Niederlage in Sicht

Kommentar Die Gegner der Ausbildungsplatzabgabe formieren sich

Schädlich, motivationshemmend, zu umständlich - von allen Seiten wächst der Druck gegen die geplante Ausbildungsplatzabgabe. Damit verbunden ist der Name Franz Müntefering. Ihm, der seiner Partei wieder ein sozialdemokratisches Gesicht geben soll, droht mit seinem ersten Kraftakt seit Übernahme der SPD-Führung eine herbe Niederlage. Kurt Beck, SPD-Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz, will der Umlage keinesfalls zustimmen. Sein Kollege Peer Steinbrück aus NRW sieht einen "Wahnsinnsbürokratiemechanismus in Gang gesetzt". Tatsächlich sind einige Fragen offen. Immerhin müssten rund 150 Menschen dafür eingestellt werden, um die Umlage zu verwalten. Und wenn doch die eine oder andere freiwillige Einigung in einzelnen Branchen oder Regionen zustande käme, wären vielleicht sogar einige der Mitarbeiter in der neuen Verwaltung beschäftigungslos. Auch ist unklar, was rein rechtlich mit tariflichen Einigungen passiert, die rechnerisch beispielsweise nur fünf Prozent Azubis pro Betrieb und nicht die in Rede stehenden sieben Prozent des Gesetzentwurfs erreichen.

Aber was ist die Alternative? Der designierte Berliner SPD-Chef Michael Müller regte jüngst eine Selbstverpflichtung der Unternehmen an. Was also treibt Münteferings Gegner um? Seit vier Jahren gibt es diese Selbstverpflichtung der Wirtschaft. Dennoch wird nicht ein einziger Ausbildungsplatz zusätzlich angeboten. Im Gegenteil. Rund 80.000 Lehrplätze wurden in diesen vier Jahren abgebaut. 167.400 betriebliche Ausbildungsplätze fehlen zur Zeit. Das sind 27.000 mehr als vor einem Jahr. Die Versprechen der Wirtschaft? Nicht einen Cent sind sie wert. Doch die Einsicht ins Notwendige ist bei den mächtigen SPD-Landesfürsten gering. Beck würde einem Fonds zustimmen, der aus Beiträgen aus der Wirtschaft und Steuermitteln zusammengesetzt werden soll. Aber auch nur dem - ohne klare Forderung. Steinbrück weigert sich, mit dem Rundumschlag des Gesetzes die heimische Wirtschaft am Rhein zu gängeln, um damit vielleicht nur Ausbildungsplätze beispielsweise in Thüringen zu finanzieren. Solidarität? Kennt Steinbrück offenbar nicht.

Angesichts des Streits rudert Münte zurück. Ja, freiwillige Lösungen müssten Vorrang haben. Elegant sei auch eine Verlängerung der Anpassungsdauer für diese tarifliche Lösungen von einem auf drei Jahre. Und überarbeiten könne man den Gesetzentwurf auch. Das ist noch keine Niederlage. Aber eine Beschädigung des neuen Parteichefs. Und eine Schwächung der Linken dazu. Dabei gibt es längst einen klaren Auftrag - von unbestechlicher und höchster Stelle. Schon 1980 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass "grundsätzlich alle ausbildungswilligen Jugendlichen die Chance erhalten, einen Ausbildungsplatz zu bekommen". Das gelte auch dann, "wenn das freie Spiel der Kräfte zur Erfüllung der Aufgaben nicht mehr ausreicht". Das ist eindeutig - und immer noch gültig.


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