Wer sucht, wird finden

42 Ein Zwischenbericht über meine mentale Reise

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"Wir sucht, wird finden", so sagten laut dem Dao-De-Jing in China schon diejenigen aus dem Altertum der Antike. Im antiken Thomas-Evangelium ist das Suchen und Finden ein Kernthema: "Wer sucht, soll nicht aufhören zu suchen, bis er findet". Zudem ist die Suche im Buddhismus und im Universalismus maßgebend.

Wonach soll man denn suchen? Wenn ich es im Lichte des entsprechenden universalistischen Grundsatzes ausdrücke, geht es um die freie und verantwortungsvolle Suche nach Wahrheit und Sinn. Und um die Suche des Ursprungs von allen und allem. Dieser wurzelt letztendlich im Mystisch-Spirituellen.

Ich habe mich 2010 explizit auf die Suche begeben und wandle noch auf diesem Pfad, weshalb ich mich als Suchender bezeichne. Der Weg gehört dabei kenntlich zum Ziel dazu, denn man lernt schrittweise dazu. Gipfeln soll das in der Erkenntnis (Gnosis), der Erleuchtung, dem Erwachen (Bodhi), wie immer man es nennt. Hier nun berichte ich über meine Funde:

In der Antike waren Wissenschaft, Philosophie und Religion noch nicht wirklich getrennt. Was mich angeht, so hatte ich diese Trennung mental schon im Laufe meiner jungen Jahre vollzogen, daraufhin im Großen und Ganzen drei Jahrzehnte aufrecht erhalten. Heute muss ich sagen, dass die Menschen in den weit zurückliegenden Zeiten nicht verkehrt lagen, denn sie haben offensichtlich ganzheitlicher gedacht, statt alles schön ordentlich zu definieren, zu klassifizieren, damit zu trennen, wie unsere materialistisch geprägten Kulturen es beginnend mit der zivilisatorischen Technisierung tun, wobei der Grad der entsprechenden Entspiritualisierung abgesehen von der fortschreitenden Zeit auch geografisch vom Fernen Osten zum Westen hin zunimmt.

Ich bin ein vornehmlich wissenschaftlich und philosophisch orientierter Mensch, kein gläubig oder religiös orientierter. Nun mag sich manche_r fragen, worum ich nichtsdestotrotz auf dem mystisch-spirituellen Pfad wandle.

Betrachten wir ein weiteres Kernthema des Dao-De-Jing, des Thomas-Evangeliums und des Buddhismus: Im Ersten die Harmonie zwischen Yin und Yang, sowie der Großen Harmonie zwischen dem Dào (das Mystisch-Universelle) und dem Dé (die innere Kraft); im Zweiten das erkenntnismäßige Aus-Zwei-Eins-Machen, sowie die Vereinigung mit dem mystischen Licht-All; im Dritten Bodhi und Nirwana. Bei diesen konkret-kompakten Philosophien liegt das Mystisch-Spirituelle vielmehr im mentalen Vorstoß in Bereiche jenseits des Bewussten, Bekannten und Gewohnten, und kaum in dem, was man aus der Alltagsreligiosität mit ihren Mythen, Legenden und Dogmen kennt.

Dann betrachten wir die Wissenschaft des 21. Jahrhunderts, die per Theorie von Allem und Kognitionswissenschaft und deren jeweiligen Teilwissenschaften in Bereiche vordringt, die dem konventionellen Wissen und der Alltagserfahrung fremd bis paradox erscheinen, und dergestalt thematisch den vorgenannten Philosophien gleichen. Das Mystisch-Spirituelle fängt also nicht da an, wo die (klassische) Wissenschaft endet, sondern die (metamoderne) Wissenschaft fängt da an, wo das Mystisch-Sprituelle ist.

Die Begriffe Glaube, Religion und Kirche verwende ich dabei nicht, denn diese sind sekundär. Der wahre Glaube ist die Erkenntnis — von Heureka bis Satori —, die wahre Religion ist das Leben — vom Körper bis zur Seele —, die wahre Kirche ist das Universum — vom Urknall bis zur Galaxienmyriade.

Und mitten zwischen allem hockt man selber: das letzte, doch entscheidende Puzzleteilchen. Ja, die Suche nach sich selber hat noch gefehlt. Somit heißt es im Thomas-Evangelium: "Wer alles kennt, aber sich selbst fehlt, dem fehlt alles."

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Red Bavarian

Die Vergangenheit analysieren, die Gegenwart gestalten, die Zukunft erdenken.

Red Bavarian

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