Es geht auch ohne

Atomenergie Nur noch drei von 54 japanischen Reaktoren sind am Netz

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Es brauchte die schlimme Katastrophe von Fukushima um nicht nur zu belegen, wie gefährlich auch die so genannte „friedliche Nutzung" der Atomenergie ist, sondern auch, wie wenig wir diese wirklich brauchen: Nachdem die Chugoku Electric Power Co. am Freitag ihren 820-Megawatt-Reaktor Nr. 2 im Kernkraftwerk Shimane in Westjapan für Wartungsarbeiten heruntergefahren hat, sind noch ganze drei von 54 Kernkraftwerken am Netz. Und es gibt keine Hinweise darauf, dass das Licht ausgegangen und die industrielle Produktion zusammengebrochen ist. Im Mai sollen sogar allesamt vorläufig keinen Strom mehr liefern.

Nach dem schweren nuklearen Unfall vor knapp einem Jahr werden derzeit die meisten japanischen Kernkraftwerke einem Stresstest unterzogen. Deren Wirksamkeit wurden allerdings von Nuklearexperten bereits in Frage gestellt, wie u.a. der Guardian berichtete. Trotzdem werden wahrscheinlich nicht alle wieder ans Netz gehen. Anfang Januar hatte die japanische Regierung ein Gesetz angekündigt, was die Laufzeit der Reaktoren auf 40 Jahre begrenzt. Das würde in der nächsten Dekade 13 Reaktoren betreffen, die vor 1982 gebaut worden sind. Allerdings wurden kurz danach bereits mögliche Schlupflöcher bekannt: Wenn sie die Kontrollen bestehen, könnte eine Laufzeitverlängerung von weiteren 20 Jahren beantragt werden. So wäre Japan erst 2069 atomkraftfrei, selbst wenn das staatliche Bekenntnis bleibt, dass aufgrund der derzeitigen Unpopularität von Kernkraftwerken keine neuen mehr gebaut werden dürfen. Vor Fukushima waren noch mindestens 14 weitere geplant und 53 Prozent der Energie des Landes sollte aus Atomkraft kommen.

Im März 2014 sollen die Dekontaminierungsarbeiten in Fukushima, in die inzwischen auch die Yakuza involviert ist, beendet sein. Allerdings herrscht in Japan bei einigen Verantwortlichen noch immer die Vorstellung, man könne Radioaktivität einfach „wegputzen“. So wurde kontaminiertes Material aus Fukushima z. T. in normalen Müllkippen entsorgt. Derweil warnte der Strahlenexperte Edmund Lengfelder weiter vor den Langzeitfolgen und bescheinigte den Japanern ein deutlich schlechteres Krisenmanagement als den Russen nach Tschernobyl. Es sei u.a. zu spät und zu wenig evakuiert worden. Dabei drohen dem Land schon wieder neue Katastrophen: Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass das erwartete große Erdbeben in der Bucht vor Tokio demnächst passiert, deutlich höher ist als bisher erwartet. Nach neuesten Berechnungen wird es das riesige Ballungsgebiet mit 75 Prozent in den nächsten vier Jahren treffen. Der Zivilschutz lässt derzeit Testpersonen probehalber im Tokioter Hauptbahnhof übernachten.

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Popkontext

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