Vladimir Malakhov und seine letzte Groß-Gala

Staatsballett Berlin MALAKHOV & FRIENDS - THE FINAL

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Vladimir Malakhov verlässt das Staatsballett Berlin zum Spielzeitende 2013/14. Zehn Jahre war er dessen Intendant.

2002 band ihn bereits die Staatsoper Unter den Linden an sich; hier begann er, als hauseigener Ballettdirektor/Erster Solotänzer, seinen hauptstädtischen Lebensabschnitt aufzubauen; und man wollte sich selbstredend mit ihm schmücken - Malakhov war längst, nicht erst seit dieser Zeit, ein weltberühmter Mann. Dass das Ballett (als Sparte) oft wie'n fünftes Rad am Wagen eines Opernhauses klappert, hätte Daniel Barenboim, der damals künstlerische Leiter "seines" Tempels, dem hinzugereisten Startänzer der Fairness halber ruhig verraten können; jedenfalls kam es dem wohl nicht minder weltberühmten Hausherrn gar nicht mal so ungelegen, als - mit Gründung der Berliner Opernstiftung - das Ballett der Deutschen Staatsoper Berlin vom Stammhaus abgekoppelt und mit den zwei anderen Ballett- und Tanztruppen (der Deutschen Oper und der Komischen Oper) zum Staatsballett Berlin verschmolzen und sonach "verkleinert" worden war... Schnell einigte man sich senatsmäßig auf Malakhov als Galionsfigur der neuen Großinstitution der Hauptstadt. Malakhov sollte es also, schon von seinem Namen her, nach außen richten!

Heute konstatieren wir: Er hat es gut gewollt und - eigentlich ganz gut gemacht.

Nacho Duato (57), der den Vorgänger noch diesen Herbst als Intendant beerbt, wird ein potentes und v.a. "klassisch" ausgerichtetes Ballettensemble vorfinden. Nun müsste er nur noch dessen Konzept und Perspektive definieren (oder neu erfinden), um der Truppe - was dem Malakhov die letzten Jahre leider nicht/nicht mehr gelang - so eine Art von zeitgemäßem Daseinsgrund, v.a. programmatisch, zu verpassen. Denn so "klassisch" wie bisher kann/darf es mit dem Staatsballett Berlin, was dieses ziemlich Einseitige anbelangt, nicht weitergehen! [MASSE, das 2013 im berühmt-berüchtigten Berliner Berghain stattgefunden hatte, sollte keinesfalls als einmaliger Aufbruchs-Ausrutscher missdeutbar sein.]

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Die letzte Ausgabe der Gala MALAKHOV & FRIENDS belegte einmal mehr jenes auf herkömmliche "Klassik" hingetrimmte Grundkonzept des Künstlerintendanten; immer wieder lud er sich zu dem Behuf (seiner alljährlich stattfindenden Gala) Weltstars resp. Weltstarpaare internationaler Häuser ein, dass sie dann aus den altbewährten Les Sylphides oder Schwanensee oder aus Don Quixote oder aus Spartacus ihre bekannten und beliebten Solo-/Paarauftritte nach und nach ableisteten; selbstredend war ihnen der aufflammende Beifall einer großen Fan-Gemeinde, die in Abordnungen zu den jeweiligen Galas von weit her hinzugereist war, sicher. Und es sah und sieht ja auch dann immer wieder schön und edel aus; "klassisch" Getanztes - nein, dagegen wäre nichts zu sagen!

Mit Starchoreograf Sidi Larbi Cherkaoui wollte Vladimir Malakhov letztendlich noch ein (allerletztes) "neues" Zeichen setzen; Icarus hieß das für ihn choreografierte kurze Uraufführungsstück - kaum fünf Minuten Dauer und von einer merkwürdigen inhaltlichen als wie tänzerischen Unerheblichlichkeit, dass man schier aus dem Staunen nicht mehr rauskam...

Höhepunkt des Abends zweifelsohne die von Hans van Manen choreografisch erdachte Szene von The Old Man And Me, in der man Augenzeuge einer menschlich-anrührenden und ironisch-aufmunternden Begegnung eines alten Mannes mit einer jungen Frau wurde; Beatrice Knop sorgte aufs Sinnlich-Leidenschaftliche dafür, dass ihrem Partner mehr als warm und wohlig war.

Einhelliger und großer Jubel nach der dreistündigen Nummern-Gala.

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Vladimir Malakhov verabschiedet sich vom Berliner Publikum definitiv als Caravaggio am 13. Juni 2014 und als Tschaikowsky am 14. Juni 2014 - beide Male in der Staatsoper im Schiller Theater.

[Erstveröffentlichung von Andre Sokolowski am 22.01.2014 auf KULTURA-EXTRA]

http://vg06.met.vgwort.de/na/a9795a28dd7f4e1cabdb8602d487c45b

MALAKHOV & FRIENDS (Deutsche Oper Berlin, 21.01.2014)
Es tanzen: Vladimir Malakhov sowie Julie Kent und Sascha Radetsky (American Ballet Theatre), Lucia Lacarra und Marlon Dino (Bayerisches Staatsballett), Matthew Golding (Royal Ballet London), Mizuka Ueno und Mika Yoshioka (Tokyo Ballet), Irina Perren und Marat Shemiunov (Mikhailovsky Theater St. Petersburg) als auch Erste Solisten und Solisten des Staatsballetts Berlin
Orchester der Deutschen Oper Berlin
Dirigent: Robert Reimer
Premiere war am 21. Januar 2014
Weitere Termine: 23., 24. + 27. 1. | 27., 28. + 31. 3. 2014

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Geschrieben von

Andre Sokolowski

Andre Sokolowski ist Inhaber, Herausgeber und verantw. Redakteur von "KULTURA-EXTRA, das online-magazin"

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