Leben ist gelebt, es gibt keinen zweiten Anlauf. Jedenfalls nicht für den Einzelnen. Man kann sich wünschen, einige Entscheidungen anders getroffen zu haben, helfen wird es wenig. Wie heißt es so schön? Man handelt nach bestem Wissen und Gewissen. Nur wenn einem nachgesagt werden kann, genau das tat einer nicht, ist sein Handeln zu kritisieren. Die Kunst zu leben und niemandem weh zu tun, gelingt den wenigsten, was den meisten verziehen wird. Wer allerdings in der DDR lebte und an einigermaßen exponierter Stelle agierte, dem verzeiht man nicht. Erschwerend wird in solchen Fällen das Wort vom "Gesinnungstäter" verwendet, der im "Dienst seiner Sache" gestanden habe.
Gerade noch zu seinem 90. Geburtstag, den Hermann Kant am 14. Juni in Neustrelitz feierte, wurde das Wort in vielen Medien ausgiebig gebraucht. Was aber ist an einem, der wie Kant seiner "Gesinnung" gefolgt ist, also tat, was Wissen und Gewissen ihm geraten haben, schlimmer als an einem, der Befehlen nachgab? Kant gehörte zu einer Generation, die, kaum den Kinderschuhen entwachsen, in einen Vernichtungskrieg gezogen wurde, einem Krieg, der Überleben und Schuld so eng verband, dass nur ein schmaler Pfad in die Zukunft zu führen schien. Kants wichtigster und wohl bester Roman Der Aufenthalt, 1977 erschienen, schildert den Prozess der Anerkennung individueller Schuld und den Versuch, einen neuen Weg zu finden, der Schuld abtragen kann.
Die DDR nicht in Frage gestellt
„Kämst Du noch einmal auf die Welt, schriebst du nur Bücher“, seufzte er in seiner Autobiografie Abspann von 1991. Der Chronist von DDR Geschichte und ihren großen Utopien, (Die Aula, 1965) konnte sein Leben so wenig wie andere in das des Literaten, dem der Platz in der Literaturgeschichte sicher ist, und das des Funktionärs teilen. Das Wörtchen "aber", das der Lehrer Riebenlamm der ABF-Schülerin Rose Paal in der Aula so positiv anrechnet, galt bei Kant nach dem Verschwinden derr DDR nicht als entlastend.
Er musste damit leben, dass ihm jene, denen in der DDR Unrecht geschah, nicht verzeihen wollten, und die, die sich daran labten, alle Vorurteile nachplapperten. Dabei war Kant mit seiner Literatur von seinen Lesern in der DDR immer auch als Kritiker empfunden wurden. Als einer, der aussprach, was selten laut gesagt wurde.
Seine Bücher strotzten häufig vor hintergründigem Humor, zweideutigen Begebenheiten, die allerdings – und das ist es, was ihm nicht verziehen wurde nach 1990 – den sozialistischen Versuch DDR nicht infrage stellten. Seine Werke vermittelten ein Gefühl für die Zeit, für die Probleme und die vielleicht etwas kuriose Art, wie Literatur in den DDR rezipiert und verarbeitet wurde. Man las bei ihm eine Art Bericht über die Lebenswirklichkeit und eine Methode, sie zu bewältigen. Nachdenklich, heiter, kurios und kritikwürdig war sie bei Kant. Aber so soll, so darf es in der DDR ja nicht gewesen sein.
Der Umgang mit dem Präsidenten des DDR-Schriftstellerverbandes, der Kant über viele Jahre war, blieb unter den ehemaligen Kollegen bis zum Schluss ambivalent. Die einen rechneten sein Streiten für den Berufsverband, der Altersversorgung regelte und Auflagen erstritt, ganz positiv. Die anderen fanden es keineswegs heiter, wie - nach der Ausbürgerung von Wolf Biermann im November 1976 – mit einem Teil von ihnen umgesprungen wurde, auf welche unwürdige Art sie sich ausgeschlossen sahen.
Kant, der zwischen Geist und Macht vermitteln wollte, dem Druck aber nicht gerecht werden konnte, hat damals sicher einen Teil seines Renommees verspielt. Die Frage, ob es ein anderer besser gekonnt hätte, stellt sich nicht. Es hat keiner versucht oder wohl auch nicht versuchen.wollen. In anderen Bereichen des DDR-Kulturbetriebes fällt die Bilanz jedenfalls nicht anders aus. Der Sitz im Zentralkomitee sicherte den jeweiligen Präsidenten vielleicht einen anderen Gesprächszugang zur eigentlichen Macht. Machtbefugnis sicherte er nicht.
Auf der Suche nach sich selbst
Kant hat nach dem Ende der DDR in vielen Arbeiten – Erzählungen, Romanen und Essays – versucht, der neuen Wirklichkeit beizukommen, vor allem aber die Ursachen der Abwege zu suchen, in die der sozialistische Traum getaumelt war. In acht Büchern, die nach 1990 im Aufbau-Verlag erschienen, schwangen die Fragen um das Verhältnis von Verstrickung und Gestaltungswillen in einem Staat, der alles kontrollieren möchte (Kennung, 2010) mit.
Sein Altstalinist Mark Niebuhr in der Okarina von 2002 durchforstet sein Leben auf der Suche nach sich selbst. Nicht, dass er zu Erkenntnissen gekommen wäre, zum Nachdenken aber reicht es allemal. Mir ist das lieber als das vorschnelle „Asche aufs Haupt streuen“, das die Wendehälse aller Coleur so vehement anraten. Bei Hermann Kant musste man nicht damit rechnen.
Kommentare 165
Einer ist tot, dem man nachsagt, dass sich kaum einer besser als er immer haarscharf an der Wahrheit Realität vorbei schwurbeln konnte.
Eigentlich nichts, worauf irgend jemand stolz sein müsste.
Die Nachsager und einsilbigen Bewerter, waren schon immer von Übel. Heute sind sie inflationär und haben das Hausrecht der billigen Meinung.
Beste Grüße
Christoph Leusch
das ist in der Verallgemeinerung sicher nicht falsch, hier geht es aber um eine konkrete Person, die nicht nur bei "Nachsagern und einsilbigen Bewertern" mehr als umstritten sein dürfte.
Wo also ist Ihre konkrete Position?
"Die Aula" Kants, war ja Schullektüre West und für den begrenzten und buchstäblich zugemauerten Blick nach Deutschland- Ost ganz wichtig. Auch wenn ich lieber Anna Seghers, Christa Wolf, Erich Loest oder Volker Braun, Thomas Brasch und Uwe Kolbe las, die auch in Schulbücher und unter ´s gemeine Lesevolk, ohne Wallanlage, gehören, fand ich den überzeugten Schriftsteller Kant immer gut, wenn es um eine Fantasie von einer anderen, nicht weniger schwierigen Realität ging.
Wie sich das Nichtverhältnis von Geist und Macht verhielt, beschrieb früh Brecht:
<<DIE NEUE MUNDART (aus den Buckower Elegien)
Als sie einst mit ihren Weibern über Zwiebeln sprachen/
Die Läden waren wieder einmal leer/
Verstanden sie noch die Seufzer, die Flüche, die Witze/
Mit denen das unerträgliche Leben/
In der Tiefe dennoch gelebt wird./
Jetzt/
Herrschen sie und sprechen eine neue Mundart/
Nur ihnen selber verständlich, das Kaderwelsch/
Welches mit drohender und belehrender Stimme gesprochen wird/
Und die Läden füllt – ohne Zwiebeln./
Dem, der Kaderwelsch hört/
Vergeht das Essen./
Dem, der es spricht/
Vergeht das Hören./>>
Beste Grüße
Christoph Leusch
"Umstritten", dürfte in Deutschland so ziemlich jede Intellektuelle oder jeder Schriftsteller von Bedeutung sein. Als Autor, war Kant aber sicher weniger umstritten und schon gar kein "Schwurbler", wie Sie es ihm hier, mit Berufung auf die Welt der imaginären "Nachsager", fiktiv nachrufen.
Sie können ja einmal ein paar Stellen aus den, von Frau General genannten, Romanen zitieren und an ihnen zeigen, wo und wie da Kant immer haarscharf an der Realität vorbei schwurbelte. - Das wäre dann was.
Beste Grüße
Christoph Leusch
Danke für den Nachruf - macht mich neugierig auf das Werk.
Um die Literatur des Herrn Kant geht es mir doch gar nicht, sondern um den Menschen.
Ein Mensch, der anderen Menschen aufgrund seiner Machtposition schweren (vor allem seelischen und in Folge auch materiellen) Schaden zugefügt hat, verdient keine Würdigung, nur weil er tot ist, auch wenn er noch so "wichtige" Bücher geschrieben hat.
Wer, der "Machtpositionen" inne hatte - die Kants ist ja eher sehr vermittelt - und daher Menschen Schaden zugefügt hat, verdiente dann noch eine eher geistige, statt reale Würdigung?
Bleiben wir bei Schriftstellern, könnten wir weder Ernst Jünger, noch Bertolt Brecht schätzen. Müssten uns vor André Malraux wegdrehen, könnten keinen Johannes R. Becher ertragen.
Wo aber Hermann Kant als ZK-Funktionär anderen Menschen schweren seelischen und materiellen Schaden zufügte, hätte ich jetzt einmal gerne erfahren? Das schreibt sich so einfach, auf Verdacht.
Wer was zur Gängelung und tatsächlichen beruflichen und psychischen Schädigung der SchriftstellerInnen in der DDR wissen will, der kann sich in den Band der "Vierte Zensor" (Ed. Deutschland Archiv) vertiefen. Der kann Hans Joachim Schädlichs "Catt"- Fragment lesen (Verbrecher Verlag) und dort das Nachwort Krista Maria Schädlichs. Da zeigt sich, wie es die Lektoren und Leitungen der DDR- Verlage deichselten, zu zensieren, ohne je etwas zu verbieten, indem sie eine Verzögerungs- und Verhinderungsstrategie lange durchhielten.
Beste Grüße
Christoph Leusch
Marcel Reich-Ranicki über Hermann Kant - Eine Verteidigung ...
literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=22189
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Was Kant sicherlich nicht war, ein Heuchler, Taktierer, Rechthaber, Doppelmoralist. Was er war, ein bedeutender deutscher Schriftsteller, der schreiben konnte und wo es sich lohnt über das gesagte nachzudenken!
(*****)!
Was soll das? Ab und zu ist auch eine " Kinderstube "angebracht, ich habe das in der "Diktatur" gelernt! Sie?
Ich möchte mich gerade mit Ihnen nicht streiten wegen eines für mich völlig unwichtigen "Nachrufs" bei dem ich das ABER der Autorin fette und unterstreiche, da es sich von diesem toten ZK-Funktionär und Schriftsteller nicht trennen lässt.
den Stasi-Spitzel auch noch nachgeschoben.
einer, der sich welt-läufiger und un-verstrickter gab,
als er war(tagesspiegel,15.8.,hans schwenger: diener zweier herren).
der nachruf vergißt, daß gerade schriftsteller
die möglichkeit des zweiten lebens hätten:
sprach-gewandt biografisches zu (er)klären,
eine sichtung aus späterer, weiterer perspektive zu präsentieren. ist das zuviel verlangt
von jemandem,
der gegen andere sterbliche,
bleiben will?
Nein, ist es nicht.
Den Opfern von Hermann Kants Verbandstätigkeit wird Nachsicht schwerfallen
Ob er sich da an das Motto seines Romans "Der Aufenthalt" erinnerte? Es stammt von Brecht: "So bildet sich der Mensch / Indem er ja sagt, indem er nein sagt / Indem er schlägt, in dem er geschlagen wird / Indem er sich hier gesellt, in dem er sich dort gesellt / So bildet sich der Mensch, indem er sich ändert / Und so entsteht sein Bild in uns / Indem er uns gleicht und indem er uns nicht gleicht". Vielleicht eignet sich Brechts Ratschlag an die Nachgeborenen in seinem gleichnamigem Gedicht ebenfalls für den Blick auf Hermann Kant: Dass man seines Leben und Werks "mit Nachsicht" gedenken möge. Den Opfern seiner Verbandstätigkeit, die er auch nachträglich nicht als solche benennen mochte, wird das allerdings schwerfallen. Dass er Reiner Kunze zum Abschied aus der DDR "Kommt Zeit, vergeht Unrat" nachrief, hat er wenigstens in einem Nebensatz bedauert und sich im Gespräch mit Günter Gaus immerhin eines "Formulierium tremens" und einer "entsetzlichen Beredsamkeit" bezichtigt.
Etwas sehr wenig an Einsicht für einen selbstgerechten Diener zweier Herren.
Ein gerechter Nachruf nach einer - gar nicht so lange her - gerechten Würdigung eines Jublilars.
Er ist zu recht umstritten. Wer umstritten ist, wird nicht so schnell vergesssen.
Wo aber Hermann Kant als ZK-Funktionär anderen Menschen schweren seelischen und materiellen Schaden zufügte, hätte ich jetzt einmal gerne erfahren? Das schreibt sich so einfach, auf Verdacht.
Das wüsste ich auch gern. Ich könnte auf alle verweisen, die dann aus dem Schriftstellerverband rausgeworfen wurden, ziemlich viel Aufmerksamkeit dafür dort bekamen, wo man sie druckte und - wie Kunert und andere - jahrelang mit Visum - reisen konnten, wohin sie wollten. Die DDR wollte in ihren späteren Jahren - keine prominenten Opfer.
Das wäre zu einfach. In den Zeiten, zu denen das geschah, war ihr Verhalten mutig und das soll ihnen auch zugestanden sein. Andere - wie Wolf Biermann -waren einfach immer nur im Dienst an sich selbst unterwegs ganz gleich wo. Auch am Krankenlager seines Freundes Havemann, zu dem er - nach der Ausbürgerung - noch einmal zurückkehren durfte, war Biermann in eigener Sache zugange.
Andere wie Christa Wolf wurde erst nach der Wende "geopfert" - ein Schlachtfest, das kein Hermann Kant besser hätte anrichten können.
Ich bin auch keine besondere Kant-Freundin, aber jetzt ist er gestorben und seine Prosa war schon gut.
Regina General versucht eine Balance zwischen Anerkennung und Kritik. Die scheint mir nicht gelungen, denn das Verständnis, das sie dem toten Dichter und Funktionär gewährt (tat, „was Wissen und Gewissen ihm rieten“), verweigert sie seinen Opfern („Er musste damit leben, dass ihm jene, denen in der DDR Unrecht geschah, nicht verzeihen wollten…“).
auf dem Berliner "Tribunal" des Verbands 1979 (trat er) gegen neun Kollegen auf, die er als "Herrschaften" schmähte - darunter Adolf Endler und Stefan Heym - und rechtfertigte so den Ausschluss der Neun. Und sich selbst rechtfertigte er auch: Als Doppeladvokat für Staat und Verband müsse er seinen Kollegen "den Staat plausibel machen, dem Staat die Kollegen". Aber "wer zween Herren dienen will, kriegt es mit der Herren zween zu tun".
Was Kant dabei nicht zu Bewusstsein kam: dass man als Schriftsteller gar keinem Herrn zu dienen hat und dass Politiker nicht über die Veröffentlichung eines Buchs entscheiden sollten. Ebenso wenig war ihm der selbstherrliche Unterton seines Bescheids an die "Herrschaften" bewusst. Der Verband, so beteuerte er, werde "demokratisch regiert, und dabei soll es bleiben". Es blieb aber doch nicht dabei, und erst nach dem Ende der DDR hielt Kant auch eine andere Haltung für denkbar....
für mich alles kein Grund für Verharmlosung und Lobhudelei. Eine einfache Meldung über seinen Tod wäre völlig ausreichend gewesen.
Ich könnte auf alle verweisen, die dann aus dem Schriftstellerverband rausgeworfen wurden, ziemlich viel Aufmerksamkeit dafür dort bekamen, wo man sie druckte und - wie Kunert und andere - jahrelang mit Visum - reisen konnten, wohin sie wollten.
Ihnen scheint Ihr Zynismus nicht einmal bewusst zu sein.
Was an dem Nachruf sicherlich stimmt:
"Die DDR nicht in Frage gestellt"
Was m. E. nicht stimmt:
"Als einer, der aussprach, was selten laut gesagt wurde."
Der Begriff "umstritten" erscheint mir ihm und seiner Rolle in der DDR nicht gerecht zu werden.
Wie wäre es mit "Hermann Kant gehörte zu der DDR wie beispielsweise Erich Honecker."
Wie wäre es mit "Hermann Kant gehörte zu der DDR wie beispielsweise Erich Honecker."
Klar gehörte er zur DDR wie beispielsweise Erich Honecker. Aber was besagt das Ihrer Ansicht nach?
oder die Stasi:
Bestritten hat er es bis zuletzt: Hermann Kant, einst Präsident des DDR-Schriftstellerverbandes und Mitglied im ZK der SED, wehrte sich erbittert gegen den Vorwurf, ein „Stasi-Helfer“ gewesen zu sein. Nun fanden sich in der Berliner Gauck-Behörde zahlreiche Dokumente, in denen die Spitzeltätigkeit Kants detailliert belegt wird.
Kants Stasi-Dienste waren streng konspirativ. Auch nach der Wende, nach dem Zusammenbruch der DDR, verschwieg und bestritt er jede Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS). Wer auch immer ihn der Stasi-Mitarbeit beschuldigte, wurde sofort vor Gericht gezerrt....
Kant spielte dabei den trickreichen Geheimagenten: Stolz erzählt er, mit welchen Tricks er sich Zugang zu den Unternehmen verschaffte. Und schließlich gibt er noch Tips für die Zukunft: "Für ähnliche Unternehmungen", hält der MfS-Offizier fest, "empfiehlt es sich, Visitenkarten dabeizuhaben, auf denen irgend etwas von Literatur steht, bloß nicht Journalist, sonst ist gleich die Pressestelle eingeschaltet."
Der Informant berichtet über einzelne Schriftsteller: "Stefan Heym arbeitet zur Zeit an . . ., Franz Fühmann arbeitet an . . ., Heiner Müller arbeitet an . . ." Die Stasi-Offiziere freuen sich und notieren über Kant: "Die Kontaktperson war sehr aufgeschlossen . . . antwortete bereitwilligst und brachte zum Ausdruck, mit uns unter dem Decknamen ,Martin'' zusammenzuarbeiten. Die KP erklärte sich bereit, bei Vorkommnissen sofort unsere Dienststelle zu benachrichtigen und erhielt die Telefonnummer 2621 mitgeteilt."In einem Vermerk der Stasi-Hauptabteilung V/1/IV, datiert auf den 3. Oktober 1962, heißt es: "Die KP Martin ist der Schriftsteller Kant, Hermann."
und übel geht es weiter.....
Genau so ist es. Hermann Kant gehörte zur DDR, wie der ehemalige Staatschef.
Dazu gibt es aus dem Sammelband "Literatur im Widerspruch" (1993), ein schönes, aperçuartiges Gedicht Frank- Wolf Mathies:
Gedicht von Konsequenz & Nutzen
<<
1
zwölf hände reichen
nicht mehr aus zu zählen
den abgang in den eignen
reihn. die republik läuft aus
wie rostige spritkanister
: bald bin ich hier
mit honecker
allein
(...)>>
Grüße
Christoph Leusch
"Dieser Schriftsteller war und ist ein harter und intelligenter Gegner unserer westlichen Welt", schrieb etwa Marcel Reich-Ranicki. "Zur Herzlichkeit haben wir wahrlich wenig Grund. Aber doch zu einer knappen, respektvollen Verneigung."
Das können leider ( Zeitgeistvergiftet ) nur wenige Menschen!
Brotgelehrte, ade
/autoren/der-freitag/brotgelehrte-ade/@@images/886ee1e4-22d9-47b9-b30b-7fa107d870a6.jpeg Aufarbeitung Warum es Zeit für einen anderen Umgang mit der DDR-Vergangenheit ist Ilko-Sascha Kowalczuk 14.04.2016 | 06:00
“oder die Stasi:“ Die Stasi, hätte es sie nicht gegeben, so müsste man sie einfach erfinden! Ablenkungsindustrie und Brotgelehrte an die Front´es ist alles begründbar mit der Mielketruppe sogar die Schweinegrippe kann man dehnen noch in die Schuhe schieben!
Dazu gehört beispielsweise die Feststellung, das er Teil dieses von seinen Bürgern weggejagten Herrschaftssystems war.
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Stabilisierende Elemente von freiheitlichen Demokratien sind die Gewaltenteilung, ein regierungsunabhängiges Justizwesen und das Recht auf freie Meinungsäusserung (- so wie wir das hier machen). Dies ermöglicht inhaltliche Korrekturen, die derartige Implosionen vermeiden helfen.
Ja, schade dass er über das Wesen und der Unwertigkeit solcher Spitzeltätigkeit nicht (selbst-)kritisch schreiben konnte. (Oder nicht wollte.)
Es ist sicherlich schwer, auf die Trümmer des eigenen Lebenskonzeptes zu schauen.
verspielen Sie doch nicht wegen eines verbrecherischen Unrechtssystems jedwede Glaubwürdigkeit.
Solche Bromflaschen Öffner wie sie sprechen von Glaubwürdigkeit? "Mutter, da brennt die Muschi." ( Quelle : Ghostbusters )
Zynismus ist überall, Ursus. Da füge ich gern was hinzu.
Bon - aber das war ja nicht meine Frage, Nordlicht. Ich könnte jetzt auch sagen, Liz Mohn, Friede Springer und Paul-Bernhard Kallen gehören zur Bundesrepublik wie Angela Merkel. Mit stabilisierenden Elementen, statt ohne, wie bei Erich Honecker und Hermann Kant.
Aber was besagt das?
Fanatismus lohnt eigentlich nie, bei zum Glück längst untergegangenen Systemen erst recht nicht.
Mir gehts so, dass ich - kurz nach der Wende - viel eher in der Verfassung gewesen bin, Kant zu verurteilen, aber das, was in anderer Form unter Nachwendebedingungen bis auf den heutigen Tag sich so abgespielt hat, das hat mich selbst einem Hermann Kant gegenüber nachsichtiger werden lassen. Und sein letztes Interview - schon sehr elend - ging mir richtiggehend nahe . Er gehört zu den diffusen Vergangenheiten, in die die DDR jetzt anfängt zu sinken.
Zitat von Kant.
„Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten.“
Das kann ruhig bleiben. Da hat er recht.
Er versuchte zu lavieren und manchmal kam er dabei mächtig ins Eiern. Schon "Kants Opfer" ist mir fast zuviel. Alle, die genannt sind, konnten sich mit ihm nach der Wende durchaus noch messen und auseinander setzen. Niemand wurde "zerschmettert", wenn man sich die Namen ansieht.
Mies war der Spruch gegen Rainer Kunze. Mir ist aber - in zynischer Stimmung - durchaus auffällig, wie wenig Echo der Kunze heute noch hat: Wenig, Kaum noch eins. Er war auch nur einer, der zur rechten Zeit ins Feld geführt wurde, wie die anderen "Opfer Kants"
Kant hat sich auf der anderen Seite auch für Manuskripte und Autoren eingesetzt. Wie das so geht, wenn man mit Macht was aushandelt.
In diesem Lande hier können Leute so leicht und so "unpolitisch" zugrunde gerichtet werden. Das geht ganz schnell und ist - immer - was ganz anderes.
Bon - aber das war ja nicht meine Frage. Ich könnte mehr oder weniger spiegelbildlich sagen, dass [Publizist 1], [Publizist 2] und [Publizist 3] genauso zur Bundesrepublik gehören wie Angela Merkel. Mit stabilisierenden Elementen statt ohne.
Aber was würde das besagen?
Ersatzkommentar. Mein voriger Kommentar wird zur Zeit geprüft.
In diesem Lande hier können Leute so leicht und so "unpolitisch" zugrunde gerichtet werden.
Auch »"politisch".
Genau. Die Sache verfolgen Sie ja schon lange. Mir gehts jetzt auch nicht ums Aufrechnen, aber um das Ausbrechen aus manchen Denkmustern.
Ich finde, in manchen Gesprächssituationen ist Aufrechnen völlig okay.
In dieser, zum Beispiel. Anders entweicht der Aufgeblasenheit nicht das kleinste bisschen Luft, und dann wird der öffentliche Raum zu eng.
Ihnen ist aber schon klar, dass es hier um das menschlich miese Verhalten von Kant geht, und nicht um das anderer oder gar darum, dass es den Opfern, die er durch eigene Entscheidungen und durch Informationen an das Stasi-Unrechtssystems zu solchen gemacht hat, doch gar "nicht so dreckig" ging, wie es vielleicht hätte kommen können.
Nochmal, solche Gedanken sind der blanke Zynismus. Das Geschehene mit anderen Missständen noch zu relativieren geht genauso wenig.
Danke für den angemessenen Nachruf. Kant hat mit "Der Aufenthalt" einen der besten deutschen Romane der Nachkriegszeit geschrieben. Sogar Lutz Rathenow (übrigens der Urheber des Malmots, mit dem der Problembär IBAN in den Beiträgen zu Kant anfangs zu glänzen glaubt) will sich jetzt herablassen, ihn mal zu lesen.
Ergänzend ein Auszug aus einem Gespräch Kants mit Hermann Gremliza, vollständig nachzulesen bei konkret.
" Die Sache war für mich die Veränderung der Welt in eine sozialistische. Und damals, 1979, bei diesen »Kämpfen in unserer Zeit«, wie ich das nannte, ging es ja nicht um das Schicksal des bedeutenden Schreibers Soundso oder des nicht so bedeutenden, aber lauten Schreibers Soundso, sondern es ging natürlich um »die Sache«. Ich hatte sozialistische Vorstellungen, andere hatten antisozialistische Vorstellungen. Wir alle waren Figuren in diesem Spiel. Ich weiß nicht, ob die anderen sich alle so empfunden haben, aber einige von ihnen, die Schlaueren, haben durchaus gewußt, daß sie, als sie das Rote Rathaus betraten, in dem der Berliner Schriftstellerverband tagte, begleitet wurden von einigen Großmächten dieser Welt. Der Medienapparat der westlichen Welt war immer zugegen.
Der Feind der Sache?
Das war nun wirklich der Feind meiner Sache. Kompliziert wurde es dadurch, daß Leute, die ich für Sachwalter meiner Art gehalten hatte, Sachwalter einer ganz anderen Sache waren, vor allem ihrer eigenen.
Konjunkturritter?
Von solchen Leuten rede ich gar nicht. Ich rede von Figuren wie Naumann. Naumann, der Berliner Bezirkschef der SED, wollte Honecker unbedingt ablösen. Und da kam ihm die Auseinandersetzung der Schriftsteller gerade recht, weil er an diesem Streit »beweisen« konnte, daß die Schriftsteller nichts als ein Störfaktor seien – die einen, weil sie störten, und die anderen, weil sie stören ließen. Das könne man am besten regeln, indem man beide abschaffte. Honecker war, entgegen seinem Ruf, in dieser Frage viel schlauer. Er wußte, er hätte eine Chance, seine Sache durchzubringen, nur im Bündnis mit solchen Eierköpfen wie uns. Daraus ergaben sich nun Streitigkeiten, die aussahen, als ginge es um Heym und Kant, in Wirklichkeit ging es um Honecker und Naumann und ähnliche. Vom Weltpolitischen mal ganz zu schweigen.
Das war Ihnen 1979 schon so bewußt wie heute?
Ganz einfach weil ich, so wie wir an diesem Tisch sitzen, mit Naumann gesessen habe, der – zwar besoffenen Kopfes, aber immer sehr klar redend und sehr brutal – zu mir gesagt hat: »Hör zu, der Erich ist zu schwach, der ist zu weich mit euch. Wenn ihr nicht aufhört zu stören, seid ihr abgeschafft. Die Polen haben ihren PEN-Club abgeschafft. Der hat gestört. Geht es ohne PEN-Club? Klar geht es ohne PEN-Club.« Er ist die Ländereien durchgegangen bis hin zu Rumänien. »Wenn du in Rumänien eine Schreibmaschine hast, mußt du sie anmelden bei der Polizei. Gar nicht zu reden vom Kopiergerät. Wollt ihr so was haben?« – Das wußte ich alles, aber das konnte ich weder Ihnen noch sonst jemandem erzählen. Ich mußte versuchen, das irgendwie hinzukriegen. Ich hab es so hingekriegt, wie es kommen mußte: Es ist alles gegen den Baum gefahren, und die Sache hat dadurch nichts gewonnen."
Es ist sicherlich sehr leicht, sich - aus dem sicheren gemütlichen Nest - über konfliktbeladene Existenzen zu erheben. Ich glaube nicht, dass Kant sich als Trümmer-Autor verstanden hat. Der hat aus den Konflikten der Zeit und seinen eigenen Literatur gemacht.
Zu tun hatte er mit den fürcherlichen Folgen eines Autounfalls mit einem schlimmen Ohrleiden und möglicherweise auch Existenzproblemen. Soviel verdiente er nicht mehr. Aber er hat immer weiter geschrieben. Und sich durchaus auch selbst befragt.
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/autoren/zum-tod-des-schriftstellers-hermann-kant-14387659.html
Und hier etwas, das zeigt, dass sich Leute, die was von Kunst und Literatur verstehen, über diesen Kram erheben können. Lesen wird empfohlen.
Was "geht" und was nicht "geht", bestimmen nicht Sie.
Mit Naumann, das war richtig, auch wenn man da bei Kant eine persönliche Komponente mit bedenken muss. Er hat die Frau Oelschlegel an diesen Barbaren verloren.
Ich glaube dem Kant aber aufs Wort, dass das eine Situation war, in der er es nicht ums "Andienen" ging, sondern ums Aushandeln und auch ums Bestehen. Und manchmal macht das auch ein grimmiges Vergnügen - dieser Tanz mit den Mächtigen. Durchaus vorstellbar bei ihm.
Wichtig auch der Verweis auf die Balanceakte unter den Augen der internationalen Medien.
Sie etwa? Meine Meinung hier zu äußern, lassen Sie aber noch zu, oder?
De mortuis usw. Ich versuche, ihm gerecht zu werden, und verurteilen ist nicht meine Sache.
Sein Staat, in dem er Karriere machte und den er mit gestaltete, hatte keine freiheitliche Öffentlichkeit, die eine Auseinandersetzungen mit den Schwachstellen des Systems gestattete. Wer solches Quer-Denken versuchte, erlitt Repressionen und musste - um mit aufrechtem Kopf leben zu können - in den Westen umziehen. Davon konnte Kant nichts, aber er hat sich über die anders denkenden Kollegen gehässig geäussert und hat mit dazu beigetragen, dass es Oppositionellen schlecht (er)ging.
Im Westen hätte er auch als Autor Karriere machen können, allerdings wohl nicht so unumstritten zum Literaturstar werden wie in der DDR. Meine theoretische Überlegung war: Wie hätte er sich (s)einer Regierung gegenüber verhalten, wenn es eine lebhaft debattierende Öffentlichkeit gegeben hätte, ein unabhängiges Rechtssystem, ein pluralistische Medienlandschaft wie im Westen.
Hätte er dann auch den Staatsdichter gegeben und den regierungsnahen Verbandsfunktionär ? In einer freien Gesellschaft hätte er vielleicht seine Unabhängigkeit genossen.
"zeit(un)geistvergiftet" ist ein treffendes wort in dieser bemühung um die treffenden worte.
"Ich glaube nicht, dass Kant sich als Trümmer-Autor verstanden hat."
Als er vor den Trümmern der DDR, seiner DDR, stand bzw. sie wahrnehmen musste, und somit dieser sozialistische Ansatz gescheitert war, hat er sicherlich nicht seine Rolle darin gesehen, diese Trümmer zu reflektieren.
Leider nichts reflektiert. Denn er hat in der langen Zeit von 1990 bis seine Sicht der DDR und seine Rolle in seinen Büchern sowohl vergoldet als auch verharmlost, IM Martin war in der Fiktion immer als seine Realität, sein leben, dabei. Die grosse sprachliche Begabung reizte wohl zum Überziehen; Franz Fühmann sah das schon am 30. Mai 1978:
„Ich habe mir gestern zum Beispiel die Rede des – nun gut, sagen wir also: des Kollegen Hermann Kant auf dem Schriftstellerkongreß im Radio angehört, und nun dasitzen zu müssen, Verdrehung, Verfälschung, winzige Verläumdung, kleiner Dreckspritzer und großes Pathos, hohlste Phrase und ekelhafteste Sentimentalität...“
bis jetzt wusste ich nicht, was oder wer ein bromflaschenöffner ist. jetzt ahne ich es. danke, apatit.
Ich glaube hier liegt ein Missverständnis vor. Kant wollte sicher eine freie Gesellschaft nur hat er die, im Gegensatz zu einigen seiner Schriftstellerkollegen, nicht im Westen gesehen, Das ist wohl sein Fehler und wird ihm bis nach seinem Tod angekreidet. Ich kann Kants sehr gut nachvollziehen.
sollte heißen: Kants Position
Ich denke es ist müßig, weiter gegen Seilschaften anzuschreiben, hier gibt es keine Bereitschaft zur Einsicht, dass da einer vom Sockel soll, den er durch einen Pakt mit dem Unrecht erklommen hat.
Adorno und Horkheimer hätten zu diesem Anspruch, beständig irgendwen oder irgendwelche, die man doch nur oberflächlich kennt und wahrgenommen hat, "vom Sockel zu stoßen", hingeschrieben, es drücke sich gerade darin eher schon der innere Antrieb eines autoritären Charakters aus, der alles, die Kultur, die Geschichte, die Menschen in ihr und vor ihr, endgültig zu sortieren wünscht und daher rund um die Uhr mit solchen Wertungen beschäftigt ist.
Es "soll und muss", immer und ständig, selbst dann, wenn, wie Sie es doch selbst schrieben, diese Sache, der kleine Nachruf so völlig unwichtig ist, ein "Sturz" herbeigeführt werden und nichts scheint den Fleiß und Einsatz mehr zu beflügeln, als solche "nebensächliche" Überlegungen anstellen zu können.
Hermann Kant hat beileibe keinen "Pakt mit dem Unrecht" geschlossen. Das ist völlig daneben. Dass er manches Mal nicht erkannt hat, wie sehr bestimmte Strukturen seines Staates tiefstes Unrecht waren, teilt er mit so manchem anderen Intellektuellen, in diesem 20. Jahrhundert.
Es gibt aber wirklich andere, die sich ganz bewusst mit dem Teufel oder aber, mit seinem eher realweltlichen Pendant, der absoluten geschichtlichen Notwendigkeit und Gewissheit, einließen.
Leider ist der autoritäre Stil, der wieder überhandzunehmen droht und Diskussionen, die ein wenig weiter bringen könnten, geschweige denn das Handeln auf eine andere Zukunft hin, so unmöglich schwer macht, lustvoll besetzt.
Hermann Kant ist Geschichte. Wer dessen Bücher liest und seine paar Jahre im DDR-ZK zur Kenntnis nimmt, der kann diese Geschichte auch annehmen, ohne gleich alles zu entwerten.
Kant war ein prominenter und guter Schriftsteller, in einem gescheiterten Staat und er diente diesem Staat, selbst mit seiner Ironie, zu der er fähig war. Die scheinbare Veredelung des Scheiterns, mit vielen Orden aus Buntmetall und Bronze, mit Flaggen und Ehrenwimpeln, mit Losungen und Sprüchen, dieses unbedingte Bedürfnis, sich Erfolge herbei- und einzureden, sie herbeizuschreiben, wo doch Misswirtschaft und Einengung herrschten, hat es selbst mehrfach meisterlich beschrieben, zum Beispiel in seinem Roman "Okarina".
Grüße
Christoph Leusch
„Kämst Du noch einmal auf die Welt, schriebst du nur Bücher“,
Schrieb Kant
Das wäre ihm zu wünschen.
Was soll nun noch der dicke anklagende Zeigefinger? Nach dem Tode eines Mitmenschen geht es nur noch um die Würdigung und Erinnerung dessen, was der Verstorbene gegeben hat – und ums Verstehen ...
Korr.:
Was soll nun noch der dicke anklagende Zeigefinger? Nach dem Tode eines Mitmenschen geht es nur noch um die Würdigung und Erinnerung dessen, was der Verstorbene zu seinen Lebzeiten gegeben hat – und ums Verstehen.
Ich versuche, ihm gerecht zu werden, und verurteilen ist nicht meine Sache.
Glaube ich Ihnen. Aber ich finde, zur Würdigung Kants (oder jedes politischen Schriftstellers) gehört mehr, als was Sie kommentieren.
Kant war verbohrt. Dass die Nachruferin das nicht sieht, mag zu Recht Widerspruch auslösen. Verbohrtheit hat aber auch ihre respektablen Seiten: Kant hat z. B. niemanden darüber im Zweifel gelassen, auf welcher Seite er stand, und ich sehe keinen Grund zu glauben, dass Karrierismus oder Niedertracht die Motive seines Lebens waren. Und wie sagte einmal Thilo Koch (ich glaube, er war's): "Der Bewunderer des Werks soll sich nicht wünschen, dem Autor zu begegnen."
Ich würde mir wünschen, ranghohe innere Feinde unserer Verfassung (mir fallen jetzt nicht zuerst die ein, die vermutlich von "unserem" Verfassungsschutz beobachtet werden) äußerten mit vergleichbarer Entschiedenheit wie Hermann Kant, was "ihre Sache" ist. Das die Bundesrepublik noch nicht ganz auf den Hund gekommen ist, verdanken wir jedenfalls sehr viel mehr den Westalliierten und einem aus den Erfahrungen böser Vergangenheit gewonnenen Grundgesetz, als unserer eigenen Integrität. Ausnahmen mögen die Regel bestätigen; niemand muss sich persönlich angesprochen fühlen.
Aber von mir wird es weder Hass noch Verdammung bei Nachrufen auf unsere Spitzenleute (Namen lasse ich stecken; ich glaube, der halbautomatische Mod-Filter ist da sensibel) geben, so wie hier zum Teil mit angeblich noblen Motiven Hass geäußert wird.
Schauen Sie ruhig mal genau hin in diesem Thread: mit Freiheitsliebe oder Respekt vor den unveräußerlichen Rechten des Menschen hat diese Art Kant-Kritik nichts zu tun.
“Kant war verbohrt“ Was soll das aussagen? War das Carl Friedrich von Weizsäcker auch und noch viele fortschrittlichen Deutsche … von den man heute! ( Zeitgeistgemäß ) nichts mehr hört? “ Kant hat z. B. niemanden darüber im Zweifel gelassen, auf welcher Seite er stand, und ich sehe keinen Grund zu glauben, dass Karrierismus oder Niedertracht die Motive seines Lebens waren.“ Das haben sie gut gesagt und erkannt! Für mich sind die berechenbaren Menschen meistens die mit Charakter. Und als Zeitzeuge könnte ich ihnen Bespiele nennen, für menschliche Abgründe und ich meine nicht den notwendigen Opportunismus, weil man auch an die Fam. denken muss.
Hätten Sie mit gleicher "Bewertung" zur Kenntnis genommen, mit welch abstoßendem Zynismus und auf wessen Kosten hier versucht wurde, diesen völlig unangebrachten imaginären Sockel für den Verblichenen zu errichten, verstünden Sie auch meine Intention, nochmal in den Diskurs einzutreten, zwecks Widerrede.
Aber hier scheint mehrheitlich ohnehin Einheitsmeinung infolge einseitiger Betrachtung (die literarischen Ergebnisse können doch nicht mit menschlichen Fehlleistungen "verrechnet" werden) erwünschter zu sein, weshalb für mich auch an dieser Stelle das Thema durch ist.
Es ist wie immer: die Täter haben die Aufmerksamkeit, die Opfer werden (wie ironisch aus diesem Anlass) tot geschwiegen.
Guten Tag.
Wer ermordete Luxemburg und Liebknecht und wer Trotzki? | Nr. 74 ...www.poetenladen.de/zwerenz-gerhard-sachsen99-74-luxemburg-liebkne...09.01.2012 - Gerhard Zwerenz: Nachwort 74: Die Suche nach dem anderen Marx. ... ist es mit der ersehnten Flugschule, er wird nicht wegfliegen, er wird wegstiefeln müssen. ... Gerhard Zwerenz, Hermann Kant: Unendliche Wende.
..... kleine empfehlung ...
Was ist Ihre konkrete Position?
Schwurbeln über was?
Wer lesen kann, ist meist im Vorteil.
Kant wollte sicher eine freie Gesellschaft nur hat er die, im Gegensatz zu einigen seiner Schriftstellerkollegen, nicht im Westen gesehen,
In der DDR kann er sie allerdings auch nicht gesehen haben und wenn doch, dann hätte sein Blick auf die Realität sehr getrübt oder verklärt sein müssen, was er aber nicht war. Außerdem kann man nicht eine freie Gesellschaft haben wollen und dann denjenigen zuarbeiten, die das Gegenteil wollen. Und seine Kollegen verrät man auch nicht. So einfach ist das. Wer es trotzdem tut, hat sich nichts mehr zu fragen, jedenfalls nicht öffentlich und nicht mit dem Anspruch auf Gehör. Aber das scheint er ja auch so gesehen zu haben, denn mit nennenswertem Rechtfertigungsgetue ist er ja wohl nicht hervorgetreten, was ihm freilich auch niemand abgenommen hätte. Er wusste natürlich, was ihm geblüht hätte, wenn er es versucht hätte.
Was von ihm bleibt, sind ein paar gute Bücher und die Bestätigung der altbekannten Erkenntnis, dass man mit den Mächtigen nicht paktiert und schon gar nicht zulasten seiner KollegInnen.
für mich eine sehr nachvollziehbare nüchterne Einordnung, danke dafür.
....denn mit nennenswertem Rechtfertigungsgetue ist er ja wohl nicht hervorgetreten, was ihm freilich auch niemand abgenommen hätte. Er wusste natürlich, was ihm geblüht hätte, wenn er es versucht hätte.
Das übernehmen ja leider mehrheitlich (zumindest hier) nun andere für ihn, ironischerweise aus Anlass seines Todes.
Nachrufe scheinen überhaupt die perfekte Gelegenheit mit unterschlagender Verklärung Ressentiments zu bedienen, statt sich endlich mal ehrlich zu machen.
.... so wird meist die allerletzte Gelegenheit dafür zu einer Farce.
Ihre Frage zu Carl-Friedrich von Weizsäcker habe ich nicht verstanden - da wäre es gut, wenn Sie die Lücke füllen würden.
Ich halte Hermann Kant für verbohrt, weil er einem Staat diente und meinte, er müsse für die Verbrechen, die sein Staat beging, keine Mitverantwortung übernehmen. Das ging z. B. so:
Die ungeheuerlichen Anstrengungen der Gegenseite, die mit allem ausgerüstet war, hätten dieses schäbige Ergebnis niemals zeitigen können, wenn wir uns aufgemacht und das Interesse der Leute mit entsprechenden Informationen bedient hätten. Das haben wir aber nicht getan. Es war alles immer in Ordnung. Die leiseste Bedenklichkeit wurde zugedeckt mit dem Spruch: Es muß nur noch besser werden. Es war schon immer alles sehr gut, es mußte nur noch besser werden. Mit dieser Haltung in einer Lage, in der schon gar nichts mehr gut war, haben wir uns natürlich denen ausgeliefert, die kühl unseren Untergang betrieben. Das ist ganz einfach. Wie hat Honecker zu mir gesagt? »Hör mal, wozu sollt ihr Schriftsteller über das schreiben, was nicht in Ordnung bei uns ist? Gut, es gibt einiges, das ist nicht in Ordnung, noch nicht, es muß noch besser werden. Aber wir machen das so: Der Gegner, das macht er sowieso, benennt alles, was schlecht bei uns ist, und wir benennen, weil er das natürlich nicht macht, alles, was gut bei uns ist.«
Das hat er im Ernst gemeint, und wenn ich mir vorstelle, daß er das nicht nur an mir tumbem Schriftsteller versucht hat, sondern seinem gescheiten Kollegium vorgetragen hat, und die haben alle genickt, dann brauche ich mich nicht zu wundern, daß ich jetzt hier sitze in einer absolut kapitalistischen Welt.
Kant war nicht der Hauptverantwortliche. Aber es ist symptomatisch, dass er sich selbst als "tumben Schriftsteller" bezeichnet, und das Politbüro als "gescheites Kollegium".
Und das ist eben nicht nur stoisch-lakonisch, wie Dietmar Rath es nennt. So spielt man seine Rolle auch herunter. Nicht das "kleine Rad" - das nicht. Denn das wäre ja eine entwürdigende Bezeichnung für einen irgendwie großen Mann.
Es gibt dazu ein interessantes Kontrastprogramm: Max Frisch, der keinem Staat diente (außer seiner Schweiz, für ein paar Monate an der Waffe), der aber nie aufhörte, sich selbst nach seinen vergleichsweise überschaubaren Verstrickungen zu befragen, und für den es keine black box gab, bei der die Untersuchung aus heilig-heiligen Gründen aufgehört hätte.
Frisch wird gegen Ende seines Lebens diese Aussage zugeschrieben:
Es ist eigentlich gut, daß der Film jetzt erst gemacht wird, nachdem die Ideologien so gründlich erschüttert sind und man eigentlich wieder auf die existentialistische Haltung der fünfziger Jahre zurückgeworfen ist. Gibt es denn Schuld, oder sind wir schon dadurch, daß wir geboren sind, schuldig? Wir haben keine positive Utopie mehr, wir haben eigentlich keine Hoffnung mehr; aber wir wollen uns nicht damit abfinden, mit dem Leben, so wie es ist.
Der Glaubende hat es nicht unbedingt leichter als der nicht zu entmutigende Skeptiker. Aber er hat es bequemer. Weder Kant noch Frisch wollen sich mit dem Leben (oder der Welt) wie sie sind, abfinden.
Aber Frisch hat den Mut zu erkennen, dass es weder Kants "Sache" sein kann, noch die Maos (von der er sich auch eine Zeitlang globalen menschlichen Fortschritt erhoffte), die ein besseres Leben ermöglichen als das, das ist. Er stellt die Frage neu - und das als alter, sterbender Mann.
Die Antworten von gestern taugen m. E. nicht für die Welt von heute oder von morgen - am wenigsten, wenn sie ihre eigene Verbohrtheit so deutlich unter Beweis stellen.
Fragemente mögen nützlich bleiben; das "Ganze" hat sich in der Tat diskreditiert.
"Die Antworten von gestern taugen m. E. nicht für die Welt von heute oder von morgen - am wenigsten, wenn sie ihre eigene Verbohrtheit so deutlich unter Beweis stellen."
Sehe ich naturgemäß völlig anders und sie eben mit ihrer Sichtweise der Dinge. Belassen wir es mit gegenseitiger “Verbohrtheit“! … blödes Wort
Kant ist ein Beleg für das alte Sprichwort, demzufolge der Weg in die Hölle mit guten Absichten gepflastert ist.
Die SED, die Mauer, die Grenzzäune und die Stasi, all das verblasst zwar nicht in der Erinnerung und der Psyche der Opfer, aber es ist kaum mehr als eine Randnotiz im Reigen dessen, was der "freie Westen", dieser Supermoralist, der vor lauter moralischer Integrität kaum noch aus der Selbstbewunderung heraus kann, sich tagtäglich im Mittelmeer, entlang der Balkanroute oder auch gleich in den Ländern des neuen Ostblocks, der islamischen Welt, erlaubt, von feinen kleinen verbrecherischen Spielchen, wie sie die WTO betreibt, und einer Unmenge intranationaler Schweinereien ganz zu schweigen.
Das entschuldigt Kant nicht und macht ihn nicht besser, ordnet aber den politisch relevanten Teil seiner Kritiker ein, die im wesentlichen seinesgleichen auf vielfach größerer Skala sind. "Du Affe", sagt der Gorilla zum Rhesusäffchen.
In der SZ zitiert Jens Bisky heute eine Anmerkung von Reich-Ranicki aus den 70er Jahren, die das sagt, was zu Hermann Kant zu sagen ist: "Dieser Schriftsteller war und ist ein harter und intelligenter Gegner unserer westlichen Welt. Zur Herzlichkeit haben wir wahrlich wenig Grund. Aber doch zu einer knappen, respektvollen Verneigung."
... gut gesagt und leider wahr! (*****)!
apatit 15.08.2016 | 18:45 @Nordlicht
"Dieser Schriftsteller war und ist ein harter und intelligenter Gegner unserer westlichen Welt", schrieb etwa Marcel Reich-Ranicki. "Zur Herzlichkeit haben wir wahrlich wenig Grund. Aber doch zu einer knappen, respektvollen Verneigung."
Das können leider ( Zeitgeistvergiftet ) nur wenige Menschen!
“Verbohrtheit“! … blödes Wort
dann schreiben Sie es doch ohne "h", so passt es dann auch besser in Ihren Chemiebaukasten, sogar noch vor Brom.
Die SED, die Mauer, die Grenzzäune und die Stasi, all das verblasst zwar nicht in der Erinnerung und der Psyche der Opfer, aber es ist kaum mehr als eine Randnotiz im Reigen dessen, was der "freie Westen", dieser Supermoralist, der vor lauter moralischer Integrität kaum noch aus der Selbstbewunderung heraus kann, sich tagtäglich im Mittelmeer, entlang der Balkanroute oder auch gleich in den Ländern des neuen Ostblocks, der islamischen Welt, erlaubt, von feinen kleinen verbrecherischen Spielchen, wie sie die WTO betreibt, und einer Unmenge intranationaler Schweinereien ganz zu schweigen.
Es gibt einen Unterschied: Wenn Sie etwas derartiges in der DDR geschrieben hätten, so ungefähr, wären Sie in Hohenschönhausen oder Bautzen gelandet, oder hätten zumindest damit rechnen müssen, weshalb Sie es tunlichst nicht geschrieben hätten. Meinungsfreiheit geht anders, was man als Schriftsteller zu wissen hat und wozu man sich zu positionieren hat.
Dass sich hier, bei den Supermoralisten, viel zu wenig dagegen empört wird, wie man mit den Flüchtlingen umgeht, steht auf einem anderen Blatt, auf dem aber einer wie Kant nicht eben als Moralist abgebildet werden müsste.
Mit dem hier auch wieder zu beobachtenden Relativieren von eindeutigem Versagen einer konkreten Person mit plakativen Ressentiments machen sich die Angesprochenen bestenfalls unglaubwürdig, eher lächerlich, in jedem Fall aber diskreditieren sie sich selbst.
schon eine komische ironie in dem zusammenhang, aber ich habe schon immer den staatsnahen meinungen und meinungsträgern mißtraut. ursus.
Vielleicht nicht verbohrt, aber irgendwie strange finde ich es, nebenbei bemerkt, auch, lange Palaver mit Little Sir Echo abzuhalten.
Muss aber jeder selbst entscheiden, ob das zu irgendetwas gut ist.
Jo, lassen wir's so stehen.
wie gnädig, jedem selbst zu überlassen, mit wem er sich unterhält.
Was soll dann aber Ihr ständiges "Palaver" über Bande mit "Little Sir Echo"? Ist Ihnen noch gar nicht aufgefallen? ach was.
Die SED hat sich auch jeden Schuh angezogen, der irgendwem hingestellt wurde ...
der war grottenschlecht, versuchen Sie es nochmal, Sie können es doch besser.
"Kant wollte sicher eine freie Gesellschaft nur hat er die, im Gegensatz zu einigen seiner Schriftstellerkollegen, nicht im Westen gesehen,... "
Ob er eine freie Gesellschaft wollte, ist für mich nicht so klar. Kann er die DDR als freie Gesellschaft gesehen haben? Wohl kaum. Sicherlich hatte die Führung dieses Staates andere Proiritäten als individuelle Freiheit.
… Stöckchen holen ist nicht jedermanns Ding! “versuchen Sie es nochmal“ - ist doch so selbst entlarvend Ursus – merken sie das nicht selber? Wir wählen so lange, bis uns das Ergebnis passt?!
Sie sind sicherlich auch CIA Fan oder?
Man vergißt vielleicht, wo man die Friedenspfeife vergraben hat, aber man vergißt niemals, wo das Beil liegt.
Mark Twain
... (!) Grins -;)))
Wie ich bereits andeutete, es geht mir nicht darum, Kant zu entlasten. Ich habe einfach ein Problem damit, wenn Dreckschweine zu Dreckschweinen "Dreckschwein" sagen und versuchen, dahinter zu verbergen, dass sie seinesgleichen sind. Und ein noch größeres Problem habe ich, wenn sie damit Erfolg haben.
Und was die Meinungsfreiheit angeht, schaut man besser zweimal hin, oder auch öfter, solange man nichts Merkwürdiges daran erkennen kann.
Aber!beunruhigend ähnlich in Verstrickung, Fehlverhalten und Pakten mit "den Falschen" sind die Erkenntnisse beim Vergleich von H. Kant mit dem wohl "größten" Schriftsteller der DDR Erwin Strittmatter.
Strittmatters Demaskierung erfolgte zwar nicht durch seine kurze allerdings "erfolglose" Stasi-Tätigkeit, sondern durch seine eigenen Tagebücher und Briefe, die er selbst zwar geringschätzig, aber dennoch mit seinem Innersten verbunden, als "abgestoßene Seelenhäute" bezeichnet hat.
Man könnte auch noch, wenn auch mit etwas anderer Wendung Franz Fühmann hinzufügen.
Beide hatten im Krieg auf deutscher Seite gekämpft, beide waren nach dem Krieg als Autodidakten zur Literatur gekommen und als Autoren früh gefördert worden, beide hatten Erfolg mit dem, was sie schrieben, und beide hatten eine Zeit lang einen Pakt mit der Partei- und Staatsführung geschlossen, die ihnen das Angebot gemacht hatte: Wir verzeihen euch, und dafür macht ihr bei uns mit.
Fühmann wurde neben seiner Arbeit als Schriftsteller Funktionär der Nationaldemokratischen Partei, Strittmatter 1959 bis zu seinem Zusammenbruch ein Jahr später 1. Sekretär des Schriftstellerverbandes. Beide haben kurzzeitig und im Zusammenhang mit ihrer Funktionen als Informanten der Staatssicherheit gearbeitet, beide waren unergiebige Quellen, die Akten wurden bald wieder geschlossen.
Angesichts solcher Parallelen bei den Spitzen der Literatur muss doch die Frage erlaubt sein, die Menschen dahinter losgelöst von ihrem "Werk" zu betrachten und so zu völlig unterschiedlichen Einschätzungen zu kommen.
Dabei sollte man die erwartbaren divergierenden Ergebnisse weder zum Relativieren, noch zum Instrumentalisieren einsetzen und schon gar nicht gegeneinander "aufrechnen".
oder anders gefragt:
kann das Werk eines Schriftstellers losgelöst von seiner Biografie existieren?
Was möchten Sie denn mit dieser Auflistung bezwecken? Dass diese Personen an etwas arbeiteten, das dann ja auch öffentlich nachzulesen war, wenn's mehr nicht ist, wo ist der Grund der Aufregung? Gauck hat auch in der DDR gelebt und gehörte dazu oder nicht? Merkel auch. Sie waren so artig dass es gar keine Stasiakten von ihnen gibt! Sie sehen, alle haben 2 Seiten.
Alle Menschen wollen in jedem Regiem, in das sie ihr Schicksal warf, überleben, Was denn sonst. Ich bin sicher, auch Ihr Lebenslauf wird mindestens 2 Seiten zeigen. Persönliche Schuld ist etwas anderes. Und wenn wir klug sind, lernen wir aus dem Gesamtbild dieser Persönlichkeiten. Wer mit 7o Lebensjahren nicht mehr weiß als mit 17, hat doch den größeren Mangel. Auch Gauck u. Merkel suchten ihren Vorteil in diesem System und tun heute so, als dass es nur ganz garstig gewesen sei. Sie haben aber beide mitgewirkt! Und beide eher keine materiellen Mangel erlitten. Auch keine Reisebeschränkungen, dazu muss Gauck ein zuverlässiger Genosse im Geiste gewesen sein.
Fazit: Was soll diese Auf- und Abrechnerei bezwecken?
Und wie war das bei uns im Bundestag, als Stephan Heym.
Wenn Sie meine Frage, sogar in unterschiedlicher Formulierung nicht verstehen (wollen), kann ich auch nicht weiter helfen. Es geht mir gerade nicht um Auf/Abrechnungen, sondern um die Trennung von Biografie und Werk, da zumindest für mich dies eine Möglichkeit wäre, nicht beides ablehnen zu müssen.
Denken Sie doch nur mal an Richard Wagner, um mal von Schriftstellern, Stasi und der DDR weg zu kommen.
Mögen Sie Wagners Musik (falls Sie sie mögen) trotz seiner Biografie oder wegen seiner Biografie oder lehnen Sie Wagner persönlich wegen seiner Biografie zwar ab, können aber trotzdem problemlos sein Werk genießen?
Philosphisch gesehen ja. Kunstwerke gehören zu den abstrakten Gegenständen, die einmal in die Welt gesetzt, unabhängig von dieser existieren (Beethovens Neunte würde auch dann noch existieren, wenn es weder Noten, noch Aufführungen oder Aufnahmen gäbe).
Ob ich ein Kunstwerk "genießen" kann, wenn mir der Urheber als völlig inakzeptabler Mensch erscheint, ist eine andere Frage.
Ich bin ganz froh, dass ich mit den Künstlern, deren Werke ich schätze, nicht persönlich bekannt bin. Das erspart mir einige kognitive Dissonanzen.
soweit so schlecht, bleibt aber immer noch die Gretchenfrage offen.
Das spielt ja auch in den Alltag hinein: kaufe ich die "tolle" Technik von dem angebissenem Apfel, oder lasse ich die wegen menschenunwürdigen Verhaltens des Herstellers links liegen?
soweit so schlecht, bleibt aber immer noch die Gretchenfrage offen
Das hängt davon ab, ob die Frage im Rahmen eines abstrakten moralphilosophischen Prämissensystems gestellt wird oder im Rahmen erfahrungsbasierter menschlicher Lebenswelt. Das moralphilosophische System kann immer fordern, seine Werturteile absolut zu setzen, also verbindlich für alle Menschen, und wer sich dem entzieht, habe als verwerflich zu gelten. Im Rahmen eines erfahrungsbasierter Lebenswelt mag das anders aussehen, da spielen Fragen wie Relevanz durch eigene Erfahrungen oder Irrelevanz durch nicht vorhandene Erfahrungen eine größere Rolle. Und selbst auch, man mag es nicht glauben, Aspekte wie Mitleid und Erbarmen mit solchen, die kein Mitleid und kein Erbarmen verdienen, weil sie selbst keines erwiesen haben. Ein Fließgleichgewicht, leicht aus dem Fließen und aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Jedenfalls, menschliche Renitenz lässt sich nicht gerne auf die Erfahrungen anderer verpflichten, und sie behält sich vor, diesen Erfahrungen gegenüber gleichgültig zu bleiben.
eines
Ohne ein "gesundes" Maß an Verdrängung müsste jeder an den Verhältnissen verzweifeln.Wäre ich Christ, würde ich darauf bauen, dass auch den Sündern Einlass ins Himmelreich gewährt wird.
So bleibt mir nur die Einsicht, dass ich wohl nicht besser aber auch nicht schlechter als die meisten Bürger unserer Konsumgesellschaft bin.
Ich habe ja nicht gesagt, dass er die DDR als das gesehen hat - nur war eventuell der Westen keine Alternative. Wenn ich mir heute manche Leute anschaue ,wie sie unter psychischem Druck sind und wie der Alltag zu DDR-Zeiten gelebt wurde, dann ist es schwer, diese Gesellschaft wirklich als die freiere zu bezeichnen. Aber was Reisefreihet oder Meinungsfreiheit betrifft haben Sie natürlich recht. Bei der Pressefreiheit allerdings nähern wir uns wieder DDR-Verhältnissen an.
hallo Lehte,
die erste Option können wir hier ganz ohne Dissenz gleich ausschließen.
Blieben die beiden anderen übrig. Spontan würde ich ja gerne die zweite Option, also die erfahrungsbasierte Lebenswelt hier erkennen, tue ich aber nicht: aus der Mehrheit der Kommentare scheint DDR-Renitenz der Antrieb gewesen zu sein, sonst würden nicht Relativierung, Verharmlosung und Leugnung von Fakten sowie unerträglicher Zynismus als Argumente vorgebracht, von Demut, die der Protagonist ja schon vermissen ließ, nicht die geringste Spur, im Gegenteil, Schuldumkehr ist der Plan.
Von ad personam Beleidigungen mal ganz abgesehen.
Mit anderen Worten, für alles, was der Verstorbene in Bezug auf sein Fehlverhalten noch während seiner Lebzeiten ungeklärt ließ, hätte man um Verständnis werben können, von Akzeptanz will ich gar nicht erst reden.
Stattdessen wurde mal wieder die Mauer hoch gezogen, zumindest als Hologramm.
Mich würde interessieren, woher Sie die DDR kennen- aus eigenem Erleben oder vom Hörensagen. Falls Letzteres, woher nehmen Sie die felsenfeste Ueberzeugung, mit der Sie Ihre Urteile verkünden? Ich habe nicht nur selbst 23 Jahre in diesem Land gelebt, ich kenne auch sehr viele Leute verschiedenen Alters und mit verschiedenen Lebensgeschichten, die lange Jahre in diesem Land verbracht haben. Die Bemerkungen, die Sie ständig zum Thema DDR machen, haben mit der Lebenswirklichkeit dieser Leute sehr wenig zu tun.
Mich erinnern Sie, mit Verlaub, jedenfalls eher an die Sorte von Leuten, die wir in der DDR "dummrot" nannten, nur mit umgekehrtem Vorzeichen.
Sehr geehrter Herr Jeschke,
ich habe mich ausführlich mit ihrem Post beschäftigt.
Mit freundlichen Grüssen
Ich denke, das kommt Ihnen irgenwie bekannt vor, obwohl "dummrot" passt natürlich auch gut zur DDR-Renitenz.
"Bei der Pressefreiheit allerdings nähern wir uns wieder DDR-Verhältnissen an."
??? (Da kannten Sie die DDR-Verhältnisse wohl nicht.)
Auf seine Weise hatte der alte Mississippilotse bestimmt recht, obwohl seine Streitäxte wohl kaum etwas mit echten Feinden zu tun hatten. Ich glaube, er hatte keine.
Darum beschäftigte er sich auch so gerne mit ihnen.
Nun, Kant selbst hat sich nicht wirklich erklärt und wird das auch nicht mehr tun. Was bleibt, sind Menschen, die früher mal in der DDR lebten, vielleicht unter ihm gelitten haben, vielleicht auch nicht, und die zu unterschiedlichen Bewertungen seiner Person kommen. Es gibt offenbar weder eine geschlossene Front der Apologeten, noch eine solche der Ankläger, noch eine emotionsunbehaftete Bewertung. Das zeigt mir vor allem eines: Die Bewertung erfolgt zu früh. Viel zu früh.
Natürlich, jede Zeit will sich von der vorhergehenden absetzen, und jede Gesellschaftsform von solchen, mit denen sie sich in Konkurrenz sieht oder sah. Aber die relative Nähe erzeugt Verengungen der Perspektiven, einfach deswegen, weil die Dinge noch unter den Nägeln brennen. Der Wunsch, wegzusehen, gegen den Wunsch, büßen zu lassen.
Warten Sie noch 100 Jahre. Dann besteht Chance auf eine Gesamtbewertung Kants, die annähernd objektiv ist. Ich zweifele nicht, dass diese nicht sonderlich günstig ausfallen wird, aber vielleicht auch nicht so ungünstig, wie sich viele das derzeit wünschen.
Zu Ihrer Gretchenfrage: Ich ignoriere das Werk von Künstlern, die ich als Mensch nicht goutiere. Ich fühle mich dabei allerdings nicht zu Detektivsarbeiten genötigt, um vor dem Werkkonsum zu entscheiden, ob jemand in diese Kategorie fällt. Aber man liest natürlich auch einiges aus dem Umfeld von Werken.
Bei Kant ist es so eine Sache. Die Ereignisse, die ihn degoutant erscheinen lassen, sind weit weg von jeder Relevanz für mich. Ich stehe ihnen gleichgültig gegenüber. Von daher könnte ich ihn lesen, aber ich fühle mich nicht dazu motiviert. Die Kontingenz wird es entscheiden^^
http://www.rbb-online.de/zurperson/interview_archiv/wolf_gerhard.html
Das fragt Günter Gaus im Jahr 2001 Gerhard Wolf:
Gaus:
Herr Wolf, sagen Sie mir eins, soweit Sie es verstehen können, warum ist die Mehrheit der Westdeutschen - soweit sie sich überhaupt interessiert für das, was drüben in der DDR passiert ist, außer, wenn es dramatisch war - seit wann, warum ist die Mehrheit der Westdeutschen offensichtlich so unfähig, die Klischees, die grobschlächtigen Betrachtungsweisen von der real existierenden DDR, vom real existierenden Leben in der DDR zu überwinden. Warum sind die Westdeutschen mehrheitlich so borniert?
Gerhard Wolf hat aber auch keine richtige Antwort darauf.
Ich bin mir nicht so sicher, ob Kant die DDR nicht doch als "freies Land" betrachtete. Die Begriffe sind da unterschiedlich - und manchmal auch klassenabhängig. Immerhin dürfte er davon überzeugt gewesen sein, seine Entwicklungsmöglichkeiten wesentlich dem real existierenden Sozialismus zu verdanken - und damit kein Einzelfall zu sein.
Das mag mancher Forist hier nicht einsehen wollen - aber es gab Sowjetbürger, die ihr Land ebenfalls als frei betrachteten. Es sei denn, Sätze wie
I know of no other such country
Where a man can breathe so freely
hätten Lach- oder Weinkrämpfe ausgelöst.
Propaganda kann viel bewirken. Sie kann auch kritische Sinne dämpfen - nicht zuletzt, und da stimme ich Ihnen ausdrücklich zu - im Westen. Es wird viel gefühlt, und zu wenig nachgedacht.
Und es gibt einen vorauseilenden Gehorsam, der von keinem amtlichen Zensor befohlen werden muss.
Ich ignoriere das Werk von Künstlern, die ich als Mensch nicht goutiere.
Tatsächlich? Mir fällt dazu der begnadete Geiger in Marcel Prousts "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" ein, der ein schäbiger Mensch von niedriger Gesinnung war, aber als Musiker seine Zuhörer betörte.
Ein musikalisches Werk wird doch nicht schlechter, wenn sich raus stellt, dass sein Komponist ein unsympathischer Menschenfeind ist.
Die Frage, in welchem Umfang man in der DDR gelebt haben muss, ob Meinungen zu Zuständen und Personen äussern zu dürfen, zielt in Richtung "Ich weiss es besser, ich war selbst dabei."
Das ist immer zweischneidig. In vielerlei Hinsicht ist man "dabei" nicht informiert, spätere auf Dokumenten und Berichten gestütze Urteile sind oftmals richtiger. Ich bin im Westen aufgewachsen und habe seit Mitte der 60er mich im politischen Protest gesehen und betätigt - nicht wissend, dass die bundesrepublikanische Friedensbewegung eine Marionette von MfS bzw Stasi war. Dass die RAF-Verbrecher dort Unterschlupf bekamen.
Dass die DDR ihren an der sog. Friedens-Grenze bewährten Minentyp PPM-2 an Nordvietnam zu Verteilung auf südvietnamesische Felder und Pfade lieferte, hätte ich wissen können - aber ich las eher Zeitungen und Magazine (zB Konkret), die von dem MfS finanziert wurden. (Was damals niemand der Leser wusste.)
Was unter den Schriftstellern der DDR an ofiziellen Äusserungen verlautbart wurde, habe ich gelesen, aber die Konflikte und die Tragik von "richtig liegen" nicht verstanden. Was es bedeutete, als Autor anders zu schreiben, als die Kulturpolitik für richtig erklärte, liest man heute wohl besser und ausführlicher, als man es als DDR-Zeitrgenosse mitbekam. Dass H. Kant als Kulturfunktionär Häme über Kollegen ausschüttete, war nicht wie im Westen harmloser Streit oder Neid unter Kollegen, sondern konnte (und hat) Existienzen vernichtet.
Das kann man aus heutiger Sicht und mit heute zugängigen Dokumenten feststellen.
Was man damit nicht aus Wessi nachvollziehen kann, ist die Angst und Stimmung, unter der beispielsweise Christen oder Pazifisten zu leiden hatten. Religion war nach offizieller Sicht "Aberglaube", wer sich als Christ definierte, als Schüler von den Eltern zum Religionsunterricht geschickt wurde und nicht Jungpionier wurde, wer wusste, dass bestimmte Dinge zu sagen gefährlich war, der hat sicherlich seine DDR-Jugend anders in Erinnerung als ein Kind einer Familie, die angepasst war.
Dass es sehr verschiedene Erinnerungen an die DDR gibt, ist verständlich. Auch im Westen gab es keine einheitlichen Lebenswege. Als Assistent war ich Anfang der 70er mal mit dem Prof. (Jahrgang 1923) auf einer längeren Zugfahrt, er kam ins Reden und sagte sinngemäß seine Erinnerung an den NS-Staat: "Ich weiss heute, die Nazis waren Verbrecher, aber als HJ-Pimpf und dann Fähnleinführer, das war eine herrliche Zeit. Dann als U-Bootfahrer, wir fühlten uns als Elite. Was man in dieser Lebensphase mitbekommt, das Erwachsenwerden, Abenteuer und die erste Liebe: Ein bischen Hitlerzeit bleibt immer drinnen."
So ist sicherlich ein Schriftsteller, der in der DDR Erfolge feierte und gut zurecht kam, im Herzen in der Phase geblieben. Von ihm zu erwarten, die dunklen Seiten dieser Zeit öffentlich kritisch zu reflektieren, ist wohl zuviel verlangt.
Ihre Antwort gefällt mir gut und bestärkt mich in meinem Gefühl, ebenso mit den "Werken" aus suspekter "Herkunft" (um es etwas zu verallgemeinern) umzugehen, sprich wenn mir bekannt ist, oder ungefährer, ich das Gefühl habe, den "Erzeuger" nicht ganzheitlich akzeptieren zu können, dankend weiter ziehe.
Es gibt sooooo viele Alternativen, man muss weder Wagner gehört, noch Kant oder Strittmatter gelesen haben, um glücklich zu sein.
wie auch, auf diese (rhetorische) Frage (heute würde man sie populistisch nennen) hätte niemand eine "richtige" Antwort.
Kein Wunder, wenn die Bürger der DDR 40 Jahre lang von der eigenen Regierung für dummrot verkauft wurden?
danke auch Ihnen für die verbindenden und doch klaren Worte.
Ein musikalisches Werk wird doch nicht schlechter, wenn sich raus stellt, dass sein Komponist ein unsympathischer Menschenfeind ist.
Die Qualität des Werkes ist für mich in dem Augenblick kein relevanter Maßstab mehr. Es ist ja nicht wegen des Werkes, wenn ich es nicht mehr rezipiere. Dessen Qualität erkenne ich durchaus an, wenn sie gegeben ist.
Dass die Figur H. Kant eine solche Debatte Wert ist, war sicher zu erwarten.
Was ich in die Runde einwerfen möchte, ist der Aspekt , dass ein Schriftsteller, der politisch tätig wird, soll heißen: aktiv wird durch Verbandsarbeit oder gar politische Funktion immer ein anderer ist, als der, der das nicht tut und damit auch eine ganz andere Verantwortung auf sich nimmt, aus der er sich nicht einfach stehlen kann.
( Was gerade hier eine Trennung zwischen seinem Werk und seiner Tätigkeit schon nötig macht. Und das eine lässt sich nicht mit dem anderen beschönigen. )
Und – etwas persönliches – gibt es bei der Bewertung der DDR, auf alle Fälle einen Unterschied zwischen denen, die von Beginn an wegen einer angestrebten Perspektive zu Vergangenem „mitgestalteten“ und denen, die wie ich hineingeboren worden waren und unter ersteren zu leiden hatten.
Hier wird es wahrscheinlich nie eine „objektive“, gleichartige Einschätzung von beiden Seiten geben können.
Danke, Regina General,
danke, werte KommentatorInnen für Eure Würdigungen und Herabwürdigungen des literarischen Œuvres Hermann Kants.
Hermann Kant hätte sich äußerst amüsiert, so wie ich gerade.
DIE AULA war mein Lieblingsbuch. Morgen hol' ich es aus dem Regal.
Tja, und in der Türkei ist wieder ein Sack Reis holt einer ein Buch aus dem Regal, wen interessierts?
Ein Talent scheitert an seinem Charakter
Hermann Kant hat immer gewusst, was er tat. „Die Wahrheit ist nicht nur die Tat, sondern auch deren Folgen, nicht nur Motiv, sondern auch Wirkung, ist Vorsatz und Ergebnis; die Wahrheit sind auch die anderen“, heißt es schon in der „Aula“, seinem ersten Roman.
Sein politisches Handeln lässt sich auch mit großem Abstand nicht spurlos ertragen. Franz Fühmann verbat sich testamentarisch das Erscheinen Kants an seinem Grab. Carl Corino und Joachim Walther haben Kant als Stasi-IM „Martin“ ausgemacht, dreizehn Jahre, bis seine Parteiämter zu hoch wuchsen für ein ordinäres Spitzeldasein.
In den Erinnerungen „Abspann“ erkennt Günter Kunert eine „krankhafte Rechtfertigungssucht, wo es nichts mehr zu rechtfertigen gibt“. Das hat sich auch mit „Lebenslauf. Zweiter Absatz“ oder der Erzählung „Ein strenges Spiel“ (2015) nicht geändert. Ein Talent scheitert an seinem Charakter.
Es besteht also kein Muss, Nachrufe im Stil von Arbeitszeugnissen zu verfassen. Aber hier?
Man muss auch nicht Ursus lesen, um glücklich zu sein - ich tu´s trotzdem ;-)
Es soll ja auch Inkonsequenz geben, die was Gutes hat..... :-)
“Kein Wunder, wenn die Bürger der DDR 40 Jahre lang von der eigenen Regierung für dummrotverkauft wurden?“ ( Netiquette ), die ich bewusst verletzte. URSUS sie haben ja nicht mehr alle Tassen in Schrank! Sie öffnen ja nicht nur Bromflaschen sie saufen das Zeug wohl auch? Anders kann man ihre “geistigen Ergüsse “ nicht mehr erklären!
Sind Sie nicht auch einem Populismus aufgesessen? Auf eine rhetorische Frage, ist eine rhetorische Antwort möglich.
Offensichtlich war Kant kein Einäugiger Mensch u. Schriftsteller, dann brauchte hier nicht so gedacht und diskutiert zu werden.
Werk und Leben entsprechen unserem Menschsein mit jeweils zwei Augen, Arme, Hände, Beine und Füße und nur einer Schaltstelle, dem Verstand. Der muss ALLES unter einen Hut bringen. Alle Ambivalenzen, auch die intellektuelle Ambivalenz.
In der Regel kann man sicher davon ausgehen, dass bei SchriftstellerInnen ihre persönlichen Ambivalenzen mitschwingen.
Denke ich aber an Adolf und seinen Mein Kampf, stellt sich wohl kein ambivalenter Charakter vor. Ein ganz valenter Fundamentalist und Fanatiker. Wagner ist mir zu unbekannt. Und welche politischen Charaktere fielen auf Adolf rein, weil ihnen das Urteilsvermögen der Abwägung der eigenen Valenzen fehlte? Nur dummbrauner Populismus?
Da sind Menschen wie Kant u. Heym m.E. achtenswerte Persönlichkeiten. Irrtümer inbegriffen. (auch meine eigenen).
Auch die hier lesbaren Ambivalenzen muss unser Verstand unter "unseren" jeweiligen Hut bringen.
nun übertreiben Sie mal nicht, das schadet Ihrer Geundheit.
Gauss war ein extrem höflicher aber auch gerissener Gastgeber, er hat seine Gäste immer extrem höflich behandelt und ihnen aber auch unsichtbare Fallen gestellt, dazu gehörten auch solche Fragen, die oft aus gutem Grunde unbeantwortet blieben.
Ihre empathische Sichtweise im Umgang mit Tätern mag Ihnen geläufig und möglich sein, mir ist sie es nicht, und ich will sie auch nicht annehmen. Deshalb gibt es da nichts unter einen Hut zu bringen.
Ich halte H.Kant eben nicht für einen Menschen, den man achten muss, nur weil er nach Expertenmeinung auch gute Literatur erzeugt hat, nein sein menschlisches Versagen verbietet mir das.
Franz Fühmann verbat sich testamentarisch das Erscheinen Kants an seinem Grab.
Das ist ein "Kollege" von Kant, der sicher mehr von Literatur verstand als Sie und die hier Kommentierenden zusammen.
In seiner Verfügung kann ich jedenfalls alles erkennen, nur keine Achtung vor dem Bürger Kant.
Ich habe nun allerhand gelesen, gutes aber auch weniger gutes! Auch von menschlichen versagen und andere Ratschläge die bei mir Brechreize auslösen, geschenkt. Mein letzter Beitrag in diesen Forum möchte ich mit einem mir sehr verehrten Schriftsteller abschließen … siehe : Gerhard Zwerenz
Die Verteidigung Sachsens und warum Karl May die Indianer liebte...
Sächsische Autobiographie in Fortsetzung | 29. Nachwort …
“Zu Zeiten, in denen die heute als asymmetrisch definierten Kriege noch altertümlich symmetrisch waren, galt der gefangene Feind nicht mehr als Feind. Heutzutage ist das anders. Die westlichen Triumphatoren und ihre maulflinken Medienrüssel befeinden die Besiegten im Osten immer heftiger. So langsam beginne ich meine oppositionelle Haltung in der DDR zu bereuen.“ … dem ist nichts mehr hinzuzufügen! Tschüss Apatit
Ich bleibe bei meiner persönlichen Meinung und muss nicht danach fragen, was die Ihnen Genehmen zu sagen haben.
Bereits Ihre Unterstellung, dass Gauss "unsichtbare" Fallen gestellt habe, diskreditiert Ihre Urteilsfähigkeit. Nicht nur, weil Fallen immer "unsichtbar" sind, sonst würden auch Sie nicht in so viele Fallen tappen, sondern weil Sie wieder einmal keine nachweisbare Analyse vorlegen.
Als einer, der die Übersicht hat, käuen Sie aber brav und unkritisch all die inzwischen festgeklopften "Narrative" über die DDR wieder, das einen der Jammer packt.
Die Frage, in welchem Umfang man in der DDR gelebt haben muss, ob Meinungen zu Zuständen und Personen äussern zu dürfen, zielt in Richtung "Ich weiss es besser, ich war selbst dabei."
Aha, und Sie finden es deshalb besser, dass jene, die nicht dabei waren, jetzt den Ton vorgeben. Dokumente und Berichte sind möglich geworden vor allem durch Leute aus dem Osten - die Deutung haben dann - ungebeten - Leute aus dem Westen übernommen. Was dabei rauskommt, kann man nachlesen und liest einen Einheitsbrei wie er im Osten vor der Wende nicht viel anders war nur mit anderen Vorzeichen.
Dass die Friedensbewegung im Westen nur eine Marionette des MfS war ist der blanke Unsinn. Ganz sicherlich gabs da Einflußnahmen, aber so - undifferenziert - stimmt das einfach nicht.
Was man damit nicht aus Wessi nachvollziehen kann, ist die Angst und Stimmung, unter der beispielsweise Christen oder Pazifisten zu leiden hatten. Religion war nach offizieller Sicht "Aberglaube", wer sich als Christ definierte, als Schüler von den Eltern zum Religionsunterricht geschickt wurde und nicht Jungpionier wurde, wer wusste, dass bestimmte Dinge zu sagen gefährlich war, der hat sicherlich seine DDR-Jugend anders in Erinnerung als ein Kind einer Familie, die angepasst war.
Sie können überhaupt nichts als Wessi nachvollziehn, wenn Sie diese "Angepasst", "Nicht angepasst" Kriterien anlegen. Was fällt Ihnen ein.
Ich z. B. war in der Schulzeit ständig unter Beschuss, weil wir katholisch waren - ich bin nicht nur Jugendweihe gegangen. Ich ging in den Religionsunterricht und war trotzdem Jungpionier, aber nicht in der FDJ und bin - weil meine Mutter Opfer des Naziregimes war - über Umwege doch noch zum Studium gekommen.
Dass Sie diesen widerlichen, "anekdotischen Seitenhieb" mit des Professors Erinnerungen aus der Nazizeit noch auf der Pfanne haben, wundert mich bei Ihnen nicht. Meine Mutter - die in der DDR ganz sicherlich nicht auf Rosen gebettet war und trotzdem nie die Idee hatte, in den Westen zu gehen - hätte Ihnen eine geknallt.
Der Hermann Kant hat sich anders erinnert an die Nazizeit. Und auch an die DDR hat er so platt nicht gedacht wie Ihr Professor. Er hats im "Aufenthalt" beschrieben. Diese Parallelen aufzumachen zeugt von ziemlicher Seelenblödheit und Unkenntnis.
Zauber der Technik. Mein Kommentar war unfertig plötzlich verschwunden. Daher hier die Fortsetzung.
Unverschämt finde ich Ihren diffamierenden, unbelegten Vowurf, "Gauss sei ein gerissener Gastgeber" gewesen. Mein Eindruck u. Urteil ist, dass Gauss einer der vornehmsten und tiefsinnigsten und erfolgreichsten Interviewer war. Zu seiner Zeit gab es noch andere seiner Qualität.
Meine "empathische Sichtweise" mit Tätern ist Ihr "Ursus-Phantom", nicht nur weil Kant nicht als Täter zu beurteilen ist, sondern sein Werk. Im Erkennen, dass Sie nicht differenzen wollen oder können. Mit meinem Literaturverständnis komme ich im Allgemeinen gut zurecht.
Vielleicht hat Kant seinem Kollegen ganz "persönlich" auf den Fuß getreten. Dann gilt auch "Viel Feind, viel Ehr!"
Zusammengefasst ist es mir unmöglich, Sie als sachlichen Gesprächspartner zu akzeptieren.
Ich bin im Westen aufgewachsen und habe seit Mitte der 60er mich im politischen Protest gesehen und betätigt - nicht wissend, dass die bundesrepublikanische Friedensbewegung eine Marionette von MfS bzw Stasi war.
Diese Art "Selbstkritik" muss sich qualitativ nicht vor dem verstecken, was ihre chinesischen Gegenstücke mitunter zu bieten haben, Nordlicht.
Manchmal habe ich den Eindruck, die schärfsten externen Kritiker der Ex-DDR "wehren sich" nicht gegen die Verbrechen der SED, sondern gegen ihren eigenen inneren Schweinehund.
Zusammengefasst ist es mir unmöglich, Sie als sachlichen Gesprächspartner zu akzeptieren.
nun, das ist natürlich nur Ihr Problem, denn ich habe keinerlei Ansprüche erhoben.
Auch die hier lesbaren Ambivalenzen muss unser Verstand unter "unseren" jeweiligen Hut bringen.
Auch wenn bei Ihnen Gerissenheit und Fallen-Stellerei neben vielen anderen Werkzeugen beim journalistischen Handwerk im Kontext Interview negativ besetzt sind.
Bei mir sind das interessante Mittel, ein Interview interessanter zu machen.
ich bin nicht nur Jugendweihe gegangen = ich bin nicht zur Jugendweihe gegangen.
Und noch eines zu Ihrem Meisterhieb in Richtung NS:
Zitat aus der Zeit: http://www.zeit.de/kultur/literatur/2016-08/hermann-kant-schriftsteller-ddr
"Kants Meisterwerk war der 1977 erschienene Roman Der Aufenthalt. Darin verarbeitet er die vierjährige Kriegsgefangenschaft als junger Soldat in Polen. Ihm gelingt es, die Schablonen von Opfern und Tätern zu unterlaufen. Sein Protagonist Mark Niebuhr, etwas versponnen, steht unter Verdacht, bei einer SS-Razzia in Lublin ein polnisches Mädchen ermordet zu haben. Zudem verwechselt man ihn mit einem KZ-Aufseher. So sitzt er in dem Gefängnis im Warschauer Ghetto an der Aufgabe, wieder und wieder seine Biografie zu schreiben. Niebuhr lernt, die Deutschen und sich selber mit den Augen ihrer Opfer zu sehen. "
Hermann Kant hat als kriegsgefangener Soldat in den Trümmern von Warschau hingeschaut und danach sein weiteres Leben ausgerichtet. Im sich sozialistisch bezeichneten Teil Deutschlands. Die subalternen Offiziere Helmut Schmidt, Franz Josef Strauß und Rudolf Augstein haben im östlichen Vernichtungskrieg weggeschaut und sich im kapitalistischen Westen eingerichtet. Ob eine Gefangenschaft in Polen ihr Leben verändert hätte?
Nun muss hier anscheinend der kalte Krieg auf dem Grab Kants nochmal gewonnen werden.
Mittendrin, brumm und dumm einer, der für seinen Bärendreck ein Drittel des Threads beansprucht.
Un die Leuchte des Nordens reiht die RAF nahtlos an die Friedensbewegung:
"... dass die bundesrepublikanische Friedensbewegung eine Marionette von MfS bzw Stasi war. Dass die RAF-Verbrecher dort Unterschlupf bekamen."
Der Schwatz-Kanal à la mode Löwenthal hat seine genuinen Nachfolger gefunden.
nicht nur weil Kant nicht als Täter zu beurteilen ist, sondern sein Werk.
Da scheinen Sie aber was gründlich missverstanden zu haben: bei einem "Nachruf" infolge eines Todesfalls, geht es nach meinem Verständnis um den Menschen und dessen gelebtes Leben selbst, und nicht um Erfolge in seinem Business.
Oder haben Sie bei einem Nachruf für einen Metzgermeister mal gelesen, dass da über seine ausgezeichnete Schweinssülze oder die einmalige Pfälzer Leberwurst geschwärmt wurde?
Warum also sollte das bei Dichtern anders sein, und "das Werk" die unangenehmen Wahrheiten ihrer verkorksten Biografie ausblenden, und auf einen intellektuellen Abstellplatz verschieben dürfen ?
Das sind die Scheinheiligkeit und die doppelten Standards, die hier so gerne im Kontext Westen, Kapitalismus, Demokratie und Menschenrechte angeprangert werden, aber wenn es ans Eingemachte im eigenen Umfeld geht, da gelten natürlich ganz andere Regeln.
Denken Sie mal darüber nach, sprechen müssen Sie mit mir wirklich nicht.
Nein, Sie sind für mich kein Problem. Dafür sind Sie viel zu gut durchschaubar. Das war eine Information, kein Anspruch und kein Problem.
Gerissenheit und Fallenstellerei im Gespräch sind für Schreiber wie Sie, wie Sie selbst mitteilen, interessant!!!! Das ist dann wohl Ihr persönlicher Anspruch mit der Erkenntnis, dass Sie die Ihnen gestellten Fallen nicht durchschauen.
Da Sie ja offensichtlich nicht anders können, Karl-Eduard von Schnitzler hätte sicher seine Freude an Ihnen gehabt.
Wer lesen kann ist meist im Vorteil: wir sprachen über das Handwerk Interview, das Gauss wie kaum ein zweiter beherrschte, und dabei mit interessanten Instrumentarien arbeitete.
Ein Kommentar in dFC ist solcherlei Einsatz gar nicht wert.
Leider wahr. Vor allem hier - beim Freitag - der sich ja Ost-West-Verständigung und Verständnis verpflichtet fühlen sollte.
Warum gehen denn Sie dann nicht mit gutem Beispiel voran?
Wer hier liest, kann mitlesen, wie Sie Ihre eigenen Aussagen in Wort und Schrift auf den Kopf stellen.
Korrekt wäre, wenn Sie Ihre ursprüngliche negative Formulierung richtig gestellt hätten, so dass jeder Leser, Leserin dies nachvollziehen könnte. Haben Sie aber nicht. Sie stellen Ihre Behauptung dreist oder dumm auf den Kopf.
Betr.: Nachruf Metzgermeister. Warum sollte seine Leberwurst interessant sein, wenn er sich bekannterweise in seiner Innung mit der Ethik des Schlachtens u. Schächtens befasst hat?
Sorry, aber wenn Sie meine Formulierung nicht verstehen, oder verstehen wollen, egal, dann fragen Sie gefälligst nach, bevor Sie beleidigend werden. Ich habe das Gesagte von Anfang an so gemeint, wie Sie es erst nach zusätzlichen Erläuterungen verstanden haben, aber das ist doch auch Ihr Problem und nicht das meine.
"Mögen Sie Wagners Musik (falls Sie sie mögen) trotz seiner Biografie oder wegen seiner Biografie oder lehnen Sie Wagner persönlich wegen seiner Biografie zwar ab, können aber trotzdem problemlos sein Werk genießen?"
mit wagner mag ich nicht so, aber ich kann z.b. mit großem genuß die ersten 150-200 seiten von celines reise ans ende der nacht lesen, das meiste von hamsun. und ich bin weder antisemit noch nazi.
es ist mir aber nicht möglich, mit ihnen über h. kant zu reden, und ich habe eine idee, warum. sie haben ein bild von der ddr verinnerlicht, wie es beinahe täglich und mehrfach seit jahren in funk und fernsehen verbreitet wird. sie scheinen keinen zweifel an der geschichte zu hegen, die immer der sieger schreibt, und nichts zwischen den zeilen zu ahnen. das mag im besten fall einer jugend geschuldet sein. für sicher beinahe jeden, der selbst in der ddr gelebt hat, ist aber eine irgendwie sinnvolle diskussion über irgendjemand, der damals irgendetwas tat, redlich kaum möglich, wenn diese simplifizierte fernseh-ddr den abgesteckten rahmen um die diskussion festlegen soll. (trittst du über: seilschaft, altkader, nostalgiker, stasispitzel ...)
ich hoffe ehrlich sie wollen das gerne verstehen, sonst hätte ich mir das gespart. ich frage mich: woher ihr furor? was treibt sie, unter einen nachruf zu ... markieren?
den Furor machen hier doch wohl andere, die wohl keine andere Meinung als die ihre zulassen wollen, lesen Sie einfach mal deren Kommentare.
Ihre Fragen an mich sind in meinen Kommentaren bereits alle erschöpfend beantwortet.
Diese Art "Selbstkritik ..."
Ich muss und musste mich nicht gegen die Stasi oder andere DDR-Eigenheiten wehren - ich hatte das Glück, entfernt davon aufzuwachsen. DDR ist aus meiner Sicht Vergangenheit, also Geschichte, über die man hier Meinungen austauscht.
Ihren Schwenk nach China und zur Selbstkritik verstehe ich nicht.
Wenn Sie mit Menschen gesprochen haben, die in China zu Selbstkritik gezwungen worden sind, werden Sie den Unterschied zu meinem entspannten Rückblick verstehen.
Ich habe daran erinnert, dass wichtige Bezugpunkte in dem linken Weltbild von Bundesrepublikanern, auch meines Weltbildes, von der MfS und Stasi manipuliert, gesteuert und gekauft waren: Organisation der Ostermärsche, die Friedensbewegung, DFU, Engelmann, Klarsfeld, Nachrüstungskritiker, Röhl (Herausgeber von Konkret, die damals eine wichtige Rolle spielte). Und dass die DDR Mördern der RAF als Rückzugsgebiet half, hätte ich damals mir nicht vorstellen können und sicherlich als üble rechte Propaganda abgetan.
Es war die Wahrheit, die erst später ans Tageslicht kam. Ein Lob auf die gründliche deutsche Verwaltungs- und Dokumentationsarbeit!
Insgesamt ist doch der vom Nachruf auf H. Kant ausgelöste Diskussionsbedarf bemerkenswert gross. Und die Fronten des Kalten Krieges existieren noch in den Köpfen. Möge die nächste Generation darüber hinweg kommen.
"Was fällt Ihnen ein."
" ... wundert mich bei Ihnen nicht."
Da erwiderte der Herr:
Ist es recht von dir, zornig zu sein?
Die Stelle werden Sie sicherlich finden.
Und wenn Se geweiht, konfirmiert oder kommuniert, sowie gefirmt wären, so haben Sie tausendmal Recht, dass das nun wirklich nichts besagt, in der Welt der tagtäglichen Bekenntnisse, in der die eigentlich gar nichts mehr bedeuten und schon lange nicht mehr verpflichten.
Was viele BundesbürgerInnen (Ossiwessi und Spätgeborene) ohne Erinnerungsvermögen und - Willen vergessen, ist, dass "Freiheit" nicht Bindungslosigkeit und das Recht den persönlichen Egoismus auszuleben bedeutet, sondern zur Freiheit mehr gehört. Nämlich soziale Gemeinschaft, Anerkennung des gänzlich Anderen und Fairness.
Nur aus diesen Sicherungen heraus, gibt es auf Dauer mehr als das rein formale Recht, persönlich, nach den eigenen Gegebenheiten und Maßgaben, zu leben. Das andere Modell, in dem wir gerade "hauptberuflich" oder eben in einer Art missverständlichen Beobachterrolle unterwegs sind, frisst weniger anschaulich, dafür aber konstant, Bürger, Menschen und Ressourcen. Leider blinkt und glänzt es auf den Fassaden noch allzu sehr, und die Spiegelungen blenden offenbar auch den Mehrheitsverstand. Das Risiko für brutale und entschiedene Ersatzhandlungen steigt daher wieder.
Beste Grüße
Christoph Leusch
Mehr als ein Verweis auf Jona fällt Ihnen nicht ein? Na ist o.k.
Nebenher: Wenn eine Seite - die DDR - mit allen ihren Geheimaktionen und -akten "öffentlich" wird, die andere Seite aber dies nicht tun muss, dann kann man sich da prima draufsetzen und Definitionshoheit erklären.
Ihren Schwenk nach China und zur Selbstkritik verstehe ich nicht.
Damit meine ich, dass chinesische Selbstkritiken üblicherweise - das gehört zu ihrem Zweck - Selbstbezichtigungen enthalten, die zum einen die persönliche Verfehlung zur Monstrosität aufblasen: (in Ihrem Fall die zeitweilige Mitwirkung in der damaligen Friedensbewegung - ich nehme an, Sie meinen die Bewegung gegen den NATO-Doppelbeschluss? - und dazu noch die infame Referenz zum Nationalsozialismus.
Nehmen wir einmal an, Sie hätten recht, und die Friedensbewegung sei an der Spitze bis auf den letzten Mann und die letzte Frau Stasi- oder KGB-gesteuert gewesen: warum wäre das ein Grund, nicht auf die Demo zu gehen, wenn man die Forderungen für richtig und unterstützenswert befunden hat?
Ich war damals, als Teenager, just der Ansicht, die Friedensbewegung besorge das Geschäft Moskaus, und leistete aus Überzeugung (nicht aus Kommissbegeisterung) meinen militärischen Zwangsdienst, anstelle des zivilen.
Aber ich hatte und habe Freunde unter den Friedensbewegten. Und ich weiß: sie waren keine Freunde der Diktatur. Es ist und bleibt ein Problem Derjenigen, die sich auf der Seite des Status Quo moralisch so sicher fühlen, dass sie die Motive ihrer Gegner nie verstehen werden.
Und sie darum auch nie werden einschätzen können: weder als Partner, noch als Feinde.
Insgesamt ist doch der vom Nachruf auf H. Kant ausgelöste Diskussionsbedarf bemerkenswert gross. Und die Fronten des Kalten Krieges existieren noch in den Köpfen. Möge die nächste Generation darüber hinweg kommen.
Immer wieder interessant, dass durchaus richtige Einsichten völlig fehlgehen, wenn sie nur in eine Richtung gehen.
Man kennt das doch, immer die Seite, die sich als Gewinner betrachtet, bestimmt die Erzählung. Dazu zählt auch die beschönigende Formulierung: deutsche Wiedervereinigung. Deshalb "ticken" manche Uhren immer noch etwas anders.
Wer die Erzählung "Geschichte" im langen Zeitverlauf bestimmt? Das ist noch nicht endgültig raus. Wie lange die jetzige Freiheit der Meinungen und der politischen Engagements in Deutschland hält, darauf mag ich nicht wetten; die Entwicklung ist eigensinnig und nicht prognostizierbar.
Wer der DDR (in Teilen ihrer Eigenschaften) nachtrauert, möge das tun. Wer in ihr aufgewachsen ist, berichtet heute von sehr unterschiedlichen Erfahrungen. Was dem Einen seine Freiheit der Meinung(säusserung), ist dem Anderen sein ökonomische Gerechtigkeit.
Die DDR hat sich stets als antifaschistisch verstanden und dem Westdeutschen Bruderstaat vorgeworfen, alte Nazis in Führungspositionen verwendet zu haben. Dieser Vorwurf ist berechtigt. Faschistisch ist die Bundesrepublik deshalb nicht geworfen, seit der Kanzlerschaft Willi Brandt 1969 ist die Friedenspolitik mit Polen endlich verwirklicht worden.
Wenn man heute über westliche Studentenproteste, Friedensbewegung und RAF feststellt, dass die DDR dort geheim gesteuert und finanziert hat, entwertet das nicht die guten Gedanken der damals Mit-Ostermarschierenden. Zur Folge von 1990 müsste für die Westdeutschen allerdings auch die selbstkritische Einsicht gehören, dass verschiedene Dinge sich anders gezeigt haben, als man dachte.
Dass der sog. NATO-Doppelbeschluss letztlich mit dazu geführt hat, dass die sowjetischen SS20 (RSD-10) reduziert und schliesslich 1991 Mittelstreckenraketen beider Seiten verschrottet wurden, ist nicht von der Hand zu weisen. Geschichtlich haben Schmidt und Kohl in dem Punkt Recht gehabt. (Dass viele dies anders sehen, weiss ich.)
Wer mich deswegen für einen Nazi hält, weil ich jemanden zitiert habe, der von seiner positiven Stimmung als junger Mann berichtete, möge seine Scheuklappen weiter pflegen. Mit ging es um die Faszination, die ein totalitäre Gesellschaften aufbauen können. DDR und das Dritte Reich waren in ihren Intentionen und Zielen extrem von einander entfernt, aber es gab strukturelle Gemeinsamkeiten: Einparteiensystem, Bindung des Rechts an Parteiziele, Bindung in staatliche Organisationen von Kindheit an, Ausgrenzung Andersdenkender, Steuerung der Veröffentlichungsmöglichkeiten, Gängelung der Kulturschaffenden durch Staat und Partei.
Und es gibt sprachliche Parallelen, was sicherlich auch Hermann Kant bewusst war. Wer nach der Lektüre von Klemperers LTI auch über seine späteren Arbeiten etwas erfahren hat, erkennt die einerseits die Faszination des engagierten DDR-Bürgers für diesen Staat und seine Ziele, aber auch sein Erschrecken über die Ähnlichkeiten der Formulierungen und des Sprachgebrauches von NS und DDR. Dass aus seinen Sammlungen und Reflexionen keine fertig gearbeitete "LQI" wurde, ist schade. Sie hätte aber ohnehin in der DDR nicht veröffentlicht werden können.
"... die persönliche Verfehlung zur Monstrosität aufblasen ..."
Wen meinen Sie damit? Was haben Sie hineingelesen?
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"Es ist und bleibt ein Problem Derjenigen, die sich auf der Seite des Status Quo moralisch so sicher fühlen, dass sie die Motive ihrer Gegner nie verstehen werden."
Ich glaube, das gilt in beiden Richtungen. Friedensbewegte sind gegen die regierende Mehrhait auf die Strasse gegangen, in ihrem (unserem) Umkreis war es unstritig, dass dies Anliegen moralisch richtig ist und die Gegenseite unmoralisch.
Und niemals sind Menschen aggressiver, als wenn sie sich moralisch überlegen fühlen. Wir sollten akzeptieren, dass beiden Seiten ihre Moral hat und dass keine überlegen ist. Auch die Abgeordneten, die für den Doppelbeschluss gestimmt haben, wollten Frieden und fürchteten Atombomben.
Mir ging es um die Faszination, die ein totalitäre Gesellschaften aufbauen können.
Sie verstehen es nicht. Nee, darum geht es nicht. Wenn jemand eine differenzierte Auseinandersetzung mit Hermann Kant versucht, ist er oder sie nicht von der DDR fasziniert gewesen oder ist es jetzt noch. Viktor Klemperer haben wir zu DDR-Zeiten auch gelesen und seine Enttäuschungen über die Entwicklungen sind halbwegs wachen DDR-Bürgern nicht fremd. Seine Tagebücher stehen in allen Bänden hier.
Aber, selbst Kants Bücher haben durchaus etwas von diesen Enttäuschungen und dem Frust, der die DDR auch mit bestimmte. Faszination war überhaupt nicht die Haltung der DDR-Bürger zu ihrem Land. Aber - wenn jemand diese platte Totalitarismus-Doktrin auspackt, dann habe ich immer das Gefühl, es soll auch nichts gelernt werden aus der Vergangenheit. Und deshalb unterstellt man das den DDR-Bürgern allein.
Ja, so sind sie halt, manche ehemaligen DDR-Bürger, absolut renitent. Erst kritisieren sie am DDR-System herum und als das dann zusammenbricht, finden sie das System der BRD auch nicht ideal und die Propagandabehauptungen von Leuten ohne Lebenserfahrung in der DDR über eben dieses Land hanebüchen.
Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, dass eine offene Gesellschaft ohne Renitenz nicht lange offen bleiben wird?
»Wer mich deswegen für einen Nazi hält, weil ich jemanden zitiert habe, der von seiner positiven Stimmung als junger Mann berichtete, möge seine Scheuklappen weiter pflegen. Mit ging es um die Faszination, die ein totalitäre Gesellschaften aufbauen können.
Ich glaube nicht, dass das Magdas Punkt war. Ihr ging es um die - und ich teile ihre Wahrnehmung - perfide Vermischung von Ostalgie und Nazinostalgie - tatsächliche oder vermutete.
Es wird viel in Dinge "hineingelesen". Ex-DDR-Bürger, die versuchen, für eine differenziertere Sicht auf ihre frühere Republik einzutreten, betonten ja häufig, sie meinten damit dies, und nicht das, weil sie es eben gewohnt sind, des "Werterelativismus" verdächtigt zu werden, weil sie nicht frischweg sowohl die politische Motivation der Gründung und Praxis, als auch ihre hauptsächlichen Exponenten rundweg verdammen wollen.
Wer die Art und Weise "unserer" Medien kennt, die sowohl im Kontext Nazideutschlands und der DDR von "Unrechtsstaaten" spricht, als wäre der eine wie der andere, der müsste seinerseits klarstellen, dass er hier keine Parallele zwischen Äpfeln und Birnen zieht - dass Sie damit (davon gehe ich jedenfalls aus) "lediglich" den Vergoldungseffekt der Erinnerung ansprechen, kann mindestens so leicht übersehen werden wie die Tatsache, dass, wer die DDR-Geschichte differenziert dargestellt sehen möchte, kein Stalinist oder Ostalgiker ist.
»Wen meinen Sie damit? Was haben Sie hineingelesen?
Damit meine ich Ihre Distanzierung von der Friedensbewegung:
»Ich bin im Westen aufgewachsen und habe seit Mitte der 60er mich im politischen Protest gesehen und betätigt - nicht wissend, dass die bundesrepublikanische Friedensbewegung eine Marionette von MfS bzw Stasi war.
Richtig ist m. E.: Regina General "lässt nichts auf Kant kommen". Das finde ich nicht klug (wenn man einmal davon absieht, dass diese überaus intakte Weltsicht Generals (und Kants) offenbar starke Reaktionen bei (überwiegend) Westdeutschen auslöst, die auf ihre im Wesentlichen intakte Weltsicht ihrerseits nichts Kriegsentscheidendes kommen lassen möchten.
Und die Fronten des Kalten Krieges existieren noch in den Köpfen. Möge die nächste Generation darüber hinweg kommen.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich diesem Wunsch anschließen möchte - sicherlich nicht um jeden Preis. Für diese Fronten gibt es Gründe - beiderseits. So lange sie existieren, ohne gegenseitig anerkannt zu werden oder eine faire, für alle Seiten akzeptablen nationalen Vereinigung zu erreichen, lässt sich nicht viel zur Überwindung des Gegensatzes tun; höchstens mit Hilfe einer strukturell-gewaltsamen Planierung. Zu letzerem wurde mir schon viel zuviel getan - womit ich insbesondere die "Treuhand" meine, aber in Teilen, als little helper im Oberbau, auch die Gauck-Behörde.
Auch die Abgeordneten, die für den Doppelbeschluss gestimmt haben, wollten Frieden und fürchteten Atombomben.
Auch Wehrpflichtige wie ich, die für ein Taschengeld in die Kasernen einrückten und in den Wäldern Indianer spielten, wollten Frieden und fürchteten Atombomben.
So what? Wir waren "auf der richtigen Seite", wir haben "gewonnen". Man könnte auch sagen: wir haben mächtig Schwein gehabt. Würde eines Tages eine vergleichsweise unparteiische Macht (für die Bewertung der DDR gab es keine) die Logbücher der BRD - geheime und öffentliche - aus einer unbefangenen Perspektive betrachten, als wären sie eine ganz neue Story, würde den wenigsten von uns gefallen, was sie von einer solchen Macht zu lesen bekämen.
Nur mal als Schlaglicht, Nordlicht: kennen Sie die Geschichte der China-Redaktion der Deutschen Welle von ca. 2000 bis 2014?
Wenn nicht, und wenn Sie interessiert sind, lassen Sie es mich wissen. Ich finde, sie ist weniger off-topic als manches andere, was in diesem Thread geschrieben wird.
"... platte Totalitarismus-Doktrin ..."
Es ist Ihre Sichtweise und Ihr Problem, dass Sie sich das aus meinem Kommentar das aussuchen, was am meisten weh tut. Gefallen Ihnen die Definitionen von Totalitarismus (wie zB Wikipedia)
"Totalitarismus bezeichnet in der Politikwissenschaft eine diktatorische Form von Herrschaft, die, im Unterschied zu einer autoritären Diktatur, in alle sozialen Verhältnisse hinein zu wirken strebt, oft verbunden mit dem Anspruch, einen „neuen Menschen“ gemäß einer bestimmten Ideologie zu formen."
nicht, weil sie sowohl auf DDR als auch den NS-Staat passen? Das bedeutet doch nicht, dass Ersterer mit der rassistischen Vernichtungsidiologie des Anderen etwas zu tun hat.
Und wenn Sie zu meinem Satz "Mir ging es um die Faszination ..." zu korrigieren meinen: "Nee, darum geht es nicht." - dann ist das schon grotesk.
China-Redaktion der Deutschen Welle:
Darüber haben Sie ja vor 2 Jahren an dieser Stelle geschrieben. Ich habe das gelesen.
Dennoch halte ich Ihre Gleichsetzung meiner Entzauberung des Friedensengagements vieler Unwissender in den 70ern mit Selbstkritik im Maoismus für nicht zutreffend. Aber: Wenn Sie das meinen ...
Es wird nun möglicherweise nicht in Ihr Bild von mir passen: Die Arbeit der (west)deutschen Geheimdienste und Verfassungsschützer, die Pressearbeit bzw. Propaganda der jeweiligen Bundesregierung und die Vermischung von unternehmerischen Interessen mit politischen Entscheidung in unserem Lande halte ich für skandalös.
Aber wir leben in einem Staat, in dem man das sagen und offen für Veränderungen eintreten kann, ohne z. B. wegen "Staatsfeindliche Hetze" nach § 106 in den Knast zu kommen.
Aber wir leben in einem Staat, in dem man das sagen und offen für Veränderungen eintreten kann, ohne z. B. wegen "Staatsfeindliche Hetze" nach § 106 in den Knast zu kommen.
Nein, den Paragrafen gibt es nicht, Nordlicht. Aber Sie sprachen ja von Kant und die von ihm über Regimekritiker ausgeschüttete Häme - »Dass H. Kant als Kulturfunktionär Häme über Kollegen ausschüttete, war nicht wie im Westen harmloser Streit oder Neid unter Kollegen, sondern konnte (und hat) Existienzen vernichtet.
Und da muss ich Ihnen widersprechen. Es waren in der wiedervereinigten Bundesrepublik Dissidentenkreise und Politiker - nicht zuletzt der innenpolitische Sprecher der SPD, Dieter Wiefelspütz, der sich über die stellvertretende Abteilungsleiterin der China-Redaktion zu dem Spruch hinreißen ließ (oder ihn eiskalt aussprach), die Dame hat die Zensurversuche der chinesischen Regierung bereits im Kopf. Vielleicht wusste er, wie brisant es war, das in jener Phase der Auseinandersetzung zu sagen, vielleicht auch nicht.
Man muss nicht in einem "Unrechtsstaat" leben, um unbescholtenen Menschen einen beruflichen K.O.-Schlag zu versetzen, bzw. es zu versuchen. Dass es dann nicht einmal die "Umstrittene" war, die der von ihm unterstützten Zwei-Journalisten-Kampagne zum Opfer fiel, sondern prekär beschäftigte Kommunismusverdächtige aus der zweiten Reihe - ja, was konnte schon der Wiefelspütz dafür, nicht wahr? Der glaubte halt an den Rechtsstaat.
Man muss sein - unbedachtes oder vorbedachtes - Verhalten nicht verurteilen. Aber dann muss man das dem Kant auch nicht ans Grab nachtragen - anstelle etwaig zugedachter Blumen und Kränze.
Dennoch halte ich Ihre Gleichsetzung meiner Entzauberung des Friedensengagements vieler Unwissender in den 70ern mit Selbstkritik im Maoismus für nicht zutreffend. Aber: Wenn Sie das meinen ...
Sonst würde ich es ja nicht schreiben.
nein, warum sollte ich auch, da ich Ihrer Schlussfolgerung nicht zustimme, eine offene Gesellschaft bliebe ohne Renitenz nicht offen. Da dürfte eine Vielzahl von Einstellungen, Werten und Handlungen eine größere Rolle spielen.
Wenn Sie aber dieser Meinung sind, drängt sich allerdings die Frage auf, warum die hier sehr virulent und mit großer Mehrheit präsente Renitenz der DDR ganze 40 Jahre im Dornröschenschlaf verbrachte, statt die geschlossene Gesellschaft des Unrechtssystems aufzubrechen?
Und wenn ich mir durchlese, wie hier doch eher das untergegangene System verharmlost, gar verteidigt und Unrecht bestritten wird, kann ich mir lebhaft vorstellen, warum bis 1989 (vom 17. Juni 1953 mal abgesehen) so lange totales Renitenz-Versagen vorlag.
Ach sorgen Sie sich nicht. Ich habe Ihren Text im Kontext so verstanden, wie Sie ihn meinten. Und meine Meinung keineswegs geändert. Das zeigt, dass Sie sich wohl selbst zweifach verstanden haben müssen. Nehmen Sie das dann gefälligst als Tatsache.
Ich habe Sie für etwas weiser gehalten.
Sie verwechseln wie üblich in der Propaganda Ihrer Seite ein System, in dem auch Unrecht geschehen ist, mit einem "Unrechtssystem". Der Begriff "Unrechtssystem" für die DDR ist bereits Demagogie. In jedem System geschieht auch systembedingtes Unrecht. Die DDR-Literatur, auch der von Ihnen erwähnte Erwin Strittmatter ("Wundertäter" 3), haben das keineswegs ausgeklammert. Dass auch in der BRD systembedingtes Unrecht geschehen ist und noch immer geschieht, kann man schwer bestreiten (siehe Causa Edathy). Deswegen ist die BRD kein "Unrechtsstaaat".
Die Renitenz der DDR-Bürger hat das geschlossene System der DDR (und ein geschlossenes System war sie tatsächlich) aufgebrochen, falls Ihnen das entgangen sein sollte. Es ist auch keineswegs so, dass sich die Renitenz nur im Jahre 1989 geäussert hätte, aber es ist tatsächlich so, dass 1989 bis weit in die DDR-Eliten erkannt wurde, dass es so nicht weitergehen konnte und dass nun die Möglichkeit bestand, die Dinge zu ändern. Es ist mit Sicherheit bekannt, dass diese Möglichkeit noch 1981 nicht bestanden hätte.
Es ist aber durchaus nicht so, dass zwischen dem 17. Juni 1953 (dessen Beschreibung durch Stefan Heym den tatsächlichen Vorgehen viel näher kommt als das offizielle Geschichtsbild der BRD) und dem Herbst 1989 nichts Renitentes geschehen sei, gerade was die Künstler angeht. Selbst in der SED gab es verschiedenen Meinungen zur Oeffnung der Gesellschaft, natürlich insbesondere ab 1985, aber auch in den 1970er Jahren oder in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre bis zum Ende des Prager Frühlings. Die Helden der BRD-Geschichtsschreibung sind aber gerade nicht diejenigen, die der Maxime folgten "Bleibe im Lande und wehre Dich täglich", sondern diejenigen, die in den "Goldenen Westen" gingen und die, sofern sie Künstler waren, in nicht wenigen Fällen mit Marius Müller-Westernhagens Lied "Gerti aus der DDR" treffend beschrieben sind.
Sagen wir es so, Ihr Geschichtsbild, wie auch Ihr Weltbild von der Gegenwart ist entschieden unterkomplex. Dasjenige von Hermann Kant war jedenfalls nicht so holzschnittartig.
Der Begriff "Unrechtssystem" für die DDR ist bereits Demagogie.
selten so gelacht. Aber Ihnen ist doch hoffentlich nicht entgangen, dass es dieses verbrecherische Unrechtssystem seit über 25 Jahren nicht mehr gibt? Sie müssen also nicht mehr so reden wie vor 1989. Sie dürfen hier ganz offen die Wahrheit sagen.
Also unterlassen Sie Ihre ad personam Zuschreibungen, die verstoßen nämlich gegen die Netiqette und beschränken Sie sich auf den hier verhandelten Gegenstand, und das ist H. Kant, der als Mensch häufig versagt hat, und von mir deshalb nicht den hier eingeforderten Respekt erfährt. Und das hat mit meiner Sichtweise zu der unter gegangenen DDR absolut nichts zu tun.
das hat mit meiner Sichtweise zu der unter gegangenen DDR absolut nichts zu tun
Lesen Sie sich eigentlich selbst? Wenn ja, empfehle ich Ihnen einen Kurs zur Selbstfindung.
ich halte mich nach dem Lesen des Beitrags und mancher Reaktionen darauf für etwas weiser als vorher. So können die Wahrnehmungen auseinander gehen, Nordlicht.
Kennen Sie die Geschichte der China-Redaktion der Deutschen Welle von ca. 2000 bis 2014?
Wo kann man über diese Geschichte etwas erfahren?
→Dort, sehr viel ausführlicher noch dort, und bei Interesse kann ich Ihnen auch ein pdf eines epd-Artikels mailen, der zwar für die Presse verfügbar war, an dem aber offenbar kein Blatt der Republik Interesse zeigte.
"epd medien" hatte die Story allerdings in seinem Branchenheft, das ein- bis zweimal die Woche (offline) erscheint.
Sehr geehrter Mitforist,
die Debatte um die fragliche Angemessenheit der retrospektiven Delegitimierung der DDR als sog. Unrechtsstaat wurde in dieser Wochenzeitung bereits einmal auf anderem Niveau geführt.
Sie sind herzlich eingeladen, diese Diskussion einmal nachzuvollziehen, bspw. hier:
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/deutsch-deutsche-damonen
oder hier: https://www.freitag.de/autoren/benjamin-immanuel-hoff/umstrittener-unrechtsstaats-begriff
oder dort: https://www.freitag.de/autoren/magda/der-gessler-hut-wird-gegruesst/@@view#1411749059936665
oder dort: https://www.freitag.de/autoren/benjamin-immanuel-hoff/unrechtsstaat-ddr#1412004774915623
Schade, daß Sie auf in verschiedenen Kommentaren gestellte - und wie ich finde, berechtigte - Fragen nicht eingegangen sind. Da sie das Erfahrungs- und/oder Faktenwissen näher beleuchten würden, auf dessen Basis Sie Ihre Urteile fällen, erlaube ich mir, diese noch einmal zu wiederholen:
1. Mich würde interessieren, woher Sie die DDR kennen - aus eigenem Erleben oder vom Hörensagen. Falls Letzteres, woher nehmen Sie die felsenfeste Ueberzeugung, mit der Sie Ihre Urteile verkünden? (Gunnar Jeschke, 16.08.2016 | 21:03)
2. woher ihr furor? was treibt sie, unter einen nachruf zu ... markieren? (luddisback 17.08.2016, 18.48)
Und meinerseits noch eine dritte hinzuzufügen:
Aus welcher Quelle zitieren Sie Franz Fühmann. Liegt Ihnen der Text seines Testamentes im Original vor? Falls ja, wäre ich Ihnen sehr dankbar für eine konkrete Quellenangabe.
Mit freundlich renitenten Grüßen,
G. Schröder
Danke für die Hinweise, insbesondere auf den Artikel in der NRhZ (der Herausgeber Peter Kleinert ist übrigens kürzlich verstorben), in der man also offenbar auch Artikel mit wertvollen Hintergrundinformtionen findet.
Die Deutsche Welle sagt auf Ihrer eigenen Webseite übrigens:
Wir wenden uns insbesondere an globale Entscheider, an Menschen, die Einfluss auf die Meinungsbildung haben – oder künftig haben werden. In autoritären Staaten an jene, die sich aktiv für Demokratie, Freiheitsrechte und Fortschritt einsetzen.
Bezogen auf China würde ich das so verstehen, dass die Deutsche Welle "strategische Kommunikation" betreiben möchte, die "demokratische Veränderungen" bewirken soll. Von daher ist das Aussortieren von Journalisten, die (nach Auffassung derer, die die politische Agenda des Sender setzen) zu "chinafreundlich" berichten, plausibel.
Für die prekär beschäftigten Journalisten würde m.E. lediglich eine Vorzensur aller Berichte durch einen Hauptamtlichen (ein paar wird es da wohl noch geben) Sicherheit schaffen, weil die Verantwortung dadurch auf den Zensor abgewälzt wird und auch offiziell dokumentiert ist, dass ein Artikel auf Senderlinie liegt.
Aus Sicht des Senders ist aber vermutlich ein Klima der Einschüchterung durch die permanenten Nichtweiterbeschäftigungsdrohung gegenüber den prekär Beschäftigten viel wirksamer, um Journalisten mittels Selbstzensur auf Linie zu halten. Die Kommentare unter Ihrem Blog-Beitrag habe ich nur überflogen, aber wenn ich die Kommentare eines Juristen richtig verstanden habe, dann hätte dieses Argument (Ausnutzung von Scheinselbstständigkeit => Nichtverlängerung ist de facto Entlassung) wohl mehr Aussicht auf Erfolg gehabt.
Ich kann mich Ihnen nur anschließen. Ich denke, man muß seine Romane "Die Aula", "Das Impressum" und "Der Aufenthalt" kennen, wenn man die Idee "DDR" verstehen will. Ich rede nicht vor der real existierenden, sondern von der möglichen DDR.
Und was Heym anlangt, dessen Werke ich schon kannte, bevor der Westen ihn als Dissidenten entdeckte: so haben Kant und Heym eines gemein: Sie blieben ihren Idealen auch nach der Wende treu.
Meinen Sie nicht auch, daß Meinungsfreiheit und political correctness nicht zusammengehen? Je mehr pc, je mehr pokitisch korrekte Ausdrücke, Sprechverbote und Redewendungen wir bekommen, um so geringer wird die Meinungsfreiheit. Und das ist leider der Trend.