„Die Dinge müssen was können!“, heißt es an einer Stelle in diesem Dokumentarfilm, der sich geradezu schwelgerisch 99 Minuten lang durch Regale und Lager voller Sachen hindurchbewegt. Da stehen Sofas, Stühle und Tische herum wie in einem Trödelladen. Dann wieder gibt es Regalreihen voller Schreibmaschinen, von denen man kaum mehr glauben mag, dass sie noch in den 1990er Jahren die Amtsstuben dieser Welt dominierten. Und Telefone, viele verschiedene Telefone. Wie billig heute die knallbunten Modelle in Orange wirken, die mit der Liberalisierung des Telekommunikationsmarkts aufkamen und jenes graue Standardteil ablösten, dessen Drehscheiben-Design das Nonplusultra der 60er und 70er Jahre war! Und da merkt man es auch schon an den eigenen Assoziatione
onen: Die Dinge können was.Das Regieduo Susanne Weirich und Robert Bramkamp widmet sich in Die Ausstattung der Welt dem Thema Requisitenfundus. Wo finden die Requisiteure und Ausstatter von Filmen wie Leander Haußmanns Sonnenallee oder Serien wie Tatort und Großstadtrevier all die Sachen, die ein Setting so braucht? Die Kaffeetassen, aus denen in der DDR kurz vor der Wende getrunken wird? Die Glaskaraffe, aus der sich die Kommissarin einen Schluck genehmigt? Drei Sammlungsorte dieser Art stellt der Film vor: den Fundus Studio Babelsberg, den delikatessen Requisiten Fundus Berlin und das FTA Props in Hamburg. In allen drei dieser Institutionen kann man sich in der Schwemme der Dinge fast verlieren. Einer Wegschmeißerin wie Marie Kondo müsste die Arbeit hier wie ein Albtraum erscheinen. Denn hier geht es ums Gegenteil: ums Aufbewahren.Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die Weireich/Bramkamp hier in ihrem jeweiligen Element filmen, sind Experten ihrer „Materie“. Wenn man die Einzelnen über die rechtsfreien Imitationen von Öl-gemälden oder den Unterschied von Ofenrost, Feuerross oder Kaminhund sprechen hört, begreift man, dass kein Katalog ein solches Wissen ersetzen kann.Langer Weg zu DigitalisierungDenn die Dinge, sie lassen sich zwar abfotografieren und beschreiben – Bürostuhl, grau, DDR, 80er Jahre –, aber um sie richtig zu platzieren, ihre Aussagekraft gut einzusetzen, sodass der Schauspieler, die Schauspielerin damit arbeiten kann, dafür braucht es Gespür. An der Digitalisierung des Fundus wird hart gearbeitet, aber bis all die Plastikblumen, Kannen, Spielzeuge und Uhren fotografiert und erfasst sind, wird es wohl noch eine Weile dauern. „Wie viel habt ihr geschafft?“, fragt Bramkamp einmal von hinter der Kamera. „Nun, sagen wir, wir sind weitergekommen“, lautet die amüsiert-resignative Antwort.Um ihren Film nicht zum schwärmerisch-nostalgischen Ausflug in Kuriositätenkabinette werden zu lassen, ziehen Weirich und Bramkamp eine semifiktionale Ebene ein: Die Schauspielerin und BiPOC-Aktivistin Thelma Buabeng schlüpft in die Rolle einer Doktorandin der Postcolonial Studies, die im Fundus nach „afrikanischen“ Gegenständen sucht. Die Fiktion geht nicht so weit, dass das Thema der Doktorarbeit, die hier entstehen soll, ausformuliert wird oder irgendeine andere Eigenschaft der Protagonistin jenseits der Tatsache, schwarz zu sein, zur Geltung kommt. Aber was Buabeng anhand einzelner Fundstücke einwirft, ist interessant genug, um über die Unausgegorenheit dieses Regieeinfalls hinwegzukommen. Da sind zum einen die „M“-Gegenstände, jene Lampen, Schokolade-Spender oder Spardosen, in denen oft eine Gestalt schwarzer Hautfarbe mit überzeichnet breiten Lippen genau jene Sklaven-Funktion ausübt, die zur Geisteswelt des Kolonialismus gehört.Die Dinge, die Buabeng findet, sind meistens eben gerade nicht „afrikanisch“ im eigentlichen Sinn, sondern repräsentieren Vorstellungen darüber, was man als „afrikanisch“ empfand. Eine kuriose Karriere erlebt die Darstellung der „African woman with a clock“, die ursprünglich eine Hintergrundfigur auf dem Porträt einer weißen italienischen Adeligen war, aber nun bereinigt vom Kontext als zentrales Motiv auf verschiedenen nachgemachten Ölgemälden firmiert. Warum das so ist, damit beschäftigt sich der Film nicht wirklich – der Vorteil der Ausstatter und ihrer Welt: Man bringt die Äußerlichkeiten zum Sprechen. Für deren Aussage sind andere verantwortlich.Eingebetteter MedieninhaltPlaceholder infobox-1