Entartete Kunst
Das Konzept «entartete Kunst» wurde von den Nationalsozialisten benutzt, um die Kunstwerke der Moderne zu ächten, die stilistisch nicht dem von Hitler und den Nationalsozialisten propagierten Kunstverständnis entsprachen und damit nur eine als heroisch bezeichnete Kunst zuzulassen. Bei der Umsetzung dieses Konzepts wurden Kunstwerke von den Nazis aus den staatlichen Museen entfernt, in der Folge vernichtet oder verwertet bzw. auf dem internationalen Kunstmarkt verkauft. Die Beschlagnahmungen hatte das NS-Regime mit einem Gesetz von 1938 («Einziehungsgesetz») rückwirkend legitimiert. Das Gesetz ist bis heute nicht aufgehoben worden. Internationale Richtlinien zur «entarteten Kunst» gibt es bis dato nicht.
Fluchtgut / Fluchtkunst
Die Begriffe «Fluchtgut» und «Fluchtkunst» sind keine Bestandteile internationaler Vorgaben. Sie sind daher auslegungsbedürftig und werden von den verschiedenen Akteuren unterschiedlich angewendet.
Die unabhängige Expertenkommission Schweiz-Zweiter Weltkrieg von 2001 verwendete den Begriff «Fluchtgut» im sog. Bergier-Bericht für «Kulturgüter, die von den (jüdischen) Eigentümern selbst in oder über die Schweiz ins Exil verbracht wurden». Er erfasst die Transfers in einem Staat, in dem der Holocaust nicht stattfand. Die Conference on Jewish Material Claims Agains Germany (Claims Conference) und World Jewish Restitution Organization (WJRO) treffen ebenfalls die Unterscheidung zwischen Staaten, in denen der Holocaust stattgefunden hat und anderen Staaten.
Im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Washingtoner Richtlinien geht das Bundesamt für Kultur davon aus, dass unabhängig jeglicher Kategorisierung jeder Einzelfall einer umfassenden Prüfung bedarf. Entscheidend ist für den Bund im Sinne der Washingtoner Richtlinien die Frage, ob ein Transfer oder Handwechsel zwischen 1933-1944 in seiner Wirkung konfiskatorisch war. Sofern dies der Fall war, kann es sich auch bei «Fluchtgut» oder «Fluchtkunst» um NS-Raubkunst im Sinne der Washingtoner Richtlinien handeln.
Provenienzforschung
Ziel der Provenienzforschung ist es, die vollständige Herkunft eines Objektes zu ermitteln und zwar von seiner Entdeckung oder Herstellung an. Die Aufarbeitung von Provenienzen ist Teil der in der musealen Arbeit verankerten Museumsethik und gewährleistet eine nachhaltige Sammlungspolitik.
Unter dem Titel «Provenienz und Sorgfaltspflicht» erklären die Ethischen Richtlinien für Museen des Internationalen Museumsrates ICOM dementsprechend: «Vor einem Erwerb muss jede Anstrengung unternommen werden, um sicherzustellen, dass die zum Kauf, zur Leihe, zum Tausch, als Geschenk bzw. als Legat angebotenen Objekte oder Exemplare nicht gesetzeswidrig in ihrem Ursprungsland erlangt oder aus ihm bzw. aus einem dritten Land (einschliesslich dem des Museums) ausgeführt wurden, in dem sie möglicherweise in legalem Besitz waren. In dieser Hinsicht muss mit aller gebotenen Sorgfalt versucht werden, die vollständige Provenienz des betreffenden Objekts zu ermitteln und zwar von seiner Entdeckung oder Herstellung an».
Provenienzforschung schafft nicht nur einen Mehrwert für einzelne Objekte und die Museumsgeschichte allgemein, sondern nimmt sich der Verantwortung an, offene Eigentumsfragen von Kunstwerken proaktiv zu klären und transparent zu machen.
NS-Raubkunst
Die Washingtoner Richtlinien von 1998 definieren die NS-Raubkunst im Titel sowie den Ziffern I., III.- V., VII.- X. als «von den Nationalsozialisten konfiszierte Kunstwerke».
Der Bund geht in Wahrnehmung seiner ethischen und moralischen Verantwortung davon aus, dass unabhängig jeglicher Kategorisierung jeder Einzelfall einer umfassenden Prüfung bedarf. Entscheidend ist für den Bund im Sinne der Washingtoner Richtlinien die Frage, ob ein Handwechsel zwischen 1933-1945 in seiner Wirkung konfiskatorisch war. Neben der direkten Konfiskation fallen so auch z.B. Scheinverkäufe, Verkäufe zu Schleuderpreisen, Verkäufe ohne Legitimation unter den Begriff der NS-Raubkunst. Auch bei «Fluchtkunst», «Fluchtgut» oder «verfolgungsbedingtem Entzug» muss dementsprechend geprüft werden, ob der Handwechsel konfiskatorisch war, und ob es sich daher um NS-Raubkunst handelt, damit gerechte und faire Lösungen erreicht werden.
Konfiskation
Wegnahme von Gütern oder Vermögensteilen ohne Entschädigung; in der Regel durch staatliche Instanzen.
NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter
Der Begriff «verfolgungsbedingter Entzug» ist kein Bestandteil internationaler Vorgaben. Er wird in Deutschland in der «Erklärung von 1999 der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz (Gemeinsame Erklärung)» sowie der «Deutschen Handreichung» verwendet.