschistischen, militaristischen und rassistischen Einflüssen“ verpflichtet. Paragraph sechs sieht für Personen, deren Betätigung im Widerspruch zu diesen Zielen stehen, sogar einen Ausschluss vor.

Recht auf eine rechte Meinung?

Davon will der Kölner VS-Vorstand nichts wissen. Seine Vorsitzende Margit Hähner pocht auf das Prinzip der „Freiheit des Wortes“ und auf Stolz’ Recht auf eine rechte Meinung. Die „politische Ausrichtung“ der Gewerkschaften habe sich nun mal verschoben, sagt Hähner. Rund 20 Prozent der Mitglieder seien „alles andere als links“.

Adriana Stern, Jugendbuchautorin und VS-Mitglied in Köln, findet die Position ihres Vorstands unerträglich. Auch der Schriftsteller Wolfgang Bittner, ehemaliges Mitglied des Bundesvorstands der Verbandes deutscher Schriftsteller will sich damit nicht zufrieden geben. „Rolf Stolz gehört zur rechten Szene und publiziert Artikel, die im Stürmer-Stil geschrieben sind.“ Der wiederum fühlt sich als verkannter „dissidentischer Linker“ und als Opfer. „Niemals“ habe er „irgendeinen negativen Satz über die Ausländer geschrieben“ und sich stattdessen stets „gegen Rassismus“ engagiert.

Was Stolz darunter versteht, konnte man zum Beispiel 2005 in der Rechtspostille Junge Freiheit nachlesen, als dieser die sozialen Unruhen in Frankreichs Banlieues als „ersten massenhaften und überregionalen Bürgerkriegsangriff einer islamisch-orientalisch-afrikanischen Einheitsfront in Westeuropa“ beschrieb und die Jugendlichen mit dem „SA-Pöbel am 9. November 1938“ verglich. Seine Forderung: Dass „die Straßenterroristen, die neue Bagdads in Europa wollen, bestraft und möglichst aus dem Land geschafft werden“ sollen.

Beschimpfungen gegen die "bolschewistische Pest"

Als Kritik an der duldsamen Haltung des Kölner Schriftstellerverbandes laut wurde, konnte sich Stolz einiger Solidarität erfreuen. Weissweiler wurde als „Kreatur“ beschimpft, im Internet wurde gar gegen die „bolschewistische Pest samt ihren Helfern und Muselkolonnen“ mobil gemacht.

Der Bundesgeschäftsführer des Schriftstellerverbandes, Heinrich Bleicher-Nagelsmann, äußerte sich bisher nicht zu dem Fall. Er wolle der Debatte der Kölner Kollegen, die „offen und fair“ verlaufen solle, „nicht vorgreifen“. Eine anberaumte Mitgliederversammlung fand allerdings immer noch nicht statt.

Unter den Kölner Schriftstellern indes wächst der Unmut. Hähners Vorgängerin, die Kriminalschriftstellerin Ulla Lessmann, spricht von einer „äußerst schweren Krise“. Der Autor Wolfgang Bittner befürchtet schlimme Konsequenzen: „Wenn das Problem nicht bald gelöst wird, droht eine Spaltung der VS-Berufsgruppe Köln.“

Schwarzmalerei? Einige Mitglieder haben bereits das Weite gesucht: Der Historiker Fritz Bilz verließ den Verband im vergangenen Dezember, nachdem er vergeblich um eine Klärung des Falles Rolf Stolz gebeten hat. Die Schriftstellerin Ingrid Strobl hatte bereits im Mai vergangenen Jahres ein Signal gesetzt: Erst weigerte sie sich, mit Rolf Stolz im Rahmen einer VS-Veranstaltung über die Achtundsechziger auf einem Podium zu sitzen. Anschließend trat sie aus dem Verband aus: „Ich konnte – und kann – nicht verstehen“, hieß es in ihrer Begründung, „warum ihr so viel Wert darauf gelegt habt, Stolz nicht dezidiert auszuladen, sondern Gespräche mit ihm zu führen, ihn ‚das Gesicht wahren zu lassen’.“


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