Wahrscheinlich wäre das Ende des deutschen Steinkohlenbergbaus eher unbemerkt und in
stillem Einvernehmen an uns vorbeigegangen. Denn unsere persönlichen Biografien sind
alles andere als mit dem Bergbau verbunden. Ein Zufall führte uns 2016 nach Westfalen auf
das Bergwerk in Ibbenbüren. Im Rückblick fühlt sich dieser erste Besuch der Zeche wie eine
Zeitreise in das vergangene Industriezeitalter an - vor allem jetzt, wo die Schächte versiegelt
und die meisten Gebäude dieses Bergwerks längst abgerissen wurden.
Aus unserer Sicht symbolisiert die Stilllegung der letzten deutschen Steinkohlenzeche
exemplarisch ein verspätetes Ende des Industriezeitalters in Westeuropa, das unsere
Leistungsgesellschaft nachhaltig geprägt hat. Der jahrzehntelange, schonungslose Umgang
mit Ressourcen hinterlässt eine Hypothek, die durch den Klimawandel immer spürbarer wird.
Das ikonografische Bild des Bergmanns, der heldenhaft sein Leben riskiert, um „Mutter
Erde” ihre Schätze abzuringen, wirkt in diesem Zusammenhang anachronistisch. Dennoch
haben Werte und Tugenden dieses Arbeiterbildes in Teilen der berufstätigen Gesellschaft
immer noch eine Bedeutung. Es war uns daher ein Anliegen, den Blick hinter diese
mythenbehaftete Fassade zu richten. Wie sind Rollenbilder durch Arbeitsverhältnisse
geprägt? Was bleibt, wenn die identitätsstiftende Arbeit wegfällt und in diesem
Zusammenhang auch, was bedeutet das eigentlich: (Berg)Mannsein?
In Wir waren Kumpel folgen wir über das Ende eines Industriezweigs hinaus dem
Leben sehr verschiedener Menschen und treten mit ihnen in einen Reflexionsprozess über
das Verhältnis von Arbeit und Identität: Wie können wir mit den Rissen und Veränderungen
in unseren Biografien umgehen? Wer bin ich, wenn das Erwerbsleben endet und ich eine
neue Lebensaufgabe finden muss? Bewusst suchen wir filmisch nach Antworten innerhalb
der individuellen Leben der Protagonist*innen und verzichten auf eine ausführliche
historische Einordnung, die aus unserer Sicht genügend in existierenden Dokumentationen
und Filmen dargestellt wird. Wir waren Kumpel ist vielmehr der Versuch im Kleinen von den
großen Veränderungsprozessen zu erzählen, die uns aktuell und wohl noch auf lange Sicht
gesellschaftlich beschäftigen werden.
– Christian Johannes Koch und Jonas Matauschek (Regie und Drehbuch)