Amazon und die Drohnen

Punktlandung Wie hat es Amazon-Gründer Jeff Bezos geschafft, die Welt mit der Präsentation von Mini-Drohnen kirre zu machen? Mit einem ganz alten PR-Trick
Ausgabe 49/2013

Das also ist die Zukunft! Es ist nur noch eine Frage von Sekunden, bis fliegende Roboter mit der Auslieferung Ihrer Weihnachtsgeschenke beginnen. Bücher, DVDs und elektronischer Schnickschnack werden binnen 30 Minuten nach Bestellung an Ihre Haustür geliefert, Amazon sei Dank. So kündigte es zumindest am Sonntag der US-Nachrichtensender CBS News in seiner Sendung 60 Minutes an. Es ist eine schöne neue Welt, eine Mischung aus Star Wars, Das fünfte Element und I, Robot, ein Paradigmenwechsel fürwahr. Oder zumindest denkt man das angesichts der aufgeregten Medienberichte.

Es gibt nur ein Problem: Das alles ist erst mal nichts als heiße Luft. Wie Amazon-Chef Jeff Bezos in der Sendung ankündigte, soll die Paketauslieferung per Drohne 2018 beginnen – und das ist sehr optimistisch kalkuliert. Denn es gibt einige praktische Hindernisse. Der unbemannte Flugkörper kann per GPS einen bestimmten Ort ansteuern, gut und schön, aber wie findet er den Empfänger? Wie soll die Übergabe aussehen? Und was ist, wenn der Nachbarsjunge die Drohne mit der Luftpistole herunterholt? Und dann erst die juristischen Fragen: Zwar plant die US-Luftfahrtbehörde kommerzielle Drohnen bis 2015 zu genehmigen, aber diese Deadline ist sehr unrealistisch. Es zeichnet sich längst keine Lösung ab, wie so viel Verkehr im Tiefflug-Bereich geregelt werden soll. Die Öffnung des Luftraums über den Innenstädten, mit all ihren potenziellen Anschlagszielen, birgt unzählige Schwierigkeiten.

Und die Arbeitsbedingungen echter Menschen?

Bezos’ Ankündigung besagt also lediglich, dass sein Unternehmen die Ambitionen hegt, in fünf Jahren neue Lieferwege zu beschreiten. Ohne das magische Wort „Drohne“ hätte die Nachricht kaum Wellen gemacht. Eine aufregende, aber vollkommen unrealistische Neuerung zu lancieren, ist einer der ältesten PR-Tricks der Welt. Trotzdem funktioniert er immer wieder. So eine Meldung ist schnell produziert und erzeugt Klicks – wen interessiert da, wie viel tatsächlich dahinter steckt? So hat Bezos zum Beispiel berechtigte Fragen nach den Arbeitsbedingungen echter Menschen bei Amazon weitgehend aus den Medien verdrängt.

Die Technologie Konzerne haben genug Geld, um riesige PR-Abteilungen zu unterhalten, und treffen allzu oft auf Technikjournalisten, die staunend jedes Wort abdrucken. Wir Journalisten dürfen diesen Mist nicht nachplappern. Und Sie, liebe besorgte Mitbürger, müssen endlich aufhören, ihn anzuklicken.

James Ball arbeitet als Datenjournalist für das Investigativ-Ressort des Guardian. Zuvor war er bei Wikileaks aktiv

der Freitag digital zum Vorteilspreis

6 Monate mit 25% Rabatt lesen

Übersetzung: Christine Käppeler
Geschrieben von

James Ball | The Guardian

Der Freitag ist Syndication-Partner der britischen Tageszeitung The Guardian

The Guardian

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden