Facettenreiches Œuvre

Zur Ausstellung Fabelhafte Welten, surreal anmutende Szenerien und düstere sowie heitere Elemente – es gibt keinen perfekteren Ort als den „Cosmos Ottinger“, um einen queeren Blick zu definieren oder eine feministische Perspektive zu formulieren
Die Betörung der Alten (1981).
Die Betörung der Alten (1981).

Foto: Ulrike Ottinger

Wie der Titel bereits verrät, ist die Ausstellung ganz der Fantasie dieser außergewöhnlichen Künstlerin gewidmet und blättert wie ein Wörterbuch, das ihre Sprachen definiert, oder ein Alphabet, das ihre Geschichten entschlüsselt, ihr vielseitiges und langjähriges Œuvre auf. Die Ausstellungsräume der Kunsthalle werden zur Bühne, zum Filmset, zum Studio, zum Backstage, zum Archiv und zum lebendigen Museum. Fotografische Bilder kartieren einen Atlas jener Orte auf der Welt, an denen sie ihr Leben verbracht hat, während installative Elemente und skulpturale Formen ihr Verständnis von Körpern widerspiegeln. Filmische Räume, die ihre Politik des Erzählens und ihre politischen Statements in vielen verschiedenen Formen wiedergeben, schaffen Zwischenräume durch eigene Einsichten und Perspektiven.

Das Werk dieser Pionierin der avantgardistischen Filmkunst besticht durch seine unverwechselbare Ästhetik. Ihr feministischer Blick auf vergangene und aktuelle Zeitgeschehen und die Darstellung queerer Persönlichkeiten stellen einen Anknüpfungspunkt zu gegenwärtigen gesellschaftspolitischen Diskussionen her.

Der Ausstellungsrundgang führt anhand von Drehbüchern, Filmrequisiten, Objekt- und Kostüminstallationen, Stoffcollagen, Fotografien durch die extravaganten Filmwelten der Künstlerin.

Die Ausstellung endet mit der Präsentation von Ottingers Malereien, die sie als junge Künstlerin in Paris schuf. Mit ihren Gemälden gilt sie als eine der bedeutendsten Repräsentantinnen der Pop-Art in Europa. Diese Arbeiten erinnern daran, dass eine kritische und kreative Auseinandersetzung mit Problematiken, die bereits vor fünfzig Jahren in den studentischen Protesten in Paris angeprangert wurden, unablässig sein muss.

Von Filmbegeisterten zu Kunstinteressierten, von Flanierenden zu Reisenden, von Zuschauer*innen zu Performer*innen – die Besucher*innen in Baden-Baden werden ganz unterschiedliche Positionen einnehmen, während die Ausstellung die wichtigsten Stationen aus Ottingers Oeuvre Revue passieren lässt. Reminiszenzen an ihre einzigartigen Werke wie Freak Orlando (1981) oder Dorian Gray im Spiegel der Boulevardpresse (1984) sowie Beispiele ihrer subtilen Regietätigkeit in anderen Bereichen, von der Fotografie bis zur Malerei, bilden eine Storyline, um zu verstehen, wie Ottinger sich erinnert und ihre eigene Art des Erzählens rekonstruiert. Im Kontext des Ausstellungmachens sind diese Fragen heute sehr aktuell: Wie schaffen wir einzigartige Räume der Filmgeschichte in einem musealen Umfeld? Und wie können wir diese historischen Elemente früher queerer, feministischer und politischer Themen für die nächsten Generationen wiederbeleben?

15.02.2022, 18:23

Ausstellung: Weitere Artikel


Fabelhafte Persönlichkeit

Fabelhafte Persönlichkeit

Biografie Das Jahr in der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden beginnt mit einer Präsentation des vielgestaltigen Werks der international renommierten Künstlerin, die ihr gesamtes künstlerisches Schaffen zeigt – als erste Einzelausstellung der neuen Leitung
Kunst im Kino

Kunst im Kino

Filme Eine Auswahl von Ulrike Ottingers Filmen wird begleitend zur Ausstellung wöchentlich im Kino Moviac in Baden-Baden gezeigt. Mit einem Ticket der Kunsthalle erhalten Sie einmalig freien Eintritt an einem Termin
Surreale Bilder und bizarre Geschichten

Surreale Bilder und bizarre Geschichten

Netzschau Stimmen aus dem Netz: „[W]ie in ,Freak Orlando‘, das vom Barocktheater inspiriert ist, fügen sich auch in der Baden-Badener Ausstellung die verschiedenen Stationen [Ulrike Ottingers] künstlerischen Lebens wie auf einer Bühne zusammen...“

Ulrike Ottinger | Interview

Video Mit ihren experimentellen Filmen, die ab den 70ern entstanden und oft Theater, Kunst, Musik, Dokumentarisches und Fiktion vereinen, schuf Ulrike Ottinger ein beeindruckendes Œuvre aus bislang 25 Titeln, das noch immer weiterwächst


Ulrike Ottinger | Interview

Video Zsombor Bobák in conversation with Ulrike Ottinger on „Paris Calligrammes“ – where Ulrike Otinger explores the landscape of her memories of the city that she called home for 20 years and that helped shape her beginnings as a painter and filmmaker


Paris Calligrammes | Doku

Video „Ich war 20 Jahre jung und mit dem festen Ziel nach Paris gekommen, eine große Künstlerin zu werden“: Ulrike Ottinger erinnert sich an ihre Anfänge in den bewegten 1960er-Jahren


Ulrike Ottinger | Goldene Kamera

Video Ulrike Ottinger has been one of the most important filmmakers since the 1970s. In addition to the Berlinale, her films have been shown at numerous festivals and have received various recognitions, including at the „Cinémathèque française“ and MoMA