Lust am Blockieren

FDP und Menschenrechte Wenn es den Freien Demokraten beliebt, wird auf die Verteidigung Europas und der Menschenrechte gepocht - doch sonst treten Strack-Zimmermann & Co mit Rücksicht auf ihre Klientel und vermeintlich schwierige Rechtslagen gern auf die Bremse

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Die mehr oder weniger satirehaft als Eurofighterin von ihrer FDP gefeierte vermeintliche Vorkämpferin für das Gute in der Welt, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, liebt offenbar politische Zweischneidigkeiten. Während sie sich im Verhältnis zur Ukraine im Sinne grenzübergreifender Menschlichkeit als untadelige Rüstungshelferin geriert, scheint sie in Sachen Schutz der Menschenrechte freilich nicht so wahnsinnig stringent. Was das geplante EU-Lieferkettengesetz betrifft, wirft sie SPD und Grünen, die die Blockade Deutschlands, hervorgerufen durch das No der FDP, nicht so einfach durchgehen lassen wollen, Fairness-Mangel vor. Die Koalitionspartner, so Strack-Zimmermann, würden die Realitäten verkennen. Was die der FDP betrifft, stimmt das.

Hintergrund ist, dass durch das EU-Lieferkettengesetz deutlich mehr Unternehmen von der Pflicht, internationale Standards bei Umwelt und Menschenrechten einzuhalten, betroffen wären, als dies zur Zeit in Deutschland der Fall ist. Eigentlich, so sollte man meinen, ein Fortschritt in die Einsicht, dass die Wirtschaft noch immer versucht, sich um die Folgschaft eigentlich selbstverständlicher Prinzipien herumzumogeln. Doch Bürokratieaufwand und komplexe Vorgaben lassen es aus FDP-Sicht nicht zu, vor allem auch weniger große Unternehmen an die Leine zu nehmen. Will heißen, wo die Ur-Klientel der Freien Demokraten betroffen ist, erschöpft sich die Lust der Partei, sich um Umwelt und – vor allem – Menschenrechte zu kümmern.

Verantwortung für Gesetze und Richtlinien, auch solche der EU, die in Deutschland umgesetzt werden müssen, trägt Bundesjustizminister Marco Buschmann, Parteifreund von Strack-Zimmermann. Er hat in einem weiteren Fall deutlich gemacht, wie wenig weit die FDP in Sachen Menschenrechte zu gehen bereit ist. Was nämlich die Richtlinie der EU zum Schutz vor Gewalt anlangt, konnte nur eine weniger strikte Fassung durchgewunken werden. Zwar enthält die Richtlinie Instrumente, mit denen sich Frauen etwa gegen häusliche Gewalt wehren können. Dass alles abseits eines Ja strafrechtlich als Vergewaltigung verfolgt werden soll, also nicht einvernehmlicher Sex als Vergewaltigung eingestuft wird, scheiterte – auch an FDP-Minister Buschmann.

Irgendwie, so scheint es, hat die FDP noch erhebliche Probleme, wenn es um Menschenrechte geht. Ausgerechnet die Partei, deren Altvordere ehedem als Pfeiler im Kampf für Rechtsstaatlichkeit, wozu Menschenrechte unbedingt gehören sollten, galten. Wenn es um die Verteidigung der Menschenrechte in der Ukraine, also weitab von Deutschland, geht, können sich Liberale wie Frau Strack-Zimmermann gar nicht weit genug aus dem Fenster hängen. Sobald freilich deutsche Interessen im engeren Sinne berührt werden, lugt die bewährte Klientel-Haltung hervor (Lieferkettengesetz) oder Dinge werden in Brüderl(e)ischer Gelassenheit (man erinnere sich an die Einlassungen des Ex-Fraktionschefs der FDP zu Sexismus-Vorwürfen) abgewehrt.

Was sich an diesen Beispielen ablesen lässt, ist, dass Frau Strack-Zimmermann und ihre Parteifreunde mitnichten in die Abteilung Eurofighter gehören. Ihr Einsatz für weitreichende und in jeder Hinsicht konsequente europäische Standards erschöpft sich im Zweifel schnell. Sie selbst sehen darin besondere Umsicht – und sei es im Interesse der deutschen Wirtschaft, die derzeit arg gebeutelt ist. Oder sie schieben, wie in Sachen Vergewaltigung, schwierige Rechtslagen vor. Am Ende freilich werden im Lager der Liberalen Menschlichkeit und Menschenrechte (auch die der Frauen) mit vielerlei Maß gemessen. Verlass ist jedenfalls auf das Menschenbild der FDP nicht wirklich. Die Bilder wackeln je nach der ein oder anderen Windrichtung.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Andreas Mijic

think-tank aus hamburg & bale (Istrien)

Andreas Mijic

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