Wie sieht Erfolg aus?“, steht auf dem Cover des Magazins. Die beiden Frauen, die es verteilen, haben ihn heute jedenfalls nicht gebucht. Zwischen Bahnhof Zoo und Amerikahaus wirken sie und ihr Wachturm wie die versehentlich zurückgelassene Nachhut des Milieus, das an anderen Tagen hier anzutreffen ist. Wie Erfolg aussieht, lässt sich wenige Schritte weiter beobachten, vor dem Amerikahaus, wo Hunderte stehen, um eingelassen zu werden. Das Amerikahaus ist nach seiner Renovierung nun wieder ein lichter Bau, man kann von dort draußen weit ins Foyer hineinsehen, ins Café und in einen Ausstellungsraum im ersten Stock. Oben schlendern die ersten Besucher an den Berlin-Fotografien von Will McBride vorbei, im Café wird vor allem Alkohol ausgeschenkt, im Foyer schü
yer schütteln die neuen Hausherren Hände. Fotografen fotografieren Fotografen, und erste Postkarten werden verkauft.Es ist noch hell, Donnerstagnachmittag, als c/o Berlin seinen neuen Standort eröffnet, aber die Menschen kommen und stehen an. Dabeisein rules. Im März 2013 war das c/o aus seinen alten Räumen im Postfuhramt in Mitte hinausgeworfen worden. Ein Gebäude im nahen Monbijoupark sagte man den Machern zu und wieder ab, zig Immobilien wurden angesehen und verworfen. Erst das Amerikahaus am Bahnhof Zoo (1957 im Zuge der Internationalen Bauausstellung Interbau entstanden, bis 2006 Kultur- und Infozentrum der USA und seither verrammelt) erwies sich als Option. Es folgte der Umbau, der vor allem ein Rückbau war, von Deckenblenden, Bodenbelägen, Einbauten. Auf 21 Jahre haben sie jetzt einen festen Vertrag mit der Stadt.Es ist natürlich ein sehr anderes Haus als das alte c/o im Postfuhramt mit seiner neobarocken Hülle und den stets etwas provisorisch wirkenden Räumen. Das Postfuhramt war Berlin-Mitte, das Amerikahaus mit seinem dominanten, für die 50er Jahre so typischen geschwungenen Treppengeländer und den freigelegten Steinböden erinnert eher an eine Stadt wie Köln. Das Haus ist ein Fremdkörper, nicht per se hier im alten Westen, aber in der Berliner Kulturszene, was ein gelungener Coup ist. Wer will schon 2014 ein Haus einweihen, das jeder bereits zu kennen meint?Das bisschen ShowWie viele Ausstellungen es nun sind, mit denen das c/o eröffnet, fällt im Nachhinein schwer zu erinnern. Oben geht die eine in die andere über, und dann stehen da noch die Magnum-Fotoautomaten – sind die auch eine Ausstellung für sich? Man kann sich darin im Stil großer Porträts der Bildagentur Magnum aufnehmen lassen, aber ein smaragdgrüner Schleier hinter dem Kopf macht noch keine Steve-McCurry-Fotografie, entsprechend dürftig sieht aus, was aus der Klappe rutscht. Das bisschen Show aber kann den Eindruck der beiden umfassenden Ausstellungen nicht schmälern: Im Erdgeschoss sind Kontaktabzüge aller wichtigen Magnum-Künstler zu sehen, Blätter also, auf denen mehrere Negativstreifen nebeneinander abgelichtet wurden. Daneben hängen die ausgewählten, ikonischen Arbeiten. Man könnte eine Woche in diesem Teil der Schau verbringen und studieren, welche Bilder verworfen wurden und warum. Aber schon bei einem schnellen Durchgang bleibt vieles nachhaltig hängen: wie schwer Trauer, zumal einer Gruppe, festzuhalten ist. Die Mimik muss sich nur ein wenig ändern, und stattdessen entsteht ein grotesk-komisches Bild. Berührend ist ein Foto vom Tag der Freilassung Nelson Mandelas. Auf den Fotografen wurde 30-mal geschossen, das Resultat ist ein verwackeltes Bild. Sieht man es mit den zuvor aufgenommenen, scharfen in einer Reihe, fühlt man sich so live dabei wie heute bei Handyvideos aus Aleppo.Und dann ist da im Obergeschoss die Ausstellung Ich war verliebt in diese Stadt von Will McBride. Der US-Amerikaner kam 1955 nach Berlin und stellte 1957 als einer der ersten im damals neuen Amerikahaus aus. Die faszinierendsten Fotos müssen kurz danach entstanden sein: Teenager im Strandbad Wannsee, die genauso gut in Éric Rohmers Film Sommer von 1996 auftreten könnten. McBrides Freunde, die knutschen und feiern, ausgelassene junge Menschen auf einem Floß mit Musik. Seine Freundin Barbara nackt mit Brautschleier. Man könnte sie kommentarlos in einem Magazin abdrucken, so sehr spiegeln sie, wie Jugendlichkeit heute inszeniert wird. Zur selben Zeit fotografiert McBride aber auch: immer noch Trümmer, Männer mit erloschenem Blick. McBrides Betrunkene in Charlottenburg, platt auf dem Bauch im Dreck, ähneln hingegen in ihrem Motiv frappierend den Fotos, die der Ostkreuz-Fotograf Werner Mahler erst kürzlich am Zoo gemacht hat.Placeholder gallery-2Das 21. Jahrhundert aber ist merkwürdig abwesend im Haus, dabei stand c/o Berlin immer auch für Fotografie, die dicht an der Gegenwart operiert. Selbst die junge Fotografin Luise Schröder, die in der fortlaufenden Reihe Talents gezeigt wird, widmet sich unter dem Titel Arbeit am Mythos dem Geschichtsbild Dresdens. Der Einzug der 2010er Jahre ins Amerikahaus steht noch aus. Der ideale Ort ist gefunden.Placeholder infobox-1