„In den Hörsälen/Klassenzimmern von heute befindet sich mit der ‚Millennium-Generation‘ eine Generation von Schülern und Studenten mit neuen technologischen Bedürfnissen. Das hat nicht nur neue Inhalte und neue Hörsaalumgebungen sondern auch eine neue Pädagogik zur Folge.“ (Jonas, 2012)
Smartphones, Tablet-PCs, Notebooks – Musik und Videos aus dem Internet, permanente Erreichbarkeit bzw. Vernetzung über die sozialen Netzwerke, all das prägt seit einigen Jahren den Alltag der heutigen „Millennium Generation“, einer Generation, für die die Nutzung mobiler Endgeräte so selbstverständlich geworden ist, wie das Tragen einer Armbanduhr oder einer Brille.
Schaut man sich heute in einem Hörsaal einer Hochschule um, lässt sich eindeutig konstatieren: Die Digital Natives, die Studenten, die mit dem Smartphone groß geworden sind, sind keine Zukunftsmusik mehr, nein, sie sind bereits seit einigen Jahren im Hochschulalltag angekommen.
Bei dieser Generation, die heute das Zielpublikum unserer akademischen Lehrtätigkeit ist, handelt es sich um junge Menschen, die unter anderem folgende Tätigkeiten nahezu vollständig ‚digital‘ abwickeln:
Online-Handel, Ticket-Buchungen, Informationsbeschaffung, Kommunikation, Freizeitaktivitäten, Unterhaltung.
Noch vor einiger Zeit war es kaum vorstellbar, über das Internet mit nur wenigen Mausklicks eine Hotelbuchung vorzunehmen, eine Bahnfahrkarte nebst Platzreservierung zu buchen, ein Buch zu erwerben, in dem man sogar vorher virtuell herumstöbern konnte, oder eine Party zu organisieren, bei der alle Getränke per Internet bestellt und über den dazugehörigen Versandhandel ausgeliefert wurden und dazu die Musik komplett aus dem Internet kam.
Manchem mag das zu viel sein, und man hört Argumente wie z. B. „Muss man denn permanent online sein?“ oder „Sollen wir das gut heißen, wenn die Mitglieder einer Familie im Café oder in der U-Bahn sitzend, mehr mit ihren mobilen Endgeräten beschäftigt sind als mit sich selbst?“
Klar, auf den ersten Blick verurteilen wir Szenarien, wo Menschen anstatt miteinander zu reden stillschweigend mit ihren Smartphones beschäftigt sind, um eine Kurznachricht zu versenden oder im Internet zu surfen.
Gerade wir Älteren können und wollen uns nicht damit anfreunden, dass Menschen an einer Haltestelle wie gebannt auf ihre elektronischen Geräte starren, ohne miteinander Blicke auszutauschen oder gar miteinander zu reden. Doch stimmen unsere Vorbehalte? War das denn früher nicht auch schon so? Haben wir Älteren denn an Haltstellen für öffentliche Verkehrsmittel permanent miteinander geredet? Saßen wir früher in den Cafés ausschließlich zu Konversationszwecken, oder sind wir etwa nur deshalb Bus gefahren, um uns mit den übrigen Passagieren auszutauschen?
Bereits lange vor der Internet-Ära waren die Menschen ständig auf der Suche nach Informationen und haben mit dem entsprechenden Medium Wartezeiten oder lange Fahrstrecken überbrückt. Unser Verhalten glich auch früher schon dem heutigen, nur das Medium und – zugegebenermaßen – die Geschwindigkeit, mit der Informationen beschafft werden konnten, sowie die Nutzungsintensität waren anders. Daher sind Warnungen vor den Gefahren des Internets oder vor einer übermäßigen Handy-Nutzung ähnlich einzuschätzen, wie z. B. übermäßiger Bücherkonsum noch vor wenigen Jahrhunderten: „Wenn Menschen es mit etwas Neuem zu tun bekommen“, schreibt Felix Müller (2014), „werden seit Jahrhunderten in stupider Reihenfolge dieselben Abwehrmechanismen aktiv.“ [In den 1760ern] wurde u. a. vor den „verderblichen Konsequenzen des Buchgenusses“ gewarnt, genauso wie heute die Nutzung moderner digitaler Endgeräte vielfach verteufelt wird.
Wir sollten daher von einer Vorabverurteilung Abstand nehmen und konstruktiv mit der Situation umgehen. Die heutigen Verfahren der Informationsbeschaffung, sei es zu wissenschaftlichen Zwecken oder für die Lösung alltäglicher Probleme, sind nun einmal nahezu vollständig internetbasiert. Und von den sich daraus ergebenen großen Vorteilen, wie z. B. der Informationsbeschaffung in Sekundenschnelle, wollen wir uns wahrscheinlich nur ungern trennen. In einem ersten Resümee lässt sich somit festhalten, dass wir es heute mit einer studentischen Klientel zu tun haben, die nahezu vollständig ‚digitalisiert‘ lebt und vermutlich erwartet, dass dieser Verhaltensweise im akademischen Lehr- und Lernprozess Rechnung getragen wird. In den Empfehlungen der Europäischen Union heißt es dazu:
„Technologie ist heute ein integraler Bestandteil der Interaktion, der Arbeitswelt, des Lernens und der Wissensbeschaffung.“ (Europäische Kommission, 2014:14).