Grünes vergessen machen

Panzerdeal Unter der rot-grünen Bundesregierung ist Deutschland zum viertgrößten Rüstungsexporteur verkommen, Waffen gingen nach Saudi-Arabien. Eine Replik auf Volker Beck

„Erfolgsrezept der Grünen: Vergessen machen“. Unter dieser Überschrift habe ich einen Artikel über die Grünen verfasst, das war vor über einem Jahr. Jetzt schreibt Volker Beck, Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, über Rüstungsexporte und greift die schwarz-gelbe Bundesregierung an. Das bewegt mich dazu, meine Überschrift – um es „grün“ auszudrücken – zu recyceln.

Volker Beck schreibt, dass die Lieferung von 200 Leopard-Panzern an Saudi-Arabien „in keinem Widerspruch zur bundesdeutschen Außenpolitik unter Schwarz-Gelb“ stehe und hebt hervor, dass deren Koalitionsvertrag erstmals „das Wörtchen 'restriktiv' bei den Waffenexporten vermissen lässt.“ Was Beck verschweigt: Deutschland ist in der Regierungsverantwortung von SPD und Grünen zum weltweit viertgrößten Waffenexporteur aufgestiegen – oder besser gesagt: verkommen!

Das ging damals ganz ohne jene semantischen Spielchen, die Beck jetzt bei Union und FDP kritisiert. Ist die schwarz-gelbe Koalition nicht sogar ehrlicher? Schließlich verheimlicht sie nicht ihr wahres Ziel: Exportförderung um jeden Preis.

Rot-Grün belieferte Saudi-Arabien

Und Saudi-Arabien? 2001, 2003 und 2004 hat die rot-grüne Bundesregierung ebenfalls umfangreiche Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien genehmigt. Protest oder Widerstand aus grünen Regierungskreisen? Fehlanzeige!

Heute liegt Deutschland bei den Waffenexporten auf dem dritten Platz. Und Volker Beck verweist bei seiner Kritik an Schwarz-Gelb auf das Königreich Bahrain, wo die „Verstärkungstruppen aus dem Nachbarland Saudi-Arabien mitgeholfen haben, den demokratischen Protest blutig niederzuschlagen“. Vielleicht ja mit den Handfeuerwaffen, die Deutschland unter Zustimmung oder Stillschweigen der Grünen nach Saudi-Arabien geliefert hat.

Juristisches Aufblasen

Nun hat Volker Beck wegen des umstrittenen Panzerexports Strafanzeige gegen den Waffenhersteller Krauss-Maffei-Wegmann gestellt. „Es ist schon ein peinliches Demokratieverständnis, wenn eine Bundesregierung über solche Umwege gezwungen werden muss, wesentliche Elemente der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik der Öffentlichkeit zu erklären.“ Aber wer hat zu verantworten, dass über Rüstungsdeals nur hinter verschlossenen Türen gesprochen wird? Die politische Wirklichkeit hat Beck in Regierungsverantwortung geschaffen und in der Opposition verschlafen.

Wer sich solch eine unverschämte Doppelmoral leistet, dem bleibt nur noch, sich juristisch aufzublasen. Nichts gegen die Klage, nichts gegen mehr Transparenz bei Rüstungsgeschäften, im Gegenteil. Aber bitte nicht um den politischen Preis der Wählertäuschung!

Zumindest in einem Punkt bleibt sich Beck treu: Er wendet sich nicht grundsätzlich gegen Rüstungsexporte. Dadurch ergibt sich eine spannende Frage: Was bedeutet es, wenn Beck – wie die Überschrift seines Artikels verlautbart - selbst Transparenz als Waffe sieht?

Thorsten Hild war im Deutschen Bundestag Referent von Oskar Lafontaine, Sahra Wagenknecht (beide Linke) und Ottmar Schreiner (SPD). Er schreibt auf www.wirtschaftundgesellschaft.de.

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden