Brisanter Stoff aus Paris

Monarchinnen Königin Luise lebte auf großem Fuss: Das zeigt die Ausstellung „Luise. Die Kleider einer Königin“ im Schloss Paretz in Brandenburg

Zum 200. Todestag unterzieht die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg Königin Luise einer Rosskur. Ein Ausstellungszyklus hofiert den Star der Hohenzollern als „It-Girl“, „Working Mom“ und „Fashion Victim“. Nach Stationen in Schloss Charlottenburg und auf der Pfaueninsel eröffnete die dritte Sonderausstellung in Schloss Paretz: Luise. Die Kleider einer Königin.

Es mangelt nicht an Emphase für „Miss Preußen“. In der einstigen Sommerresidenz des preußischen Königspaares ist das „großartige Finale“ zu sehen. Dessen Kosten beliefen sich auf einen Betrag im „höheren sechsstelligen Bereich“, mehr ließ sich der Direktor der Stiftung bei der Eröffnung nicht entlocken. Die Ausstellung dagegen jongliert freimütig mit Zahlen: Auf 900 Quadratmeter sammeln sich Kleider, Accessoires, Preziosen, Modehefte und Porträts der mit 34 Jahren gestorbenen Königin. 23 Originale sind zu besichtigen, darunter acht Kleider aus feinem Zwirn, die die Zeit erstaunlich gut überstanden, wenn auch mehrfach repariert und farblich verändert. In gläsernen Vitrinen kann man die Garderobe aus Seide, Baumwollgaze und Silberlamé betrachten. Leihgeber sind etwa die Stiftung Deutsches Historisches Museum, das Haus Hohenzollern und Museen in Warschau sowie Paris.

Die Königin lebte auf großem Fuß: Sie war finanziell gut gestellt und trug bei Modelmaßen von 1,72 bis 1,74 Metern Schuhgröße 41. Vier Kuratoren stellten die Realien der Königin zusammen, ordneten sie historisch ein. Erstmals werteten sie die „etwas trockenen Akten“ des Aussteuer- und Nachlassinventars aus und konzentrierten sich auf die Spanne von 1790 bis 1810, also auf den knapp 20 Jahre anhaltenden Modefrühling des Empire-Stils. Mit kurzen Ärmeln und freizügigem Dekolleté schmiegen sich die unter der Brust gegürteten Roben in lockerer Faltung um den Körper. Die Mieder und Gesäßpolster des Rokokos, die vogelnestartigen Turmfrisuren, welche die 14-jährige Prinzessin Luise in ihr Schulheft gekritzelt hatte, waren mit einem Mal obsolet. Beeinflusst von der Rezeption der Antike und des Orients, die sich in Schleier, Turban und Kinnbinde niederschlägt, und der französischen Revolution gefiel sich das preußische Königspaar im volksnahen Habitus. „Mode ist ein sozialer Auftritt“, sagt die Kuratorin Bärbel Hedinger. Und sicherlich wären der Königin die luftigen Chemisenkleider bei ihren zehn Schwangerschaften im Verlauf von 15 Jahren entgegengekommen.

Rendezvous mit Napoleon

Die Kinnbinde, die Hofbildhauer Schadow 1795 bei seiner Arbeit an dem Doppelstandbild der Kronprinzessin und ihrer Schwester – die zum ersten Mal in der entkrampften Attitüde des neuen Stils posierten – auf eine Schwellung am Hals zurückführt, sei keine Camouflage, sondern „ein weit verbreitetes europäisches Accessoire“ gewesen. Dass Mode nicht nur Plaisir, sondern auch ein Politikum ist, spiegeln Kleiderpräsente aus Gründen der Diplomatie. Als brisanter Stoff entpuppte sich eine Fracht von Joséphine Bonaparte aus Paris, die 1803 von Königin Luise begeistert angenommen wurde. 1807, beim Treffen mit Napoleon in Tilsit, soll der Kaiser sie dafür in einem Gespräch über die Geschicke Preußens auf Modefragen zurechtgestutzt haben. Als Verhandlungspartnerin auf Augenhöhe habe er das „Fashion Victim“ nicht ernst genommen. Vielleicht war ihm Königin Luise aber auch nur zu groß.

Luise. Die Kleider einer Königin. Bis 31. Oktober auf Schloss Paretz, Ketzin. Katalog 29,90

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