Willkommen zwischen den Zeitenwänden, 4.31

Das Logbuch geht weiter: Fahrn, fahrn, fahrn mit der Eisenbahn

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Deutschland bemüht sich, in der Welt als eine Art „Everybody's Darling“ zu gelten. Dabei spielt auch die berühmte „Autobahn“ eine nicht ganz unbedeutende Rolle: Der Amerikaner benutzt sie ebenso gerne wie der Pole, denn sie alle sind ganz versessen darauf, hier endlich mal ihr Auto tempomäßig auszufahren. Ich bin es nicht mehr und war es genau genommen noch nie, denn der Nimbus der Autobahn beruht in hohem Maße auf der Option, darauf zu rasen wie ein Vollidiot – und ein ebensolcher hat gerade meinen geliebten Kleinwagen zu Klump gefahren. Dass ich selbst fast unbeschadet davongekommen bin, ist ein reiner Glücksfall. So kaufe ich mir für eine Wochenendreise zum ersten Mal eine „Bahncard 25“ und los geht's … von Norden nach Süden.

Für jemanden, der auf der Schiene jahrelang nur Regionalstrecken zurückgelegt hat, scheint es, als läge die Bahn auch überregional wieder voll im Trend – wenngleich viele international aussehende Menschen an und auf den Fernbahnhöfen unserer großen Städte mitnichten wie Reisende, sondern eher wie Gestrandete aussehen. Wie Menschen, die im Transit leben. Das mag auch daran liegen, dass Bahnhöfe – ähnlich den Tankstellen – mittlerweile zu Einkaufszentren und Gastromeilen mutiert sind. Es wird sogar mit Firmierungen wie „Ihr Einkaufsbahnhof“ geworben – und in der Tat gibt es Städte, in denen einzig auf dem Bahnhof noch ein gut sortierter Zeitungs- und Zeitschriftenhandel existiert. Zu einer entspannten Einstimmung auf die Reise trägt das freilich kaum bei und man kann sich glücklich schätzen, wenn man anstelle der früher einladend gestalteten Warte- und Aufenthaltsräume eine Info- und Ticket-Halle vorfindet, in der es halbwegs bequeme Sitzmöbel gibt.

Im Zug selbst wird es dann eng, insbesondere auf den Gängen, in denen man selbst ohne Gepäck kaum aneinander vorbeikommt. Ob man reserviert hat oder nicht, ist oftmals egal, denn manchmal müssen auch beim ICE Waggons ausgetauscht werden und dann liest man „GGF. RESERVIERT“ – also eine Art Platz-Lotterie. Oder der reservierte Sitz ist so raumgreifend von Personen, Taschen und Tüten umzingelt und die darüber befindliche Gepäckablage auch ohne des eigene Köfferchen bereits derart eng befüllt, dass man sich aus freien Stücken lieber gleich einen anderen Platz sucht. Wenn man dann endlich sitzt und meint, man könne im Gegensatz zum Autofahren jetzt endlich mal entspannt die Landschaft genießen, wird man leider ebenfalls oft enttäuscht: Entweder fährt der deutsche Hochgeschwindigkeitszug durch tiefergelegte Trassen oder zwischen Schallschutzmauern entlang, wenn er nicht gerade durch hässliche Vorstadtbezirke bummelt oder im Süden der Republik längere Tunnel passiert. Gezuckelt wird im ungünstigten Falle auch nachts, wenn elektronische Signalanlagen ausfallen und „auf Sicht“ gefahren werden muss. Das hat dann so etwas von U-Boot auf Schleichfahrt. Die Elektronik spielt der Bahn ja immer öfter ihre Streiche ... so werde ich sicher mit zunehmender Bahnerfahrung noch so einige Anekdoten ansammeln können.

Doch ich will nicht nur meckern: Ich komme heil an, und das deutlich eher als mit meinem ehemaligen Kleinwagen. Ob ich mit dem Zug so schnell wie in Frankreich oder Spanien unterwegs sein will, darüber bin ich mir noch unschlüssig – denn eigentlich bin ich der „Reise-Typ“ und nicht der „Sofort-da-sein-Typ“. So ist es für meinen Teil ganz ganz OK, wenn der ICE im europäischen Vergleich als „Bummelzug“ abschneidet.

Dem Logbuch-Aspekt meines Blogs ist es geschuldet, dass ich darauf hinweise, dass diese Woche ein neuer Krieg entfacht wird – doch darauf werde ich sicher an anderer Stelle noch zurückkommen.

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