Loop-Virus: Das Ende des uns bekannten Internets

Künstliche Intelligenz Die Gefahren künstlicher Intelligenz sind bereits überall zu sehen, werden aber von einer technologisch-blinden Gesellschaft übersehen.

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Als ich damals in meinem Kaufhaus vor der neu aufgestellt Wand mit Flachbildschirmen stand, dachte ich mir: "Wie funktioniert das denn? Das ist der absolute Wahnsinn, dass die den Bildschirm auf die breite eines Buches zusammengeschrumpft haben". In meinen Augen war das Magie. Das muss um das Jahr 2000 gewesen sein. Knappe 7 Jahren später drückte mir ein Bekannter sein iPhone in die Hand. Der Touchscreen, das gesamte Handling und der unmittelbare Zugang zum Internet sprengten jegliche Vorstellungskraft. Erwähnt muss sein, dass das Internet zu diesem Zeitpunkt noch relativ "leer" war. Die Menge an Informationen zu unterschiedlichen Themen war exorbitant aber kein Vergleich zu heute. Der Flachbildfernseher war zu diesem Zeitpunkt schon fast vergessen. Diese beiden technischen Innovationen waren aber nur ein Vorgeschmack auf das, was das Internet in den kommenden Jahren leisten sollte.

Was ist das Internet für Sie?

Jetzt stellen Sie sich vor, dass es das Internet, so wie wir es kennen, in einigen Jahren nicht mehr geben wird. Die aktuellen Entwicklungen deuten darauf hin, dass das weltweite Netz zu einem Relikt der Vergangenheit gehören wird, ein trostloses Ödland, in dem raubende und zerstörerische Kräfte wüten - niemand wird verschont, alles wird vertilgt. Begünstigt wird diese Entwicklung durch das Aufkommen der aktuellen KI-Algorithmen, die selbstlernend - entsprechend den Parametern ihrer Programmierung - mit Blick auf Effizient und Rechenleistung nicht mehr einzuholen sind. In welchem Maße sich die Rechenleistung in den letzten Jahren entwickelt hat, muss an dieser Stelle nicht gesondert erwähnt werden; es wird als erlebt und bekannt vorausgesetzt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit - das sei an dieser Stelle erwähnt - stehen wir an der Schwelle einer der größten Revolutionssprünge der Menschheitsgeschichte, die mit der industriellen Revolution zu vergleichen ist.

Was wir kommen, was wird bleiben?

Die Prophezeiung in eine uns unmittelbar bevorstehende Zukunft fällt nicht schwer, wenn man den Blick auf die unmittelbare Vergangenheit richtet. Zu nennen sind hier nur einige Beispile von unzähligen:

2018 - Das Klinikum Fürstenfeld ist aufgrund eines Virus, das die Server des Klinikums verschlüsselt hat, nicht mehr in der Lage seinen Betrieb aufrechtzuerhalten. Rettungswagen können das Krankenhaus nicht mehr anfahren. (Zum Artikel)

2019 - Selbst nach Monaten ist das Berliner Kammergericht noch eingeschränkt in der Ausübung seiner Arbeit. Alle Laptops, Computer und Server waren durch einen Angriff mit Malware lahmgelegt. Am Ende stand die Empfehlung zu einem kompletten Neuaufbau der IT-Infrastruktur. (Zum Artikel)

2022 - Die Universität Duisburg-Essen kämpft noch nach Monaten mit den Folgen eines Hacker-Angriffs. Prüfungssysteme und Lernplattformen sind vom Netzt und nicht mehr erreichbar. (Zum Artikel)

Eine vollständige Sammlung von Vorfällen würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Ferner müsste man noch zwischen Angriffen auf Institutionen, Unternehmen und Privatpersonen unterscheiden. Fälle von Cyberkriminalität haben in den vergangen allerdings Jahren stark zugenommen, was mit immer weiter steigender Digitalisierung der Welt auf einen wachsenden Trend rückschließen lässt. (Hier zur Stastik).

Interessanter ist allerdings noch die Tatsache, dass das Phänomen des "Social Engineerings" seit 2020 stark zugenommen hat. (Hier zum Artikel) Dabei handelt es sich um eine Form des Datensammelns über soziale Netzwerke - einer besonders aufwendigen und speziellen Form des Phishings. Hacker geben sich hier als alte Freunde, Bekannte oder Institutionelle aus. Mit den Informationen, die sie über eine Personen haben, versuchen sie an weitere Informationen zu gelangen, die erweiterten Zugang auf persönliche Bereiche des Lebens ermöglichen.

Mit Blick auf die Entwicklung von KI erscheint diese als dankbares Werkzeug zur Beschaffung und Auswertung solcher Daten. In Kombination mit Sprachmodellen und KI-Sprachgeneratoren können solche Arbeiten in Zukunft von Programmen übernommen werden. Bereits heute besteht KI Tests, in denen Sie nicht mehr als Maschine erkannt wird. (Hier zum Artikel) Stellen Sie sich vor, sie pflegen auf Facebook eine Freundschaft mit einem alten Klassenkameraden, den sie seit 20 Jahren nicht mehr gesehen haben. Irgendwann stellt sich durch einen Zufall heraus, dass dieser Klassenkamerad nicht auf Facebook angemeldet ist. Nachforschungen ergeben, dass eine KI Daten von Ihnen gesammelt hat. Unheimlich? Aber Realität.

Loop – der sich wiederholende Niedergang

Der Titel dieses Artikels blickt allerdings weiter und zeichnet eine düstere Version der Zukunft, in der Kleinkriminelle versuchen an persönliche Daten von uns zu gelangen, um unsere Rechner zu sperren und Lösegeldsummen für das Entsperren unserer Rechner fordern.

Wir stellen uns folgendes Szenario vor: Eine Gruppe von Hackern - ob es sich bei ihnen um staatlich engagierte Terroristen oder Kleinkriminelle handelt, spielt für das Szenario keine Rolle - programmiert einen selbstständig Lernenden KI-Algorithmus, der über hochgradig individualisierte Emails, Werbeanzeigen und Links Schadsoftware (Emotet-Malware) auf den Handys, Computern und Laptops der Nutzer installiert. Das Programm lernt dabei, dass es am effektivsten ist, wenn es zunächst kleinere Datenmengen von den infizierten Rechnern ausliest, diese sammelt und stetig sowie unauffällig in kleineren Datenmengen an sein Heimnetzwerk versendet. Dabei verfällt es in einen Ruhemodus, aus dem nur bei bestimmten Handlungen des Nutzers erwacht, bspw. bei Bankgeschäften, dem Einloggen bei PayPal oder anderen Aktivitäten, die sensible Daten preisgeben könnten. Es lernt die Vorlieben für Passwörter, legt eine dezentrale Datenbank an, in denen es diese Passwörter sammelt. Mit dieser Sammlung begibt es sich dann auf die Suche nach Übereinstimmungen im Internet. Findet es einen Benutzerzugang, probiert es unendlich viele Passwörter aus, bis es das richtige gefunden hat.

Gleichzeitig reproduziert sich die Malware auf weiteren Rechnern und wiederholt diesen Prozess immer wieder. Die Vorgehensweise der Malware wird dabei immer besser, da sie aus ihren gemachten Fehlern lernt und ihre Operationen verbessert.

Was hier so dystopisch anmutend nach einem Science Fiction Film klingt, ist bereits Realität. Emotet-Malware macht dies bereits seit 2020. (Hier zum Artikel) Microsoft selbst entwickelt gerade KI-generierte Malware, um deren Gefahren besser zu verstehen. (Hier zum Artikel) Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Microst legt den Fokus eben genau auf die Fähigkeit der Malware, dass diese sich selbst verschleiert und als Schadsoftware nicht mehr zu erkennen ist.

Der abschließende Gedanke dieses Artikels soll die Frage danach stellen, was passiert, wenn man die Kontrolle über eine solche Software verliert, diese sich selbstreproduzierend durch das Internet und den Endgeräten der Nutzer "frisst"? Sie sammelt Daten, verschlüsselt schlussendlich alle Geräte - selbst die ihrer Schöpfer - und sperrt jeden aus. Wie hoch müssen die Sicherheitsstandards der Zukunft sein und was ist der Fall, wenn sie nicht hoch genug sein können? Wird das Internet zu einem Ort, an dem rivalisierende KI-Algorithmen alles in Schutt und Asche legen?

Selbst wenn man das Internet abschaltet, alle Festplatten reinigt, wird es bei Milliarden von Nutzern immer jemanden geben, der das Virus wieder einspeist - ob versehentlich oder absichtlich. Dieser Loop-Effekt selbstlernender KI steht dem Menschen mit seiner Unfähigkeit und mangelnden Lernbereitschaft gegenüber, der sich der technologischen Hochsicherheitsbombe in seiner Hosentasche und am Arbeitsplatz nicht mehr bewusst ist.

Mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen stellt sich nicht mehr die Frage, ob dies passieren wird, sondern nur noch die Frage, wie lange es dauern wird, bis wir das Internet abstellen müssen.

Auf die Gefahren militärischer Nutzung von KI wurde an dieser Stelle bewusst verzichtet, um die Perspektive hinsichtlich möglicher Auswirkungen auf die gesellschaftliche Alltäglichkeit deutlich zu machen.

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