Klarsfeld bringt die Linke wieder in die Offensive

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Von einem Showdown zu sprechen, ist sicherlich übertrieben. Und doch wird es am 18. März in der Bundesversammlung zu einer interessanten Konstellation kommen. Der Kandidat der Regierungsparteien, unterstützt von der SPD und den Grünen, Joachim Gauck, wird gegen die Kandidatin der Linkspartei antreten, die immerhin etwa 10% der Vertreter in der Bundesversammlung stellt.

Gauck, der selbsternannte Stasi-Aufklärer, der ehemalige Bürgerrechtler, dessen Reputation sich aus Verdiensten der Vergangenheit erklärt, gegen Klarsfeld.

Beate Klarsfeld hat einen Ruf als Jägerin von Altnazis. Unvergessen bleibt ihre Ohrfeige, die sie Kiesinger verpasste, weil dieser NSDAP-Mitglied war. Unerschrocken forderte sie die Verurteilung von ehemaligen Nazi-Verbrechern. Dass Klaus Barbie vor Gericht gestellt und verurteilt wurde, ist massgeblich ihr Verdienst.

Was wiegt heute schwerer, oder anders gefragt, was ist heute aktueller? Ist es die Aufarbeitung einer Vergangenheit, die mehr als 20 Jahre zurück liegt, oder ist es die Gegenwart, die von Nazimorden bestimmt wird, die von Seiten deutscher Sicherheitsbehörden 10 Jahre lang nicht aufgeklärt, verhindert und vielleicht sogar indirekt gedeckt wurden. Die Antwort auf diese Frage ist einfach.

Und doch kommt die Nominierung von Klarsfeld zu spät.Ein Zeichen wäre es gewesen, sie am Tag der Gedenkfeier in Berlin zu nominieren, als klares Statement der Linken gegen den Naziterror, aber auch, um damit deutlich zu machen, dass sie politisch in der Offensive ist. Diese Gelegenheit hat die Linkspartei verpasst.

Dass Klarsfeld gegen die Mehrheit in der Bundesversammlung keine Chance hat, ist klar. Und doch ist es wichtig, dass die Linke, wenn auch verspätet, Handlungsfähigkeit demonstriert. Und dass sie klar zeigt, dass sie in der Gegenwart agiert.

Das rückwärts Gewandte der anderen Bundestagsparteien, die mit Gauck einen Kandidaten nominiert haben, der kein Gespür für die aktuellen Herausforderungen der Zeit besitzt, wird Deutschland nicht weiter bringen. Es zementiert nur die politische Stagnation, die wir immer wieder erleben.

Das ist das eigentliche Signal der Linken, und so müssen sie weiter agieren.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

rolf netzmann

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rolf netzmann

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