Spionage à la Carte

Wirbel um AfD Spionage für und Geld aus Russland und China - die national-patriotische deutsche Rechte verwickelt sich in Widersprüche. Ihre Politik stinkt zum Himmel. Wobei es bei Allem nicht nur um Spezialitäten rechts der bürgerlichen Parteien geht.

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Dass sich die AfD quasi von China (aktuell) und Russland (Evergreen) sponsern lässt, ist ein bitterer Treppenwitz. Diese neofaschistische Partei, die die Deutschtümelei, würde sie es nicht schon seit Jahrzehnten im rechten Lager geben, erfunden hat, macht gemeinsame Sache mit Moskau und Peking. Das bringt quasi erschreckenden Schwung in die Debatte um eine, wenn überhaupt, irgendwo irgendwie vorhanden, Rechtschaffenheit der Partei. Dass das bürgerliche Lager (inklusive der Grünen, die ich langsam für eine Partei ad absurdum halte ) nun aber davon spricht, dass sich die AfD Diktatoren an den Hals werfe, das ist nun wirklich, gelinde gesagt, krude komisch.

Ausgerechnet die Parteien, die, wann immer in Regierungsverantwortung, nichts Besseres zu tun hatten, als Diktatoren und üblen Autokraten in den Hintern zu kriechen – im Kreml, China, der Türkei, Katar (Habeck lässt grüßen) – gerieren sich nun als Statthalter einer integeren Haltung gegenüber untragbarer Regimen. Da muss einem, wenn man nur halbwegs die Augen und Ohren offen hat, das Lachen im Gesicht gefrieren. Mag sein, dass Spionage auch in Zeiten digitaler Einfallstore einen thrillerhaft verbrecherischen Beigeschmacks hat. Mittlerweile freilich ist Spionage eher retro. Ganze Wirtschaftszweige etwa in Europa sind längst feindbestimmt und entsprechend unterminiert.

Den Chinesen, Russen etc wurden in den vergangenen Jahrzehnten die Türen aufgemacht, wie es sonst nur verwirrte Haushalte gegenüber Staubsauger-Vertretern tun. Der AfD üble Spionage vorzuhalten, während man selbst mit Diktatoren Tupper-Parties veranstaltet, ist – Neonazis hin, Neonazis her – dermaßen verlogen, dass den Protagonisten der Anklage die Backen vor Gesichtsröte platzen müssten. Es gibt ausreichend Gründe, die AfD zur Hölle zu wünschen und entsprechend Front gegen rechts zu machen (was Abertausende schon getan haben). Jetzt mit der Spionagenummer zu kommen, ist selbst vor dem Hintergrund, dass sie wahr ist, Billigware.

"Agenten" im Auftrag Russlands, Chinas, Katars sitzen reihenweise in europäischen Kabinetten und Fraktionen. Sie setzen sich für einen Kurs des Wohlwollens gegenüber ökonomischen Kraken aus mehr als umstrittenen Staaten ein. Sie flechten Netzwerke, gegen die die der AfD harmlose Stickereien sind. Netzwerke, die zur Folge haben, dass Staaten wie China, wollten sie, Länder des Westens im Stundentakt an die Schwelle der Insolvenz treiben könnten. Es geht nicht darum, an dieser Stelle rechte Parteien und ihr widerliches Personal in Schutz zu nehmen. Es geht darum, zu zeigen, wie anfällig man sich selbst längst gemacht hat, ganz ohne klassische Spionage, ohne rechts zu stehen.

Die Fragwürdigkeiten im Zusammenhang mit diktatorischen oder autokratischen Regierungen in der Welt nehmen zu, nicht ab. Es wird von eigenen Fehlern und Versäumnissen abgelenkt, in dem man anderen unlautere Feindberührung vorwirft. Sie ist unlauter. Aber nicht unlauterer, als die Kette eigener Feindberührungen, die an der einen Stelle reißen, um sie an anderer Stelle umso fleißiger zu pflegen. Gäbe es so etwas wie politische Inventur, die Habenseite würde auch Dank solcherVolten nicht sonderlich belastbar sein. Es wird Zeit, in dieser Richtung mal ehrlich und integer Kasse zu machen, unabhängig von aktuellen Spionagefällen und politischen Lagern.

Es braucht keine Spionage, um dem Affen, ob im Kreml oder sonstwo, Futter zu geben. Das ist der Grund, warum die Ukraine aktuell eher mit dem Rücken zur Wand steht. Und das ist der Grund, weshalb Israel mit Blick auf den Iran ernsthafter denn je um seine Existenz fürchten muss. Gestern noch hat der Westen mit Putin hofierend an einem Tisch gesessen. Gestern noch hat der Westen geglaubt, das Mullah-Regime mit erhobenem Zeigefinder zur Räson bringen zu können. In Moskau und Teheran hat man sich freilich schlapp gelacht über so viel Naivität. Ob Union, SPD, Grüne: Hinsichtlich der eigenen Rolle regiert seit jeher finstere politische Comedy.

Zur Beschädigung politischer Handlungsspielräume und des eigenen guten Rufs bedarf es längst keiner feindlichen gewieften Spionage mehr. Sie ist allenfalls ein i-Tüpfelchen auf das Aufstoßen breiter Einfallstore, die man selbst geöffnet hat. Es bedarf nicht mehr des ausgeklügelten Blicks hinter Kulissen, die deutschen Sparring Partner sind von sich aus hilfreich und durchsichtig, wie es sich Spione aller Couleur nur wünschen können. Und wo noch was herauszufinden ist, was für andere wichtig sein könnte, tun interne Kräfte das ihre (Stichwort Whistleblower). Manchmal zum Segen der Öffentlichkeit (und fremder Auskundschafter), alles digital aus dem Homeoffice.

Wenn jetzt Geld etwa aus China oder Russland Richtung AfD oder sonstige rechte Kameraden und Bewegungen fließt (und/oder Informationen retour), so enthüllt das den Widerspruch zwischen nationalistischem deutschem Patriotismus-Versprechen und Realität. Aber da gab und gibt es auch andere politische Akteure, die in Gräben von Anspruch und Wirklichkeit versunken sind. Und auch in diesen Fällen taten sich Parteien mit Konsequenzen aus dem, so der Vorwurf, Landesverrat, schwer. Der Landesverrat freilich wiegt bei rechter Deutschlandtreue politisch schwerer, aber in der Sache ist Landesverrat nicht wirklich eine Spezialität rechtsnationaler Protagonisten.

Fazit: Es ist an der Zeit, das Fatale an Einblicken in die eigenen Bücher inklusive der Auslieferung an feindliche Staaten ins Verhältnis zu setzen. Zu einer Politik, die sich feindlichen Staaten ohnehin gern freiwillig ausliefert, wo Geldflüsse (respektive Handelsbeziehungen) ganz legal eine Form von Verrat am eigenen Land, der Demokratie, dem Rechtsstaat etc. implizieren. Indem man sich abhängig macht oder politische Deals gegen vielfältige pekuniäre Vorteile verabredet werden. Man kann die AfD an ihren ideologisch üblen Wurzeln packen; aber nicht mit dem Instrument der Scheinheiligkeit. Da gibt es weiß Gott längst schärfere Waffen, die das rechte Lager zu Fall bringen können.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Andreas Mijic

think-tank aus hamburg & bale (Istrien)

Andreas Mijic

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