Wenn die Demokratie dem Profit im Wege steht

Kapitalismus In einem lesens- und bedenkenswerten Beitrag hat Slavoj Žižek über den Demokratieverlust in Folge der Finanzkrise geschrieben.

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Das vom slowenischen Philosophen Beschriebene macht meiner Meinung nach ein weiteres Mal deutlich, dass die beste Freundin des Profits die Diktatur ist. Das ist sicher sehr zugespitzt, aber aus meiner Sicht der Kern der beschriebenen Entwicklung. Daran ist auch aufgrund der Tatsache zu erinnern, dass sich in ein paar Tagen die Machtübergabe an Adolf Hitler zum 80. Mal jährt. Wir werden sicher sehr viel zu hören und zu sehen bekommen von der Legende der "Machtergreifung", um von dem Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Faschismus, von der Verbindung zwischen Profit und Diktatur abgelenkt zu werden. Letzendlich ist die Rampe von Auschwitz, wo SS-Männer per Daumen entschieden, wer noch nützlich ist als Arbeitskraft oder wer gleich vernichtet wird weil "unnütz", die brutalste Zuspitzung des Profitprinzips, des kapitalistischen Verwertungsprinzips, bei dem der Mensch nur als Arbeitskraft nützlich ist (siehe auch Michael Ewerts Buch "Blinde Flecken. Auschwitz und die Verherrlichung des Mechanischen"). Ist er das nicht, ist er überflüssig. Insofern war die faschistische Ideologie mit ihrem menschenvernichtenden Rassismus und Antisemitismus nur nützliches Instrument. Wäre sie das nicht gewesen, hätten die deutschen Faschisten nicht die Unterstützung durch die führenden Kräfte des deutschen Kapitals bekommen, die sie bekamen und so ihre zwölfjährige Diktatur ermöglichte. Der dazugehörige und mitbegründende Antikommunismus blieb auch nach 1945 nützlich. Aber ich schweife ab und bitte dafür um Entschuldigung.

Dazu gehört natürlich, dass das, was wir als "Finanzkrise" erleben und in seinen Folgen erleiden, nur zum Teil Folge des Handelns anscheinend Blinder ist, wie Žižek meint, sondern Ergebnis ganz bewußten Handelns und Inkaufnehmens der Folgen für die Gesellschaft. Ein Beleg dafür ist, was der ehemalige Notenbanker Sir Alan Budd 2003 schrieb: "Viele „haben nie (…) geglaubt, dass man mit Monetarismus die Inflation bekämpfen kann. Allerdings erkannten sie, dass [der Monetarismus] sehr hilfreich dabei sein kann, die Arbeitslosigkeit zu erhöhen. Und die Erhöhung der Arbeitslosigkeit war mehr als wünschenswert, um die Arbeiterklasse insgesamt zu schwächen. […] Hier wurde – in marxistischer Terminologie ausgedrückt – eine Krise des Kapitalismus herbeigeführt, die die industrielle Reservearmee wiederherstellte, und die es den Kapitalisten fortan erlaubte, hohe Profite zu realisieren." (The New Statesman, 13. Januar 2003, S. 21) Albrecht Müller hatte vor einiger Zeit auf den NachDenkSeiten darauf aufmerksam gemacht. Es ließen sich noch mehr solcher Belege von denjenigen anfügen, die von der Entwicklung, die Žižek beschreibt, profitieren, was aber hier nicht erfolgen soll.

Hier geht es zum Beitrag von Slavoj Žižek: "Eine weit verbreitete Schwindsucht"

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Geschrieben von

Hans Springstein

Argumente und Fakten als Beitrag zur Aufklärung (Bild: Eine weißeTaube in Nantes)

Hans Springstein

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