Prinzip Hoffnung

Fünf Gründe Warum der UN-Klimagipfel in Kopenhagen trotz aller Schwierigkeiten ein Erfolg werden muss

Einen Monat vor der Klimakonferenz in Kopenhagen herrscht das Prinzip Hoffnung. Zwar hat trotz aller Lippenbekenntnisse und trotz endloser Vorverhandlungen bisher fast keiner der beteiligten Staaten ein substanzielles Angebot für das Weltklimaabkommen auf den Tisch gelegt.

Einen unterschriftsreifen Vertrag erhofft sich von Kopenhagen ohnehin kaum jemand der Beteiligten mehr, höchstens „politisch verbindliche Ziele“ seien noch drin. Doch selbst dafür scheint die Wahrscheinlichkeit von Tag zu Tag zu sinken. Die Unterhändler klammern sich dennoch an das letzte Zipfelchen Zuversicht. „Wir arbeiten alle darauf hin, dass wir das für Kopenhagen zusammenkriegen“, sagt der EU-Klimaunterhändler Karl Falkenberg.

Stürme, Dürren, Krankheiten. Und dann kommt das Wasser

Es bleibt auch keine andere Wahl. Nach dem jüngsten Bericht des Weltklimarats von 2007 darf der Ausstoß von Kohlendioxid und anderen Klimagasen nur noch bis etwa 2015 steigen und muss dann rasch sinken. Die Industrieländer müssen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent unter den Wert von 1990 sinken – derzeit sind sie bei minus vier. Die neuen Wirtschaftsriesen wie China müssen bald nachziehen.

Geschieht dies nicht, wächst die gigantische Menge von derzeit rund 30 Milliarden Tonnen Kohlendioxid pro Jahr weiter – dem Planeten dürfte es egal sein, nur für die Menschen wird es katastrophal. Modelle rechnen mit bis zu 6,4 Grad plus bis 2100. Stürme, Überschwemmungen, Dürren, Verödung, Ernteausfälle, Ausbreitung von Krankheiten, Anstieg des Meeresspiegels – alles, was jetzt schon messbar ist, würde sich potenzieren.

Inzwischen sprechen Wissenschaftler über Horrorszenarien wie das Absterben des Amazonas-Regenwaldes oder das Tauen der Permafrostböden. Käme es dazu, würde der Klimawandel dramatisch beschleunigt, weil zusätzlich Milliarden Tonnen von Treibhausgasen freigesetzt würden.

Der Handlungsdruck auf die Unterhändler in Kopenhagen sollte also enorm sein – eigentlich. Aber unterhalb der Debatte über globale Schicksalsfragen ist noch jede Menge Raum für Geschachere. Wer bietet wie viel Verminderung der Treibhausgase? Dabei geht es um fast so hohe Milliardenbeträge wie bei den notwendigen Zusagen an die Entwicklungsländer, die Klimaschutz und Klimawandel auf keinen Fall allein bewältigen können.

Alle warten und fragen sich:Wer zahlt, wer sieht zu?

Bisher hat nur die EU-Kommission konkret etwas geboten, bis zu 15 Milliarden Euro im Jahr, allerdings kabbeln sich darüber noch die Mitgliedsstaaten. Die übrigen großen Spieler ducken sich hinter Worthülsen weg – nicht nur bei den Finanzen, sondern auch bei der Frage, wieviel Treibhausgase sie selbst einsparen wollen.

Die Minderungsziele, die Milliardentransfers, das Waldabkommen REDD – nichts ist abgearbeitet, nichts entschieden, alles miteinander verknüpft und ineinander verharkt. Warum sollte nach 22 Monaten Geplänkel seit der Klimakonferenz von Bali nun auf den letzten Metern bis Dezember noch der Durchbruch gelingen?

Verhandlungen, sagte EU-Unterhändler Falkenberg, verliefen nun mal „nicht linear“. Die Dynamik der Masse, die Macht der großen Worte, die Erschöpfung der letzten Nacht – so sollen auf die brodelnden Töpfe in dieser Großküche doch noch auf wundersame Weise die Deckel aufgestülpt werden. Nun ja. Prinzip Hoffnung eben.

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