Porträt einer Feministin der ersten Stunde

Zum Film „Alice Schwarzer“, der Kinodokumentarfilm von Sabine Derflinger, ist die Biografie einer streitbaren Journalistin, die niemals lockerlässt, und eine Reise durch die Geschichte des Feminismus der zweiten Frauenbewegung bis heute
Still aus „Alice Schwarzer“ von Sabine Derflinger
Still aus „Alice Schwarzer“ von Sabine Derflinger

Foto: Derflinger Film/ Mizzi Stock Entertainment

„Mir fiel zuerst auf, wie wahnsinnig fleißig sie ist. Wenn wir für den Film Details besprochen haben, wurde es oft spät und während ich mich müde hinlegte, ging sie noch an ihren Arbeitsplatz, um einen Artikel auf ihrer Schreibmaschine zu schreiben.“ – Sabine Derflinger über Alice Schwarzer

Legendär bleibt bis heute das Fernsehduell zwischen Alice Schwarzer und Esther Vilar, das Familienzwistigkeiten in deutschen und österreichischen Wohnzimmern auslöste. Weltberühmt wurde Alice Schwarzer mit ihrem Buch Der kleine Unterschied, in dem Frauen offen über ihr Sexualleben sprachen. Mindestens ebenso bedeutend und folgenschwer war ihr Einsatz für die Legalisierung der Abtreibung in Deutschland. Ein im Magazin Stern abgedruckter Artikel mit dem Titel „Wir haben abgetrieben“ gab ihrer gleichnamigen Kampagne breite Aufmerksamkeit und war ein zündender Funke für die Straffreiheit des Schwangerschaftsabbruchs. Letztere galt in den letzten Jahrzehnten als Selbstverständlichkeit, doch wird sie in einigen Ländern heute wieder in Frage gestellt.

Der Film wandelt mit Montagen zwischen den Zeiten und bedient in seinem historischen Anspruch informative und ästhetische Aspekte gleichermaßen.

Geprägt wurde Alice Schwarzer durch ihre Kindheit bei den Großeltern in Wuppertal, ihre Jugendzeit in Frankreich, das Leben mit ihrem damaligen Lebensgefährten Bruno und ihr Eintritt in die französische Frauenbewegung MLF.

Heute lebt Alice Schwarzer in Köln, im Bergischen und in Paris. Sie schreibt Bücher, verlegt seit 1977 die Frauenzeitschrift Emma und greift jedes heiße Eisen im Zusammenhang mit den Machtfragen zwischen den Geschlechtern auf. Nach wie vor befindet sich die Streitbare im Brennpunkt heftiger Diskussionen.

In Zeitdokumenten und aktuell gedrehtem Material erleben wir die Ikone bei ihrer Arbeit und im Privaten. Im Film kommt Bettina Flitner, Fotografin und Alices Ehefrau, zu Wort, ebenso sehen wir Interviews mit Wegbegleiterinnen und Wegbegleitern wie Élisabeth Badinter, Peter Merseburger, Jenny Erpenbeck, Jasmin Tabatabai, Franziska Becker, Anne Zelensky und Sonja Hopf, sowie Archivaufnahmen, unter anderem mit Henri Nannen, Rudolf Augstein, Margarete Mitscherlich, Simone de Beauvoir und Jean Paul Sartre.

06.09.2022, 14:55

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