Agora von Athen und Dionysostheater

Web-Reportage Die Agora war einst das Zentrum des gesellschaftlichen Lebens, das Dionysostheater die Geburtsstätte des Theaters. Und heute? Aktuelle Web-Reportagen aus Griechenland

„Europa ohne Griechenland wäre wie ein Kind ohne Geburtsurkunde“, sagte einst der ehemalige französische Präsident Valéry Giscard d’Estaing. Für ihn war klar: Griechenland muss zu Europa gehören. Das war in den achtziger Jahren, als Griechenland noch auf der Kandidatenliste für den EU-Beitritt stand. Heute ist es das erste Land, das für einen eventuellen Austritt aus der Euro-Zone in Frage kommt. Ist Griechenland das Stiefkind Europas? Doch nicht zu vergessen: Mit Aristoteles, Platon, Perikles, Euripides oder Sophokles ist Griechenland nicht nur die Wiege der Demokratie, sondern auch eine antike Hochkultur, die die Entwicklung der europäischen Zivilisation maßgeblich mitgeprägt hat.

Was ist von diesem goldenen Zeitalter heute noch übrig? Die Folgen der Wirtschaftskrise berühren alle Lebensbereiche der griechischen Bevölkerung, auch das Gesundheitssystem leidet. Arbeitslosigkeit, politischer Extremismus, soziale Ungleichheit, Angst vor dem Anderen und eine bankrotte Kulturindustrie – kehrt Griechenland zurück an die Anfänge der Zivilisation? An zehn Orten und in zehn Themenblöcken wollen Fanny Lépine und Yannick Cador in ihren Web-Reportagen eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart schlagen, um daran zu erinnern, wie eng Griechenland noch immer mit seiner einstigen Größe verbunden ist.

8. Folge: Agora von Athen– Die Demokratie

Die Agora ist das Symbol der griechischen Demokratie. An diesem Versammlungsort tagte die Bule, die Ratsversammlung, die die Gesetze ausarbeitete. Die Agora war aber auch das Zentrum des gesellschaftlichen Lebens, wo man sich zum Reden traf. Heute haben die Griechen das Gefühl, dass sie gar nichts mehr zu sagen haben und dass alles nur noch in Brüssel entschieden wird. Die Demokratie scheint für sie im Sterben zu liegen… dort, wo sie vor 2500 Jahren das Licht der Welt erblickte.

  • Die Griechen demonstrieren, erheben sich, schreien ihre Wut heraus – aber man hört nicht mehr auf sie. Als sei ihre Redezeit abgelaufen. Als hätten sie in der Vergangenheit zu viele Fehler gemacht, um heute noch entscheiden zu dürfen. Aber die Griechen haben noch viel zu sagen, wie wir in einem Café in Athener Viertel Exarchia erfahren haben. Wir fragten sie nach ihren Gedanken zu den aktuellen Ereignissen in ihrem Land.

  • Der Syntagma-Platz im Herzen von Athen ist ein strategischer Ort. Hier schlägt das politische Herz des Landes. Unter den Fenstern des Parlamentsgebäudes hatten die „Empörten“ im Frühjahr 2011 zwei Monate lang ihre Zelte aufgeschlagen. Dies ist das Ziel der großen Demonstrationen, hier kommt es immer wieder zu Ausschreitungen. Die Kioske auf dem Syntagma-Platz stehen im Zentrum der großen politischen Bewegungen. Hier hört und sieht man alles.
  • Die Philosophie, der philosophische Diskurs und die Demokratie. Das entstand sozusagen wechselseitig im 5. Jahrhundert vor Christus im Goldenen Zeitalter des antiken Griechenlands. Was ist von der Demokratie geblieben, 25 Jahrhunderte später? Das haben wir den Philosophen Sotiris Panagiotis gefragt.

9. Folge: Dionysostheater– Kultur

Im Dionysostheater, der Geburtsstätte des Theaters der griechischen Antike, spielten die Tragödien der vier größten griechischen Dichter: Aischylos, Sophokles, Euripides und Aristophanes. Die würden sich heute wohl im Grab umdrehen… 2500 Jahre nach dem goldenen Zeitalter des griechischen Theaters vernachlässigt ihr Land seine Kultur. In Zeiten der Krise wird bei der Kultur als erstes gespart. Archäologen, Musiker, Theaterleute… sie alle schlagen Alarm. Ihr Budget wurde bisher schon um 35% gekürzt. Sie haben nicht mal mehr ein eigenes Budget, das ist heute alles ein einziger Bildungsetat.

  • Vor zwei Jahren hat das Kulturministerium ohne Grund und ohne Erklärung die Subventionen für das Theater Neos Cosmos im Zentrum von Athen gekürzt. Vangelis Theodoropoulos, der Direktor des Theaters, ließ sich trotzdem nicht entmutigen. Er machte Schulden, um weiter Theaterstücke zeigen zu können, denn die Griechen verlangen danach, vor allem in Zeiten der Krise. Aber die Lage wird immer kritischer, für ihn, wie auch für die meisten anderen kulturellen Einrichtungen des Landes. Viele kritisieren die brutale und sprunghafte Politik ihres Landes.
  • Antiquitäten-Diebstahl, illegale Ausgrabungen, vorzeitig beendete Ausgrabungsarbeiten… Untragbare Zustände, auf die griechische Archäologen im März 2012 mit einem Hilferuf reagierten: Das kulturelle Erbe ist in Gefahr! Mit einer Anzeigenkampagne in mehreren Sprachen wollten sie die Millionen von Touristen, die Griechenland besuchen, auf die Gefahren aufmerksam machen. „Denkmäler haben keine Stimme. Sie brauchen deine“ war auf Plakaten im ganzen Land zu lesen. Zwischen 2010 und 2011 wurde das Budget für Kulturgüter um 30% gekürzt. Wie weit wird das noch gehen? Despina Koutsoumba, die Vorsitzende des Archäologenverbandes, kämpft weiter.
  • Jeder Grieche kennt Lakis Lazopoulos. Seine wöchentliche Sendung bei Alpha TV ist Kult. 70% der Griechen schalten sie jeden Dienstag ein. 2010 hat das Forbes Magazine ihn sogar zur einflussreichsten und mächtigsten Person Griechenlands gewählt. Deshalb hat Lakis Lazopoulos 2012 beschlossen, den Schritt über die Grenze zu wagen. Mit seinem Programm „Sorry, I’m greek“ tourt er durch Europa, um den anderen zu zeigen, wie die Griechen funktionieren, die heute in Europa immer wieder an den Pranger gestellt werden.

Hier entlang zu den Web-Reportagen aus Griechenland:

http://download.www.arte.tv/permanent/u1/reportage/grece2012/freitag/grece-freitag-2-445.jpg Quelle: Arte Reportage

Einst war Griechenland eine demokratische Hochkultur – heute kämpft seine Bevölkerung in allen Lebensbereichen mit den Folgen der Wirtschaftskrise. Was ist noch übrig vom goldenen Zeitalter der griechischen Antike?

Erklärungsversuche an 10 Orten und in 10 Themenblöcken. Eine Web-Serie von Arte Reportage

Für Sie oder Ihren Hasen

6 Monate den Freitag mit Oster-Rabatt schenken und Wunschprämie aussuchen

Verändern Sie mit guten Argumenten die Welt. Testen Sie den Freitag in Ihrem bevorzugten Format — kostenlos.

Print

Die wichtigsten Seiten zum Weltgeschehen auf Papier: Holen Sie sich den Freitag jede Woche nach Hause.

Jetzt kostenlos testen

Digital

Ohne Limits auf dem Gerät Ihrer Wahl: Entdecken Sie Freitag+ auf unserer Website und lesen Sie jede Ausgabe als E-Paper.

Jetzt kostenlos testen

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden