Der letzte Castortransport nach Gorleben war so teuer wie noch nie: Fast zehn Millionen Mark mehr als vor vier Jahren, hat das Land ausgegeben, resümierte der niedersächsische Innenminister Heiner Bartling (SPD). Litaneihaft fordern Landespolitiker nun die Kostenbeteiligung der anderen Bundesländer für das nächste Großereignis im Wendland. Denn während in Dannenberg die Castorgegner gerade noch dabei sind, Zäune zu richten und Bierdosen einzusammeln, hat die Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) schon einen neuen Atommülltransport nach Gorleben für den Herbst beantragt.
Am Ende werden jedoch nicht die Kosten der Transporte zählen. Bedeutsamer ist der politische Preis. In Gorleben war ein Verschwinden der Politik zu beobachten. Mit Ausnahme der rührigen Fraktionsvorsitzenden in Niedersachsen, Rebecca Harms, und einiger ihrer grünen Mitstreiter blieb es ausgerechnet der Polizeiführung überlassen, die Öffentlichkeit von der angeblichen Notwendigkeit des Transports - vergeblich - zu überzeugen. Ein angezählter Bundesumweltminister sagte artig weitab in Berlin seinen Vers auf, am Konsens dürfe nicht gerüttelt werden, so als gäbe es dazu keine Alternative. Und seine Parteifreunde fordern nur, die Wirtschaft möge nun den Konsens, den die Anti-AKW-Bewegung gerade angreift, endlich unterschreiben. Geht es noch grotesker?
Sie werden sich schwer tun, die aufkeimende Atomausstiegsdebatte, das Infragestellen der rot-grünen Atompolitik wieder zu ersticken. Allen Unkenrufen zum Trotz ist der Widerstand gegen die Nutzung der Atomenergie nämlich nicht abgebröckelt. Auch bei Minustemperaturen und Eisregen blieben die Protagonisten nicht zu Hause, sondern waren mit vielen jungen Leuten auf Schiene und Straße. Die Transporte von Philippsburg, Biblis, Stade und anderswo nach La Hague oder Sellafield werden auch nicht mehr geräuschlos vonstatten gehen.
Denn wofür der Transport nach Gorleben notwendig war, zeigt sich dieser Tage: Neuer Atommüll darf nun wieder nach Frankreich rollen. Das Wissen darum, dass die Wiederaufarbeitung kein Entsorgungsbeitrag ist, dass der Müllberg um ein Vielfaches vergrößert wird, dass Plutonium extrahiert wird, dass Leukämiefälle aus der Umgebung der Wiederaufarbeitungsanlagen dokumentiert sind, dass diese hochradioaktiven verglasten Abfälle das Dokument einer desaströsen Entsorgungspolitik sind, ist inzwischen weit verbreitet.
So sitzen vor allem die Grünen in der Zwickmühle, gerieren sich staatstragend und brüskieren ihre Wählerschaft. Wenn Regierungsverantwortung heißt, wider besseren Wissens und höhnisch die eigene Klientel zu belehren, ist es dann nicht an der Zeit, dieser Verantwortungslosigkeit ein Ende zu setzen? Jürgen, komm rüber.