„Alle Zeiten waren immer in Zeitgeistirrtümern befangen, von der Weltvorstellung zur Zeit Galileis, über wilhelminischen Flottenwahn und Franzosenhass, bis zum heutigen Arbeitsbeschaffungswahn. Anstatt die Ursachen des Geschehens zu ergründen, glaubte man den Lebenslügen der Mächtigen.
Wissenschaft hat auch die Aufgabe, diesen jeweiligen Zeitgeist zu überwinden. Erliegt sie ihm, begeht sie Verrat und entfernt sich von der Wahrheit. Zweifelt sie ihn an, vergrößert sie ihre Chance, sich der Wahrheit zu nähern. Sie hat immer die Pflicht, auszubrechen und die Welt von der anderen Seite zu betrachten. Gute Wissenschaft ist wie gute Kunst: sie ist immer auch Gegenmacht. Gäbe es sie nicht, würden wir immer noch glauben, die Welt sei eine Scheibe und Arbeitslosigkeit sei durch niedrigere Unternehmenssteuern und Wirtschaftswachstum zu überwinden.“ – Günther Moewes
Günther Moewes, geboren 1935, war ursprünglich Architekt und entwickelte variable Bausysteme. Bekannt wurde er erstmalig durch seine Funktionalismuskritik »Die große Vereinseitigung« auf dem Werkbundtag 1968. 1973 erhielt er eine Professur für Industrialisierung des Bauens an der FH Dortmund, deren Gründungsausschuss-Vorsitzender er auch war. Er veröffentlichte mehrere wachstums- und verteilungskritische Bücher. Sein Buch »Weder Hütten noch Paläste« (1995) wurde zu einem Kultbuch für ökologische Architektur. In seinem Buch »Geld oder Leben« (2004) forderte er unter anderem die Abschaffung des Zinses. Seit 2014 schreibt er regelmäßig Wirtschaftskolumnen und Gastbeiträge für die Frankfurter Rundschau.