Lass mir meine Nutte!

Frankreich In einem "Manifest der Arschlöcher" fordern bekannte französische Schriftsteller jetzt das Recht auf käufliche Liebe. Die Sozialisten wollen sie per Gesetz abschaffen
Lass mir meine Nutte!

Foto: Alexander Klein/ AFP/ Getty Images

Hierzulande wird mal wieder Alice Schwarzers Forderung nach der Abschaffung des "Systems Prostitution" debattiert, auf der anderen Rheinseite fordern nun Männer, die gerne zu Prostituierten gehen, ihr Recht.

Das "Manifest des 343 Salauds", das man mit "Manifest der 343 Arschlöscher" übersetzen kann, wurde vom Promi-Autor und Lebemann Fréderic Beigbeder initiiert, und unterschrieben von anderen bekannten Schriftstellern. Es polarisiert. Muss es. Denn es richtet sich gegen ein geplantes Gesetz der Sozialisten, nachdem Kunden von Prostituierten sich strafbar machen, wenn sie mit diesen ins Geschäft kommen wollen. Ein konsequenter Schritt, ähnlich dem schwedischen Modell, der gesamten Bordellerie den Garaus zu machen - und eins von Hollandes Wahlkampfversprechen. Käuflicher Sex sei "nicht vereinbar mit den Werten der Gleichheit ... und des Respekts dem anderen gegenüber", so die Sozialisten in einem Communiqué.

Sicher nicht zufällig variiert auch der im Manifest genannte Slogan Touche pas à ma pute einen uralten linken Spruch (Touche pas à mon pote - Fass meinen Kumpel nicht an!).

Nun gibt es aber diese urfranzösische Tradition der Libertinage, auf die man sich selbstverständlich in dem Pamphlet beruft: "Wir schämen uns nicht, zu Prostutierten zu gehen ... ob Homos oder Heteros, libertin oder monogam, treu oder nicht, wir sind Menschen." Abgeordnete sollten nicht die Normen für unsere Leidenschaften und Wünsche bestimmen", der Staat sich nicht um "unsere Hintern" kümmern.

Im Alter der Tochter

Feministinnen reagierten sofort, sie nehmen es ernst, dieses Manifest, dessen Name sich anlehnt an das legendäre Simone de Beauvoir-Abtreibungs-Bekenntnis von 1971: Es sei schon reichlich absurd, wenn es Kunden wagen, von ihrem Recht zu sprechen. "Ihr habt nichts verstanden von unserem Kampf", so die Feministin Morgane Merteuil, selbst ernannte militante Prostituierte und Generalsekretärin der STRASS, der Gewerkschaft für Sexarbeiter.
Doch auch Guillaume Chérel, eigentlich ein "Freund" Fréderic Beigbeders, zeigt sich dégouté von dessen Einlassungen. In einem offenen Brief auf dem Onlineportal Rue 89 schreibt er: "Auch ich bin mal zu Nutten gegangen, um es zu erleben, wenigstens einmal ... Ich war nicht stolz auf mich, aber ich konnte darüber reden." Dann habe er Frauen gesehen, die im Alter seiner Tochter waren. An sie müsse er jetzt immer denken.
Beigbeder, der von jeher für das Recht auf unbegrenzte Freiheit und Exzess eintritt, und gerade LUI, den französischen Playboy neu auf den Markt gebracht hat, solle seine doch mal fragen, was sie von alldem hält.

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Geschrieben von

Maxi Leinkauf

Redakteurin „Kultur“

Maxi Leinkauf studierte Politikwissenschaften in Berlin und Paris. Sie absolvierte ein Volontariat beim Tagesspiegel. Anschließend schrieb sie als freie Autorin u.a. für Süddeutsche Zeitung, Tagesspiegel und Das Magazin. 2010 kam sie als Redakteurin zum Freitag und war dort im Gesellschaftsressort Alltag tätig. Sie hat dort regelmäßig Persönlichkeiten aus Kultur und Zeitgeschichte interviewt und porträtiert. Seit 2020 ist sie Redakteurin in der Kultur. Sie beschäftigt sich mit ostdeutschen Biografien sowie mit italienischer Kultur und Gesellschaft.

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