US-Präsident Barack Obama erntet für seine Vision einer atomwaffenfreien Welt weithin Lob, darunter auch von Regierungen, die Nuklearwaffen noch bis vor kurzem für unverzichtbar hielten. Ihre Bürger sind da zumeist skeptischer. Die Botschaft hören sie wohl – allein es fehlt der Glaube. Sie verstehen Atomwaffenfreiheit eher als einen schönen, aber unwirklichen Blütentraum, der kaum reifen wird. Ihnen kann schnell geholfen und der Glaube an die Machbarkeit nuklearer Abrüstung gestärkt werden. Es reicht, dazu im eigenen Land zu bleiben und erst einmal hier die Relikte des Kalten Krieges zu beseitigen.
150 Hiroshima-Bomben
Trotz aller schönen Worte proben die USA in dem verträumten Eifeldorf Büchel mit seinen 1.160 Einwohnern auc
Trotz aller schönen Worte proben die USA in dem verträumten Eifeldorf Büchel mit seinen 1.160 Einwohnern auch zwei Jahrzehnte nach Ende des Ost-West-Konflikts immer noch den Nuklearkrieg. In unterirdischen Bunkern unweit des Ortsausgangs lagern 20 Atomwaffen vom Typ B-61 mit einer Sprengkraft von insgesamt 150 Hiroshima-Bomben. Im Ernstfall würden hier die Bomben unter Bundeswehr-Tornados montiert und entsprechend der „nuklearen Teilhabe“ von deutschen Soldaten des Jagdbombengeschwaders 33 transportiert und abgeworfen.Ein Anachronismus sondergleichen, denn derartige taktische oder substrategische Atomwaffen in Mitteleuropa ergeben selbst aus militärischer Sicht überhaupt keinen Sinn mehr. Im Gegenteil, sie bieten lediglich ein Ziel für Anschläge oder den Raub durch kriminelle Täter. Darum wächst der Widerstand gegen die Atomwaffen in Deutschland, zumal einer aktuellen Studie zufolge die Sicherheitsvorkehrungen längst nicht den geltenden Standards entsprechen. Der Atomwaffenexperte Hans Kristensen von der Federation of American Scientists machte einen Untersuchungsbericht der US-Air-Force öffentlich, der erhebliche Sicherheitsmängel feststellt. Reklamiert werden etwa reparaturbedürftige Gebäude, Zäune, ungenügende Ausleuchtung der Anlagen und Sicherheitssysteme. Bundeswehrsoldaten im Grundwehrdienst ohne Spezialausbildung und wenig Erfahrung sollen die Waffen vor Diebstahl schützen.Die beiden deutschen Staaten gehörten während des Kalten Krieges zu den am dichtesten mit Atomwaffen bestückten Regionen. Allein im Westen waren Berechnungen der Wissenschaftlerorganisation Federation of American Scientists zufolge etwa 7.300 Atomsprengköpfe der Alliierten deponiert. Ab 1953 verlegten die USA zunächst als Atomic Annie bezeichnete Atomgeschütze, dann atomare Fliegerbomben, später aber auch Granaten, Raketen und Atomminen in die Bundesrepublik. Berühmt berüchtigt wurde der damalige Kanzler Konrad Adenauer mit seiner Forderung nach Ausrüstung der Bundeswehr mit taktischen Atomwaffen, denn sie seien ja "nichts weiter als die Weiterentwicklung der Artillerie". Einer der emsigsten Befürworter des deutschen Kernwaffenbesitzes, der Atom- und spätere Verteidigungsminister Strauß (CSU), befand, die Deutschen könnten „den Russen doch nicht mit Pfeil und Bogen" gegenüberstehen. Im Osten waren andererseits seit 1958 sowjetische nukleare Trägermittel vorwiegend in den brandenburgischen Wäldern stationiert. Neueren Forschungsberichten zufolge hatten Spezialeinheiten auf vier Flugplätzen mindestens 200 Sprengköpfe deponiert. Sie lagerten zumeist in oberirdischen Bunkern - wie auf dem einstigen Militärflughafen in Jüterbog. Ständige Atomwaffen-Depots sollen sich in Groß Dölln, Werneuchen, Brand und Finsterwalde befunden haben – dies alles war 1992 endgültig abgezogen.Beim Wort nehmenNicht nur, dass auf deutschem Boden die atomaren Vernichtungswaffen so dicht gesät wie nirgends sonst waren. Hier drohte im Konfliktfall auch am ehesten ein Atomkrieg zwischen Ost und West auszubrechen. Das Territorium beider deutscher Staaten wäre zum ersten Gefechtsfeld eines nuklearen Schlagabtausches mit Millionen Opfern geworden. Die atomar aufmunitionierten Jagdbomber der Air Force befanden sich in Sofortbereitschaft und konnten binnen Minuten von den Militärflughäfen Memmingen in Bayern und Nörvenich in Nordrhein-Westfalen abheben. Regelmäßig übten sie den Luft-Boden-Einsatz atomarer Waffen auf den Schießplätzen Nordhorn und Siegenburg.In diesen Tagen werden bei den anstehenden Ostermärschen ganz sicher auch verstärkt die Rufe nach Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland ertönen. 48 Vereine, Verbände und Initiativen, darunter Ärzte gegen den Atomkrieg (IPPNW), Bürgermeister für den Frieden, die Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) und die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), schlossen sich zum Bündnis Unsere Zukunft - atomwaffenfrei zusammen. Sie verlangen den Abschluss einer internationalen Konvention zum Verbot aller Atomwaffen. In einem Offenen Brief forderte die Initiative Kanzlerin Angela Merkel bereits vor Monaten zur Beendigung der deutschen Teilhabe und den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland bis spätestens 2010 auf. Mit einer dezentralen "Hexennacht" startet zur Walpurgisnacht die Aktionsphase Ich wähle atomwaffenfrei zur kommenden Bundestagswahl. Wie bereits im Sommer 2008 veranstalten Gruppen Besen-Aktionen unter dem Motto Vor der eigenen Türe kehren. In den nächsten Tagen werden die Ostermarschierer die Bundesregierung beim Wort nehmen, unverzüglich Gespräche über einen Abzug der US-Nukleararsenale aufzunehmen. Hat doch Außenminister Steinmeier erst kürzlich angekündigt: „Darüber werden wir in der Tat mit den Amerikanern in den nächsten Wochen sprechen.“