Willkommen zwischen den Zeitenwänden, 4.37

Das Logbuch geht weiter: Pleitegeier Sturzflug

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Ach, waren das glückliche Zeiten, als es zwar ganz viel „gestern“, aber noch kein „morgen“ gab und man alles ganz frisch, frech und frei durch den Kakao ziehen konnte. Die Gemüter waren unbelastet und in den Liedern ging es um Erlangen, hohe Berge oder das Bruttosozialprodukt, das Westdeutschland zu einem bunten Kinderparadies machte, gegen das sich die DDR wie eine graue Maus ausnahm. Niemand hat es der Band „Geier Sturzflug“ übelgenommen, dass auch der Opa für den Wohlstand noch ranmusste – war alles doch ein naives, ironisches Spiel mit Werten und Begriffen: ernst nehmen verboten!

So langsam ist nun allerdings Schluss mit lustig, und auch die DDR scheint – nachdem man sich auf annähernd westliches Wohlstandsniveau gesundgestoßen hat – wieder dichtmachen zu wollen. Wer will auch schon zu einem Land gehören, das pleite ist? Da scheibt einer ein Buch mit dem Titel „Der Osten: eine Erfindung des Westens ...“ und alles meckert, dass dieses Buch die Republik spalte. Vor allem Wessis. Die Fans des Buches meckern nicht – sie himmeln den Autor, einen Leipziger Literaturprofessor, geradezu an. Vielleicht kommt die heillos zerstrittene Bundesregierung – Ossie sind wohl aktuell nicht dabei – in einem letzten gemeinsamen Akt auf die schuldenbremsende Idee, den Menschen ihre Mauer wieder aufzubauen und sie dann machen zu lassen, wie sie denken. Eine reizvolle Vorstellung!

Die benachbarten Tschechen sind auch schon dabei, kräftig zu sparen. Es sollen sogar – in Deutschland undenkbar – öffentliche Stellen gestrichen werden. Gegen diese Streichungen wird demonstriert, wie fast überall, wo das Thema in der Öffentlichkeit landet. Wo wandert das ganze Geld eigentlich hin, das überall fehlt? Oder können sie einfach nicht mehr schnell genug nachdrucken? Wenn die Leute soviel Geld bekämen, wie sie wollen, würden sie doch sowieso nur mehr konsumieren – natürlich bei weiter steigenden Preisen – und dann würde sich die Inflationsschraube noch schneller drehen. Und irgendwo sitzen so welche wie BlackRock, die das ganze Geld horten. Natürlich können sie es niemals im Leben wieder ausgeben, denn Unternehmen wie Ihnen gehört ohnehin schon viel mehr als allen Staaten und den darin lebenden Menschen zusammen. Was machen sie nur mit dem Geld? Vielleicht baden sie einfach darin, so wie Dagobert Duck. Wenn es dann gar nichts mehr auf diesem Planeten gibt, was man kaufen könnte, können die Großverdiener eigentlich nur noch eines tun: Den ganzen schnöden Mammon vernichten und wieder von vorne anfangen. Die kleinen Leute werden dann wieder Ackerbau und Viehzucht betreiben, zum Fischen rausrudern, einem ordentlichen Handwerk nachgehen und sich um andere kümmern, die Hilfe benötigen.

Wenn sie das noch nicht verlernt haben – ansonsten sterben sie. Ebenso wie die, die sowie nichts selber können. Die Gebeine der Leute von BlackRock ruhen dann in riesigen Tresoren, ummantelt von einem großen New Yorker Haus unterhalb des Meeresspiegels, wie das sagenumwobene Atlantis. Der Sturzflug der Geier ist beendet und die Knochen der Verblichenen in den vielen Wüstengebieten des Planeten komplett abgenagt. Affen, die damit spielen, gibt es dann sicher auch nicht mehr. Man kann nur hoffen, dass es nicht so sein wird wie bei den Ägyptern: das ganze Wissen verschüttet, die Schriften sind nicht dechiffrierbar und das architektonische Vermächtnis wie Monolithen in die Landschaft gekleckert – ohne jede Chance, jemals weiter- oder nachgebaut zu werden.

Die Moral von der Geschicht: Geld lohnt sich nicht. Und das, was man damit machen kann, wird zu Expeditionszielen und Heiligen Gralen verwegener Abenteurer. Wahrscheinlich kommen die zukünftig von anderen Planeten und sind alle Urururenkel von Jeff Bezos und Elon Musk.

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