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Politik : Frontbesuch eines Thronfolgers

Minister zu Guttenberg begreift die Afghanistan-Mission der Bundeswehr als vorzüglichen Wettbewerbsvorteil für seine ministerielle Existenz und politische Karriere

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So inszenieren Thronfolger einen Truppenbesuch, bei dem es zuverlässig nach Front und Pulver riecht. Einem Land wie Deutschland wird eine Ahnung zuteil, wer und was ihm blüht, sollte der Prätendent am Ziel seiner Wünsche sein. Sind dann noch – wie bei diesem Afghanistan-Auftritt Karl-Theodor zu Guttenbergs – Gefolge (die Ministerpräsidenten McAllister und Böhmer), Gesinde (TV-Moderator Kerner) und Gattin (Stephanie) zur Hand, gibt es keine Aufmerksamkeitsschwelle, die zu hoch wäre. Zu Guttenberg sorgt dafür, dass beim Soldaten-Gespräch von seinem zwischen Verständnis, Besorgnis und Mitgefühl pendelnden Mienen-Spiel der Heimatfront wenig bis nichts erspart bleibt. Jeder ist sich selbst der Nächste. Also besucht dieser Minister mit dem Bundeswehr-Feldlager keinen Außen-, sondern einen Vorposten seines politischen Daseins. Warum sollte es ihn nicht sooft zum Außendienst nach Kunduz ziehen, wenn der so viele Heimvorteile bietet? Alle Vorgänger – ob Scharping und Struck aus der SPD oder Franz Josef Jung aus der CDU – haben verkannt, welche Chancen die Afghanistan-Mission bietet, solange man sie nicht verbissen rechtfertigt, sondern als Wettbewerbsvorteil einer ministeriellen Existenz begreift, bei der ein Frontbesuch jede Kabinettspräsenz locker in den Schatten stellt.

Es dürfte kein Zufall sein, dass zu Guttenberg seine Weihnachtsbotschaften in einem Augenblick nach Masar-i-Scharif und Kunduz trägt, da die Bundesregierung ein – „Fortschrittsbericht“ etikettiertes – Afghanistan-Dossier vorlegt. Darin wird jede Abzugsoption unter Vorbehalt gestellt und ein verhalten pessimistischer Ton angeschlagen, der einen Nerv für die realistische Lagebeurteilung signalisiert. Auch wenn die Bundeswehr im Norden zuletzt immer häufiger ihre sicheren und schützenden Forts verlassen hat, halten sich Terraingewinne in Grenzen. Wurden die erzielt, ist nicht selten von taktischen Rückzügen der Taliban die Rede. Es gibt keine Garantien, ob es 2012, wie der Report verspricht, wirklich zu einem Abzug erster Kampfformationen kommt. Zumal die NATO erst 2014 an ihren Ausstieg denkt.

Fest steht nur, dass der höchste Personalbestand eines deutschen Afghanistan-Korps seit 2001 mit mehr als 5.000 Mann auch 2011 – dem zehnten Jahr dieses Feldzuges – über die Zeit gebracht werden soll. Was die Bundesregierung vermeiden will: Dass die fällige Mandatsverlängerung im Januar zu einer grundsätzlichen Debatte über Sinn und Unsinn dieser Mission gerät. Zum Beispiel im Bundestag und darüber hinaus. Auch wenn die Gesellschaft mit der hedonistischen Selbstinszenierung zu Guttenbergs abgespeist wird? Nein, eher quittiert bekommt, für wie verführbar und konsenswillig ein Teil der politischen Klasse sie in ihrer Mehrheit zwischenzeitlich hält.

Minister zu Guttenberg nutzt den mutmaßlichen Anti-Terrorkampf am Hindukusch, um an seinem politischen Glücksrad zu drehen. Solch einen Hoffnungsträger im Rücken zu haben – welch Geschenk für eine Kanzlerin, die bei ihrer Afghanistan-Politik nichts dringender braucht als Kreativität, nassforschen Mut und Siegeswillen. Dieser Minister bleibt davon nichts schuldig. Selbst den politischen Dolchstoß könnte man ihm zutrauen, sollte der einmal gebraucht werden, um Schwarz-Gelb die Lebenszeit zu strecken.

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