Wenn Nikolas Sarkozy von den Erfolgen Frankreichs spricht, meint er vor allem die „gesunden Ideen“ von Serge Dassault
Nicolas Sarkozy hatte vergangenen Dienstagnachmittag gerade die Presse zum Neujahresgruß empfangen. Während der noch amtierende Staatpräsident Frankreichs das Rednerpult verließ und die hauseigene Direktübertragung aus dem Élysée-Palast bereits abgeschaltet war, erblickte er unter den Journalisten Serge Dassault, den greisen Chef der Pariser Tageszeitung Le Figaro. Und wie ein ertappter Schulbub zur Tafel zitiert wird, erklomm Sarkozy noch einmal das Podium, die Kameras wurden erneut eingeschaltet. Am Vormittag habe Frankreichs Industrie „einen außerordentlichen Erfolg“ erzielt. Es sei die Lieferung von 126 Kampfjets „Rafale“ an Indien vereinbart worden, einem Land, „wo der Wettbewerb besonders rüde, ganz besonders schwierig“ sei. Sich in dieser Umgebung zu behaupten, sei „ein Zeichen des Vertrauens für die französische Wirtschaft.“
Die Situation kann symbolisch genannt werden, Serge Dassault ist selbst eines. Denn mit dem Namen des bald 87-jährigen verbindet sich nicht nur Dassault Aviations, dem Hersteller französischer Militärflugzeuge wie eben des Rafale (dt.: Windböe). Über die Holding Groupe Industriel Marcel Dassault (GIMD) erwarb der umtriebige Luftfahrtingenieur 2004 die Mediengruppe Socpresse, die unter anderem das Flaggschiff konservativer Presse hält, Le Figaro. Obwohl Socpresse seit dem Eigentümerwechsel keine Mediendaten mehr veröffentlicht, gilt Dassault heute immer noch als graue Eminenz des französischen Pressewesens.
Was das Publikum sah, war also eine dreifache Verbeugung des noch amtierenden Staatspräsidenten: Gegenüber einem bestimmten Teil der anwesenden Presse, einem bestimmten Teil der französischen Industrie und gegenüber einem bestimmten Arbeitgeber. Die subliminale Botschaft lautete: Es sind Männer wie Dassault, die die Wirtschaft des Landes bedeuten; in sie ist weiter Vertrauen zu setzen. Dafür hat Sarkozy gerne einen Neujahresempfang um eine Stand-up-Pressekonferenz erweitert.
Die Parallelen zum Wirken des Medien-Tycoons und ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi sind dabei unverkennbar. Auch Dassault ist aktiver Politiker. Für Sarkozys Partei Union pour un Mouvement Populaire (Union für eine Volksbewegung, UMP) seit 2004 Senator und Vize-Präsident des mächtigen parlamentarischen Finanzausschusses, war seine Wahl von Anfang an mit der Frage nach Interessenkonflikten verbunden. Nicht nur Juristen erschien es ein Unding, dass derjenige, der einen Gutteil der fliegenden Hardware des französischen Militärs herstellt, auch für deren Anschaffung im Rahmen der Budgetentscheidung soll votieren dürfen.
1. Der Angediente
2. Interessenskollisionen, die zum Normalfall wurden
3. Beste Werbung für sich und aus eigenem Haus
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