Kampf mit dem tradierten Männerbild

Zum Stück Der Tod seines Vaters war der Schreibanlass für „Sterben“. In „Lieben“ ist Knausgård selbst Vater von drei Kindern und gerät in Widersprüche, die der modernen Vaterschaft innewohnen – und die das Konzept patriarchaler Künstlerschaft in Frage stellen
Kampf mit dem tradierten Männerbild

Foto: Matthias Horn

Die litauisch-amerikanische Regisseurin Yana Ross wählt für ihre Theateradaption von Karl Ove Knausgårds autofiktionalen, schonungslosen Romanzyklus Min Kamp 1-6.

Fragmente aus dem ersten, zweiten und sechsten Band. In der deutschen Übersetzung sind die Bände aus naheliegenden Gründen nicht mit dem Titel Mein Kampf übersetzt, sondern tragen sechs verschiedene: Sterben, Lieben, Spielen, Leben, Träumen und Kämpfen. Der den Autor zutiefst erschütternde, aber auch befreiende Tod seines ihn gewaltsam dominierenden Vaters war der Schreibanlass für Sterben. In Lieben ist Knausgård selbst Vater von drei Kleinkindern und gerät in so dramatische wie komische Widersprüche, die einer modernen Vaterschaft und gleichberechtigten Ehe innewohnen – und die das Konzept patriarchaler Künstlerschaft grundlegend in Frage stellen. Der letzte Band Kämpfen ist der provokanteste: Die inneren Kämpfe des Autors, Sohns, Ehemanns und Vaters münden in eine persönliche Auseinandersetzung mit Hitlers autobiographischer Propagandaschrift Mein Kampf, die er im väterlichen Nachlass findet.

„Für das Herz ist das Leben einfach: Es schlägt, solange es kann. Dann stoppt es.“ – aus „Kämpfen“ (Karl Ove Knausgård)

Yana Ross bezeichnet sich als kosmopolitische Nomadin und setzt sich in ihren Inszenierungen spielerisch mit Geschlechterrollen, patriarchaler Gewalt und der Persistenz von Antisemitismus auseinander. Zuletzt brachte sie Romanadaptionen der zeitgenössischen Autor:innen David Foster Wallace und Virginie Despentes auf die Bühne.

14.03.2024, 10:45

Event: Weitere Artikel


Aus „Kämpfen“: Erhebe dein Gesicht

Aus „Kämpfen“: Erhebe dein Gesicht

Auszug Der letzte Band „Kämpfen“ ist der provokanteste: Knausgård beschreibt hier die innere Zerrissenheit des Autors, Sohns, Ehemanns und Vaters. Das alles endet in einer persönlichen Auseinandersetzung mit der autobiographischen Propagandaschrift Hitlers
„Über Wirklichkeit, Wahrheit und Erfindung“

„Über Wirklichkeit, Wahrheit und Erfindung“

Interview Bis zur eigenen Schmerzgrenze und darüber hinaus hat sich Karl Ove Knausgård in seinem Romanprojekt auch selbst herausgefordert. Ein Gespräch mit Übersetzer und Literaturkritiker Peter Urban-Halle über Knausgård, sein Werk und aktuelle Bezüge
Schauder des Untergangs

Schauder des Untergangs

Netzschau „Wie in einem Wimmelbild schaut man auf die zu Figuren reduzierten Angehörigen – Frau, Vater, Bruder, Lektor und die Kinder, die an diesem Abend und in der Wahrnehmung ihres ichbezogenen Vaters hinreichend von Zimmerpflanzen verkörpert werden.“

Sterben Lieben Kämpfen | Trailer

Video Aus dem autobiographischen Sechsteiler "Min Kamp" des norwegischen Schriftstellers Karl Ove Knausgård wählt die Regisseurin Yana Ross für ihre Theateradaption Fragmente aus den ersten Teilen "Sterben" und "Lieben" sowie aus dem letzten Teil "Kämpfen"


Sterben Lieben Kämpfen | Teaser

Video Yana Ross ist eine international inszenierende Regisseurin. Sie unterrichtet Regie an der Litauischen Akademie für Musik und Theater in Vilnius und wurde mit zahlreichen Regiepreisen ausgezeichnet


Karl Ove Knausgård | Interview

Video Karl-Ove Knausgaard is an unlikely literary celebrity. The Norwegian novelist is the author of the bestselling, six-volume novelized memoir My Struggle—Min Kamp in Norwegian, a title deliberately borrowed from Adolf Hitler’s autobiography Mein Kampf


Linda Boström Knausgård | Interview

Video In this interview, the lauded Swedish writer Linda Boström Knausgård talks about her inspiration from theatre and Greek mythology, and about silence as a theme in her novels as well as in her own life: “What happens to a girl who stops speaking?”