Was hätte McCain anders gemacht?

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Obamas Demokraten haben eine schwere Niederlage erlitten, ohne Frage. Nur stellt sich für mich eine Frage bei der gesamten Nachwahlbetrachtung.Was hätte ein Präsident McCain anders gemacht? Wie wären die letzten 2 Jahre in den USA verlaufen, wenn ein Republikaner im Weißen Haus gesesen hätte?

In der Innenpolitik...

hätte McCain die Wirtschafts - und Finanzkrise ebenfalls im ersten Jahr seiner Amtszeit getroffen. Auch er hätte, um einen Zusammenbruch der US-Wirtschaft zu verhindern, ein milliardenschweres Konjunkturprogramm auflegen müssen. Auch er hätte die systemrelevanten Banken mit Finanzspritzen retten müssen, ebenso wie Giganten der US-Autoindustrie wie GM. Das Geheul der GOP und der Tea Party ist also bloße Demagogie.
Eine Gesundheitsreform wie Obama sie vorgelegt hat, wäre allerdings von McCain nie gekommen. Nun war diese Gesundheitsreform der Zankapfel schlechthin zwischen Demokraten und Republikanern, greift sie doch tief in die tradierten amerikanischen Vorstellungen des " american way of life " ein. Dass jetzt erstmals 30 Millionen Amerikaner in den Genuß einer Gesundheitsfürsorge kommen sollen, wenn diese Reform so Realität wird, ist ein Verdient Obamas, der allerdings in der amerikanischen Öffentlichkeit so nicht wahrgenommen wird.
In der Finanzpolitik kann man nur spekulieren.Die Stärkung der Börsenaufsicht wie der Bankenaufsicht, als Konsequenz aus der weltweiten Krise gezogen, wäre u.U. bei McCain weniger konsequent gewesen.

In der Aussenpolitik ...

ist es ähnlich. Auch McCain hätte Truppen aus dem Irak nach Afghanistan umgelagert. Dies war weniger der pazifistischen Gesinnung Obamas geschuldet, sondern geschah aus ökonomischen Zwängen. Auch die stärkste Volkswirtschaft der Welt, in der Krise bereits taumelnd, kann auf Dauer keine 100.000 Soldaten im Irak und die gleiche Anzahl in Afghanistan finanzieren. Hier hätten also ebenfalls auf den ehemaligen Vietnam-Veteranen McCain starke ökonomische Zwänge eingewirkt.
Allerdings wäre eine dessen ersten Amtshandlungen mit Sicherheit nicht die Annulierung von Bush-Weisungen, das Gefangenenlager Guantanamo betreffend, gewesen. Dass Obama dieses Lager auflösen möchte, spricht für ihn, von einem Republikaner wäre dies, schon mit Rücksicht auf Bush, nicht zu erwarten gewesen.
Genauso wenig hätte McCain eine Vision einer kernwaffenfreien Welt öffentlich propagiert und mit Russland einen Rüstungskontrollvertrag dieser Tragweite ausgehandelt.

In der Umweltpolitik....

wäre wohl fast alles anders gelaufen.Dass sich ein führender Republikaner bei BP für einen Vorschlag des Weißen Hauses entschuldigt, zeigt exemplarisch, wie die Haltung der GOP zu Umweltfragen ist. Eine Nominierung namhafter Umweltexperten in Führungspositionen der Administration hätte McCain nie durchsetzen können und wollen. Wesentliche Klimaschutz- und umweltpolitische Vorstellungen der Obama-Administration wären von den Republikanern nie so entwickelt und öffentlich propagiert worden.

Als Fazit ...

bleibt, dass bei den wahlentscheidenden Themen, welche die unmittelbare Lebenssituation der amerikanischen Bevölkerung betreffen, ein Präsident McCain wenig anders hätte machen können, abgesehen von der Gesundheitsreform. Das aber wird auch für die GOP der Gradmesser sein, an dem sie jetzt mit ihrer wieder gewonnenen politischen Stärke im Washingtoner Establishment, gegen das die Tea Party Aktivisten so gewettert haben, gemessen werden wird. Wenn sie Obama wirklich nur eine Amtszeit gewähren wollen, werden sie keine Fundamentalopposition betreiben können, das würde ihnen auf die Füsse fallen.
Es werden spannende zwei Jahre in Washington.

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Geschrieben von

rolf netzmann

life is illusion, adventure, challenge...but not a dream

rolf netzmann

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