Matthias Rheinheimer als LENZ

Performance Georg Büchners Text über die paranoide Schiziophrenie seines Kollegen Jakob Michael Reinhold Lenz

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Wenn ich das richtig recherchiert habe, hat die Performance Lenz (nach der Erzählung Georg Büchners) mindestens schon seit vier Jahren hie und da so "Bretter, die die Welt bedeuten" unter sich gespürt. Der Schauspieler Matthias Rheinheimer agiert als selbiger - und wie er das so macht, sieht ziemlich gut aus und klingt ebenso beeindruckend.

Eingebetteter Medieninhalt
Jetzt hat die kurzweilige Produktion (Regie: Lutz Lansemann) auch im Theater unterm Dach, wo sie schon einmal lief, erneut Station gemacht.

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"Der junge revolutionäre Dichter Lenz wird von Goethe und dem Weimarer Fürsten wegen einer angeblichen 'Eseley' ins Exil geschickt und durchwandert das Steintal im Elsaß. Lenz sucht – verarmt und in einer Existenzkrise – bei dem modernen Pfarrer und Sozialpionier Oberlin nach einer neuen Perspektive. Zwei Wochen später wird er aus Waldersbach unter Bewachung in einer Kutsche nach Straßburg gefahren. Fünfzig Jahre später fällt Georg Büchner der Tagebuchbericht Oberlins in die Hände, und er verarbeitet diesen zur Erzählung Lenz." (Quelle: theateruntermdach-berlin.de)

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Büchner, der ja selber Mediziner war, hatte sich also für Lenz' paranoide Schizophrenie interessiert und das in ca. 25 Buchseiten als Prosatext verarbeitet. Es liest sich sperrig und macht müde - hatte, nach Jahrzehnten, heute Vormittag einen Lektüreschub hiermit gewagt, ja und das durchzuhalten, fiel mir äußerst schwer und kostete mich Überwindung; war dann also umso neugieriger, wie das jetzt (mal wieder) auf der Bühne funktionieren würde:

Ja, und gut (wie eingangs schon erwähnt) hatte es funktioniert!

Lenz-Rheinheimer wirft sich total ins Zeug. Er mag den Text, das spürt man. Was beim Lesen halt aufgrund von tagesstimmungsmäßigem "Verfall" des Rezipienten fast verloren hätte gehen können, tut der Rezitator-Spieler kraft seines hochsuggestiven Durchhaltevermögens und der ehrlich mitfühlenden Innigkeit erinnern und zutage fördern, sozusagen für uns Zuschauende aufbewahren.

Nach den für ihn anstrengenden fast 90 Minuten Sprech- und Spieldauer: anhaltende Betroffenheit beim Publikum - und mir.

[Erstveröffentlicht auf KULTURA-EXTRA am 24.06.2017.]

LENZ (Theater unterm Dach, 23.06.2017)
Regie: Lutz Lansemann
Mit: Matthias Rheinheimer
Premiere war am 27. Oktober 2013.

http://www.theateruntermdach-berlin.de

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Geschrieben von

Andre Sokolowski

Andre Sokolowski ist Inhaber, Herausgeber und verantw. Redakteur von "KULTURA-EXTRA, das online-magazin"

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