Streik: Medien können den Druck erhöhen

Berliner Mediensalon Streik: Störfall oder kaum der Rede wert? Was Medien bei ihrer Berichterstattung über Streiks besser machen können - dazu diskutierten Journalist:innen und Gewerkschafter beim Berliner Mediensalon.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Kaum ein anderes Thema ist in den Medien aktuell so präsent wie die Streiks und Tarifverhandlungen bei der Deutschen Bahn. Worüber hingegen kaum berichtet wird: Welche Rolle spielen dabei die Medien selbst? Diese Frage stellte Moderator Christoph Nitz seinen Gästen beim Berliner Mediensalon am 31. Mai 2023 in der taz kantine in Berlin. Das Thema des Abends: „Streik: Störfall oder kaum der Rede wert?“.

Hier der Link zum Video in voller Länge: https://fb.watch/kUpdqgQo0G/

Laut Frederike Holewik, Wirtschaftsredakteurin bei t-online, sei es die Kernaufgabe von Journalist:innen, Sachen kritisch zu hinterfragen und die jeweiligen Positionen gegenüber zu stellen, damit die Leser:innen sich ein gutes Bild machen können.

Martin Burkert, Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG, betont, dass auch für die Gewerkschaften die Medien wichtig seien: „Die Medien sind insgesamt für uns wichtig, weil dadurch auch mehr Druck auf die Betriebe aufgebaut werden kann.“ Vor allem die sozialen Medien seien mittlerweile nicht mehr wegzudenken, ergänzt er.

Aber auch klassische Medien seien wichtig, um bei Streiks Druck aufzubauen. Das unterstreicht ebenfalls Peter Freitag, stellvertretender Vorsitzender des dju-Bundesvorstandes und Redakteur bei der Rheinischen Redaktionsgemeinschaft (RRG). Weiter betont er die divergente Berichterstattung über Streiks in den verschiedenen Branchen. Als Beispiel nennt er, dass etwa über Streiks im Journalismus kaum berichtet werde.

Ganz anders werde in Frankreich über Streiks berichtet. Dort sei es normal, auch politisch zu streiken, sagt Lea Fauth, freie Journalistin. „Dadurch gibt es ein größeres Verständnis in der Bevölkerung, dass ein Arbeitskampf geführt wird, während in Deutschland viele eher genervt davon sind“, so Fauth.

Auf die Frage des Moderators Nitz, was deutsche Medien von Frankreich lernen können, antwortet die Journalistin: „An einzelne Schicksale rangehen und mal genauer hingucken, wie läufts etwa in den Krankenhäusern ab, das ist glaube ich der Blick, der uns in der Realität fehlt.“ Dann seien die Menschen auch weniger genervt.

Dem stimmt auch Peter Freitag zu. Er kritisiert, dass die Medien häufig nur verkürzt auf das schauen, was die Gesellschaft stört. „Es fehlt ein Blick in die Tiefe“, sagt er.

Frederike Holewik erwidert, dass eben das Leserinteresse im Vordergrund stehe. „Wir müssen uns fragen, wie bekommen wir es hin, dass Themen gelesen und verstanden werden.“ Von einem Bahnstreik seien eben mehr Menschen betroffen. Für die Arbeitsbedingungen im Krankenhäusern hingegen interessieren sich weniger.

Lea Fauth widerspricht: „Aber das ist doch genau die Aufgabe von Journalist:innen Themen zu setzen. Es ist alles eine Frage der Aufmachung und Herangehensweise. Und genau das machen wir nicht immer gut.“

Laut Peter Freitag sollten Medienschaffende zuallererst bei sich selbst beginnen und sich über ihre eigenen Bedingungen Gedanken machen. „Es fehlt bei vielen meiner Kolleg:innen an Wissen, wie etwa Forderungen überhaupt zu Stande kommen.“

Der Berliner Mediensalon ist seit mehr als zehn Jahren das Debattenforum für Journalismus in der Hauptstadt. Begründet als Stammtisch von Journalistinnen und Journalisten im netzwerk recherche in Berlin wird er ehrenamtlich organisiert. Mehr als zehn Debatten im Jahr werden durchgeführt u.a. in der taz, die tageszeitung und bei ALEX Berlin.

#Mediensalon ist eine Kooperation von Deutscher Journalistenverband DJV Berlin – JVBB e.V., Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union dju in ver.di und #mekolab, unterstützt von Landau Media.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Charlotte Bauer

Freie Journalistin in Berlin. Berichtet für die meko factory über Veranstaltungen.

Charlotte Bauer

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden