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Politik : Rasender Stillstand

Die Politik macht Wahlkampf auf Breitreifen. Beim Schaurennen um die Opel-Rettung steht allerdings eine Alternative zur Wahl, die gar keine ist

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In der Diskussion um die Zukunft der deutschen Opel-Standorte gedeiht das Ressentiment. Vom Autokonzern Fiat wissen viele wenig. Zur Volksbildung scheint jedoch zu gehören, dass die Italiener a) schlechte Autos bauen, b) selbst Pleite sind und es c) nur auf deutsches Steuergeld abgesehen haben. Ein Sergio Marchionne mag zwar schicke Pullover tragen, aber über den Weg trauen will man ihm deshalb noch nicht. Der Fiat-Boss wiederum, der in der Bild-Zeitung nicht zufällig darauf hinweist, dass er Kanadier sei, bringt selbst ein Vorurteil in Stellung. Dass die deutsche Regierung einen Einstieg des österreichisch-kanadischen Zulieferer Magna befürworten könnte, ein Investment „mit russischer Hilfe“ also, ließ Marchionne im selben Interview ohne nähere Begründung wissen, würde ihn „überraschen“. Soll wohl heißen, Pelmeni sind auch nicht besser als Spaghetti.

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Offiziell hat sich die Bundesregierung für keinen der beiden wahrscheinlichsten Kandidaten ausgesprochen. Kein Wunder, jeder der Koalitionspartner hat schließlich seinen eigenen Favoriten. Man kann den Eindruck gewinnen, dass im Herbst nicht SPD und Union zur Wahl stehen, sondern Magna und Fiat. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg setzt auf die Italiener, Außenminister Frank-Walter Steinmeier auf die Österreicher. Der eine beschwert sich über die „mangelnde Detailkenntnis“ beim SPD-Mann, der andere kontert mit Spott über die „Opel-Inszenierung“ des CDU-Konkurrenten. „Warum soll sich zu Guttenberg mit einem Außenminister abstimmen?“, stellt der Christsoziale Wirtschaftsexperte Georg Nüßlein eine durchaus berechtigte Frage. „Nur weil er Kanzlerkandidat ist?“ Andererseits ist es nicht allein Steinmeier, der sich in die Diskussion einmischt: Von der Kanzlerin, die auch schon ihren Wahlkampftermin in einem Opel-Werk absolvierte bis zu Landespolitikern – gerade auch aus den Reihen der Union.

Die aufgeregte Diskussion hat trotzdem etwas von rasendem Stillstand: Darüber, was von Opel übrig bleibt, wird die deutsche Politik nicht entscheiden, sollte es bei den beiden aktuellen Optionen bleiben. Denn hinter der aufgebauschten Wahl zwischen Magna und Fiat verschwindet mehr und mehr eine dritte, wirklich andere Lösung aus der Diskussion: eine eigenständige Zukunft für die 25.000 Jobs, ein Bund-Länder-Pilotprojekt des ohnehin notwendigen Branchenumbaus. Dabei ist diese Alternative dringend geboten.

Der Automobilsektor steht vor einem tief greifenden Wandel. Ob in Zukunft überhaupt noch Fahrzeuge in der Bundesrepublik gebaut werden, lässt sich ebenso wenig sagen, wie es eine sichere Antwort darauf geben kann, auf Basis welcher Antriebstechnik und mit welchen Mobilitätskonzepten wir uns in ein paar Jahrzehnten bewegen werden. Über den Markt allein wird eine Kursänderung ohne spätere Reue aber nicht gelingen. Doch weder beim Wirtschaftsminister liegt ein Konzept für eine unabhängige Opel-Zukunft vor, noch bei den Sozialdemokraten, die zwar hin und wieder dafür plädieren, dass eine direkte Staatsbeteiligung nicht ausgeschlossen werden solle. Aber was die SPD mit dieser dann womöglich anfangen könnte, darüber erfährt man nichts.

Fiat und Magna sind Überlebende einer alten Struktur, die zu erhalten jetzt viel Steuergeld aufgewandt wird. Es ist wahr: Abermillionen Menschen weltweit warten noch auf ihr erstes Auto. Doch selbst wenn Marchionnes Annahme stimmt, dass man durch die Zusammenlegung von drei kranken Unternehmen einen gesunden Konzern schmieden kann, kann eine Zukunft für Opel nicht auf die Aussicht gebaut werden, diesen Wunsch zu erfüllen.

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