Nach der Fusion von Entwicklungshilfeinstituten unter Rot-Grün hält auch Schwarz-Rot Innovationen auf diesem Gebiet für unumgänglich. Dazu liegt ein Gutachten der Wirtschaftsprüfer von PriceWaterhouseCoopers (PWC) vor, über das der Bundestagsausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung derzeit berät. Anfang 2007 soll entschieden werden.
Entwicklungszusammenarbeit ist ein dynamischer Prozess. Veränderte Bedingungen bei den Partnerländern und ein moderater, aber spürbarer Kurswechsel auf Seiten der Geber haben Konsequenzen für die Förderinstitutionen. Diese Erfahrungen müssen derzeit die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) sowie die KfW-Entwicklungsbank machen. Bei der GTZ handelt es sich um eine GmbH im alleinigen Besitz des Bundes, die sich vor allem über ihre Fachleute um Entwicklungszusammenarbeit bemüht. Die ebenfalls bundeseigene KfW-Entwicklungsbank gehört zur Bankengruppe der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und finanziert kapitalintensive Projekte vorzugsweise der Infrastruktur.
Zuletzt haben sich die Grenzen zwischen technischer und finanzieller Kooperation jedoch verschoben, da es vielfach nicht mehr um Einzelprojekte, sondern um komplexe Vorhaben in den Partnerländern geht. Die KfW hat damit begonnen, eigene Experten mit den von ihr unterstützten Projekten zu befassen. Mit dem Übergang von Einzelprojekten zur direkten Budgethilfe - also der Einspeisung von Mitteln der Geber in die Haushalte der Partnerländer - verändert sich auch die Rolle der GTZ.
Die rot-grüne Koalition hatte bereits mit einem Umbau der Entwicklungshilfe begonnen, indem sie die Fusion der Deutschen Stiftung für internationale Entwicklung (DSE) und der Carl-Duisburg-Gesellschaft (CDG) zur neuen Gesellschaft InWent anordnete und die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) in die KfW-Entwicklungsbank eingliederte - nur reicht diese Flurbereinigung aus Sicht der schwarz-roten Nachfolger nicht aus. Deshalb wurde im Frühjahr die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC beauftragt, eine "Reorganisation der Durchführungsstruktur" zu prüfen, "um das Potenzial von Verbesserungen" auszuschöpfen. Nach Auffassung der zuständigen Ministerin Wieczorek-Zeul (SPD) soll es künftig für die Klienten vor Ort nur noch einen deutschen Partner geben, da man ansonsten Nachteile gegenüber anderen Geberländern hinnehmen müsse. "Ein Ansprechpartner, bessere Sichtbarkeit, höhere Effizienz - darum geht es."
Im Juli legten die Prüfer von PWC sieben Vorschläge auf den Tisch, die seither für Aufregung in der Entwicklungshilfeszene sorgen und derzeit den zuständigen Bundestagsausschuss beschäftigen. Bis Februar 2007 soll - so Wieczorek-Zeul - ein Grundsatzbeschluss getroffen sein. Wie der aussehen könnte, ist noch offen. Vieles deutet auf eine Fusion von GTZ und KfW-Entwicklungsbank in irgendeiner Form. Vorrangig bei der GTZ sind die Widerstände dagegen erheblich und werden die Vorteile der bisherigen Praxis betont. In der Regel würden sich technische und finanzielle Kooperation bestens ergänzen, meint Wolfgang Schmitt, einer der zwei GTZ-Geschäftsführer im GTZ-Mitarbeitermagazin. Gerade längerfristige Beratungsleistungen wie sie die GTZ anbiete, würden verstärkt nachgefragt, unabhängig von der finanziellen Zusammenarbeit. Freilich gäbe es Potenziale, die GTZ und KfW besser gemeinsam nutzen könnten, Bürogemeinschaften in den "Deutschen Häusern" etwa. Sein Geschäftsführerkollege Bernd Eisenblatter geht noch weiter und moniert, die PWC-Studie gebe auf gravierende Fragen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit keine Antwort - was auch Thilo Hoppe (Grüne), Vorsitzender des Entwicklungshilfeausschusses im Bundestag, kritisiert. Statt sich nur auf die Zusammenlegung von GTZ und KfW-Entwicklungsbank zu stürzen, hätte die Effizienz auf allen Ebenen der Entwicklungshilfe hinterfragt werden müssen.
Ob diese Einwände eine Fusion noch verhindern können, erscheint fraglich. Für Heidemarie Wieczorek-Zeul führt an der Zusammenführung von GTZ und KfW-Entwicklungsbank kein Weg vorbei, auch wenn noch keines der PWC-Modelle präferiert werde, wie es heißt. "Es gibt praktisch kein Land auf der Welt, das mit mehreren Organisationen auftritt."
Unerwarteten Beistand findet die Ministerin bei einem Urgestein deutscher Entwicklungshilfe - der emeritierte Duisburger Professor Franz Nuscheler plädiert in einem Aufsatz für das Entwicklungsmagazin eins für die Bildung einer "German Development Agency" aus GTZ und KfW-Entwicklungsbank. Seine Präferenz liegt daher beim "Modell 1" der PWC. Dies würde auf eine eigenständige Agentur hinauslaufen, um GTZ und KfW-Entwicklungsbank unter einem Dach zu vereinigen. Letztere müsste dazu aus der KfW-Bankengruppe herausgelöst werden. Im Aufsichtsrat würde das zuständige Bundesministerium den Vorsitz führen und für seinen Haushalt neben den bisherigen Ressourcen noch die bislang bei Finanzminister Steinbrück verankerten Haushaltsmittel für die finanzielle Zusammenarbeit erhalten.
Die Gründe für Nuschelers Option liegen nicht in abstrakten Neuordnungshoffnungen - er will die politische Rolle des BMZ stärken. Für "Modell 1" spreche, so Nuscheler, dass die GTZ gegenüber der KfW-Entwicklungsbank "nicht untergebuttert" würde, sondern gleichberechtigt in die Fusion gehen könne. Außerdem würde das Ministerium das Steuer in der Hand behalten - Entwicklungshilfe "aus einem Guss" wäre ermöglicht. Es sei nur eine optische Frage, ob diese Domäne von einer Bank oder einer staatlichen, wenn auch privatrechtlich verfassten Institution durchgeführt werde.
Für den Wirtschaftsexperten Jörg Goldberg indes ist eine Fusion von GTZ und KfW-Entwicklungsbank nur eine Randfrage, ihn beschäftigt Grundsätzlicheres, nämlich die künftige Ausrichtung deutscher EZ-Mittel. Er bemängelt, dass die bisher als Direktleistung erbrachte technische Zusammenarbeit künftig nicht mehr der Normalfall, sondern die Ausnahme sein werde. "Damit würde sich die bundesdeutsche EZ ihres wichtigsten komparativen Vorteils berauben: dem in den Organisationen der personellen und technischen Zusammenarbeit verankerten Erfahrungsschatz der Berater und Experten vor Ort."
(*) Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Der Autor ist selbstständiger Consultant in der Entwicklungszusammenarbeit.
Entwicklungshilfe ausgewählter OECD-Länder (2005)
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Quelle: OECD / NZZ
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