Hunde-Held Ein griechischer Hund war im Sommer der gefeierte Star im Netz. Etliche Bilder von ihm geisterten durch Blogs und Foren, auf Facebook hatte er ein eigenes Profil und eine täglich wachsende Fangemeinde. Man nannte ihn den „Riot Dog“, den „Krawallhund“. Seit mindestens 2008 war das Tier bei allen Demonstrationen und Ausschreitungen in Athen dabei, zumeist in vorderster Front. Bei den gewalttätigen Protesten Ende 2008, als ein Fünfzehnjähriger von der griechischen Polizei erschossen wurde, ebenso wie beim Jahrestag ein Jahr später, beim Generalstreik letzten Februar wie bei den jüngsten Auseinandersetzungen. Mal liegt er gemütlich vor dem waffenstarrenden Kordon der Sicherheitskräfte und scheint sich zu sonnen, mal ist er mittendrin in den Gewaltexzessen und lässt sich anscheinend auch von Tränengas-Salven nicht beeindrucken. Der Hund heißt Loukanikos, was auf Griechisch „Würstchen“ bedeutet. Er ist offensichtlich im Athener Stadtteil Exarchia zu Hause, einem traditionell von Autonomen geprägten Viertel, unweit der noch immer besetzten Polytechnischen Universität. Auf Demonstrationen geht er selten alleine, sondern Blogeinträgen zufolge immer gemeinsam mit vier oder fünf anderen herrenlosen Hunden. Wie sie neigt auch Loukanikos nicht zu körperlicher Gewalt. Er belässt es beim Bellen und Beobachten – und ist auf dem besten Weg, zur Galionsfigur der griechischen Protestbewegung zu werden. Mark Stöhr
rebeldog.tumblr.com
Erfolgsrezept In einer großen Personality-Geschichte im Stern zeigte Kristina Köhler, Bundesfamilienministerin (CDU), eines ihrer zahlreichen sympathischen Gesichter: Sie präsentierte sich in ihrer Küche, mit Sahne-Spritztüte, bei der Vollendung ihres Erfolgsrezeptes, der sogenannten Fanta-Torte. Wir reichen gerne das Rezept weiter, für den Fall, dass Sie als junger Erfolgsmensch demnächst Besuch von Medienvertretern bekommen sollten:
Zutaten für 12 Portionen
3 große Eier
3 EL Wasser
1 Prise Salz
120 g Zucker
150 g Mehl
2 Stk. Tortenguss, klar
550 ml Fanta
12 Blatt Gelatine
200 g Schmand
5 Dosen Mandarinen
5 Packungen Vanillezucker
400 ml Sahne
Zubereitung der Fanta-Torte
Eier mit dem lauwarmen Wasser und Zucker, Salz und einem Vanillezucker schaumig schlagen, bis eine dicke Creme entstanden ist. Mehl mit Backpulver mischen und über die Eimasse sieben, verrühren und bei 200 Grad ca. 20 Min. zu einem Biskuitboden backen. Erkalten lassen und einmal durchschneiden. Zwei Dosen Mandarinen abtropfen lassen. 150 ml Fanta mit einem Tortenguss aufkochen lassen, Mandarinen zugeben, gut verrühren und auf den unteren Boden des Biskuits geben. 150 ml Fanta erwärmen und die vorher eingeweichte Gelatine darin auflösen. Den Schmand zu der Gelatine geben und abkühlen lassen. Die Sahne mit vier Vanillezucker steif schlagen und unter den Schmand ziehen. Auf die Mandarinen geben. Die anderen drei Dosen Mandarinen öffnen und abtropfen lassen. Den oberen Biskuitboden darauf legen und mit den Mandarinen großzügig belegen. Den zweiten Tortenguss mit 250 ml Fanta aufkochen und über die Mandarinen geben. Bitte keine frischen Mandarinen verwenden. Diese werden in Verbindung mit Schmand und Sahne bitter! Die Torte mindestens eine Nacht, wenigstens vier Stunden, kalt stellen. Sehr erfrischend und schmeckt besonders gut im Sommer!
mittlerer Schwierigkeitsgrad, Zubereitungszeit 60 Minuten, Pro Portion etwa 250 kcal Susanne Lang
kochrezepte.de
Gummi-Fahrrad Der Sommer ist Fahrradzeit ist Fahrraddiebezeit. Wohl dem, der ein gutes Schloss hat. Aber ist ein Schloss genug? Die Raffzähne haben es auch auf die Felgen abgesehen, den Lenker, sogar die Bremsen. Es ist nicht bekannt, wie viele Fahrräder oder deren Teile Kevin Scott in seinem Leben schon gestohlen wurden. Der britische Designstudent hat aber etwas erfunden, das den Langfingern ihre Arbeit deutlich erschwert: das Gummi-Fahrrad.
Auf den ersten Blick wirkt es wie ein normales, robustes Mountainbike. Legt man jedoch einen Hebel um, wird der starre Rahmen flexibel. Und das Rad kann wie eine Schlange um einen Laternenmast gewickelt werden. Scott hat es so konstruiert, dass nur ein einziges Schloss für alle Komponenten nötig ist – eine wahrhaft revolutionäre Idee. Der 21-Jährige belegte damit bei einem Wettbewerb kürzlich den zweiten Platz. Er will mit den 600 Euro Preisgeld den Prototypen weiter perfektionieren und zur Serienreife bringen. Fahrraddiebe sollten sich dringend nach neuen Arbeitsfeldern umsehen. Mark Stöhr
notcot.org/post/32358/
Hitzeball Seit es Erfinder gibt, frönen sie der Leidenschaft, Dinge zu entwickeln, die so tun als ob sie das eine wären, aber eigentlich etwas ganz anderes sind. So lassen sich Gesetze, Vorschriften oder auch einfach moralische Vorstellungen austricksen. Sexspielzeug wird als Gesundheitspflege ausgegeben, Drogen als Medikamente. Nachdem die EU alle Glühbirnen über 60 Watt Leistung verboten hat, lässt ein gewitzter Geschäftsmann aus Essen nun 75- bis 100-Watt-Birnen in China produzieren – und verkauft sie als Kleinheizgeräte! Unter dem Namen „Heatball“ finden sie reißenden Absatz und erzeugen nach Herstelleraussage zu 95 Prozent Wärme, die Leuchtwirkung sei somit „während des Heizvorgangs produktionstechnisch bedingt“, eine ungewollte Begleiterscheinung quasi. Bei genauerer Nachfrage wird klar, dass es sich um eine bewusste Widerstandshandlung gegen die Verordnungen aus Brüssel handelt. Um trotzdem seinen Beitrag zum Schutz des Weltklimas zu leisten, spendet der Heizbirnen-Aktionist pro verkaufter Glühlampe 30 Cent für den Erhalt des Regenwalds. Bis jetzt haben die EU-Juristen ihm noch keinen Strich durch die Rechnung gemacht. Sophia Hoffmann
heatball.de
Niebel-Mütze Ein Mann kämpft für ein neues Image: Dirk Niebel galt bisher vielen als kaltherziger Liberaler. Doch nun soll eine Mütze alles ändern. Auf seiner Afrikareise präsentierte sich der Entwicklungshilfeminister mit einer olivgrünen Schirmmütze im Stile Fidel Castros. Was bezweckt der FDP-Mann damit?
Es kann Niebel letztlich nur darum gehen, aus dem Schatten der „roten Heidi“, seiner Amtsvorgängerin Wieczorek-Zeul, zu treten. Als gelber Guerillero will er die Dritte Welt im Alleingang befreien. In den kongolesischen Dschungel, wo Niebel mit Mütze und Feldstecher eine Berggorilla-Station besuchte, war schließlich auch einst Che Guevara aufgebrochen: in der Verkleidung eines Geschäftsmannes, um die Revolution nach Afrika zu tragen. Niebel könnte demnach ein gelbes U-Boot sein, um den Befreiungskampf der Kongolesen zu unterstützen – oder überhaupt erst zu entfachen. Über die Expertise dafür verfügt der ehemalige Feldjäger: Als Zugführer der Luftbrigade 25 „Schwarzwald“ sammelte er bereits Erfahrung im Wälderkampf. Doch was für ein Interesse könnte Niebel an einer Revolution in Afrika haben? Die Lösung: Hat sich der Kontinent erst mal aus dem Klammergriff des Imperialismus befreit, muss Deutschland auch keine Entwicklungsgelder mehr zahlen. Und die FDP kann die freigewordenen Ressourcen endlich, endlich ins Hotelwesen umschichten. Dominik Bardow
army-security-shop.de
Öl Das lecke Bohrloch im Golf von Mexiko sprudelt ohne Unterlass. Die schmierige Suppe, die es hinterlässt, hat inzwischen die Küste von Mississippi erreicht. Längst kursieren zahlreiche Videos im Netz, die dem schwarzen Gift mit schwarzem Humor begegnen. In „BP Spills Coffee“ etwa, der erfolgreichsten Öl-Persiflage auf Youtube, versuchen BP-Manager, mit den Folgen eines umge-stürzten Kaffeebechers fertig zu werden. Einer greift nach dem naheliegendsten Instrument zur Eindämmung der sich ausbreitenden Lache, eine Küchenrolle, benutzt diese aber als Zeichenunterlage für einen ausgeklügelten Plan – einen dilettantischen Kran, der den Becher bergen soll. Der Versuch schlägt fehl, wie alle anderen auch. Am Ende soll es ein Anruf bei Kevin Costner richten.
Die Umweltinitiative A Cleaner Future geht ernsthafter, aber nicht weniger gewitzt an die Sache heran. Sie will verdeutlichen, dass die Ölschlacke nicht nur die Tiere und Menschen im Katastrophengebiet angeht, sondern auch uns Stubenhocker im virtuellen Ruhesessel. Mit einem simplen Tool kann jeder Internetnutzer jede erdenkliche Webseite mit einem schmutzigen Ölfilm überziehen. Zentimeter für Zentimeter wird das Bild zerfressen, bis es schließlich komplett schwarz ist. Das ist dann sozusagen die Pelikan-Perspektive für Zuhause. Mark Stöhr
Sackmesser Als Schweizer kommt man mit einem Taschen-, oder wie wir sagen: Sackmesser quasi zur Welt. Sie schenken dir ein Sackmesser zur Taufe, zur Konfirmation, zur Hochzeit und zu jedem Geburtstag, bis du nicht mehr weißt, wohin mit diesen verfluchten Messern, und wenn einer stirbt, werfen sie ihm die Sackmesser ins Grab nach. Im Handel heißt das Sackmesser ja Schweizer Offiziersmesser. „Die Schweiz hat keine Armee, sie ist eine Armee“, lautet eine alte Volksweisheit, will sagen: Sie braucht unbedingt auch noch das Wenger Offiziersmesser Giant. Das Giant kommt auf 87 Werkzeuge und 141 Funktionen, ist 24 Zentimeter breit und kostet rund 1.300 Franken. Im Rest der Welt ist dieses Ding natürlich nicht zu gebrauchen und einzig dazu da, um bei Amazon.de haufenweise „Kundenrezensionen“ zu generieren, darunter richtige kleine Grotesken. „Wirklich ein fantastisches und handliches Allzweckgerät. Was mich nur ein bisschen stört, ist die Tatsache, dass grundlegende Alltagsfunktionen doch teilweise etwas schwer zu erreichen oder zu bedienen sind. So ist etwa der integrierte Teilchenbeschleuniger nur dann korrekt in Betrieb zu nehmen, wenn die Nagelfeile und der Korkenzieher in einem Winkel von exakt 107,2 Grad ausgeklappt sind.“ Oder schlicht: „Hallo, wir sind letzte Woche in das Messer eingezogen und haben es nicht bereut!“ Michael Angele
Seifenoper Die Lindenstraße wird 25. Seit dem 8. Dezember 1985 läuft die Soap im deutschen Fernsehen, bei der ARD. Der Mann, der darin den Obdachlosen Harry spielt, schrieb für den Freitag einen Jubiläumsbeitrag. Hier ist er, frisch aus dem Fax:
"Fünfundzwanzig Jahre Lindenstraße. Eine 'Sonderfolge' (Moderation: Götz Als- und Christine Westermann) wird gedreht. Georg Uecker (Dr. Carsten Flöter) erzählt: 'Als ich hörte, dass Hans Geißendörfer (der Produzent; d.Red.) beim WDR mal eine Tür eingetreten hat, wusste ich: Mit dem Mann kann man arbeiten.' Schräg hinter mir raunt Klaus Wowereit: 'Diß wird sich um ne Drehtür jehandelt haben.' Kurz zuvor war Erkan Gündüz, der bei uns den Türken spielt, abends beim Joggen von drei Schlägern überfallen worden. Als alter Kickboxer hatte er die drei zwar übel zugerichtet, ist aber immer noch etwas aufgewühlt. Ich, blöd, wie ich bin, frage: 'Meinst du, das hatte einen xenophoben Hintergrund?' Erkan sagt: 'Nee, du, das war voll aufs Maul.'" Harry Rowohlt
Tattoo Deutschland hat einen neuen Bundespräsidenten. Das ist ein großes Thema. Fast noch mehr als über Christian Wulff wird aber über seine Frau Bettina gesprochen. Die ist jung, sieht gut aus und hat – oh Schreck – ein Tattoo. Das Modell heißt Tribal und sitzt auf ihrem rechten Oberarm. Die geschwungenen, schwarzen Linien haben es angeblich schon bis in chinesische Zeitungen geschafft. Haben wir damit endlich unsere Carla Bruni, cool und schön? Das darf bezweifelt werden. Jeder Dritte der unter Dreißigjährigen hat inzwischen irgendwo einen Tintenklecks auf der Haut. Damit verdienen sich nicht nur die Tätowierer eine goldene Nadel, sondern auch jene Ärzte, die den Kram mit dem Rubinlaser wieder entfernen. Der Trend geht ohnehin seit längerem zum Kurzzeit-Tattoo, denn was man heute todschick findet, ist morgen vielleicht grottenhässlich. Die Macher von Tink-it verfolgen dabei ein besonders cleveres Konzept. Sie verkaufen Editionen temporärer Tätowierungen, die auf jeweils 500 Teile limitiert sind und von Künstlern gestaltet wurden. So wird jeder Käufer zur Leinwand, für ein bis drei Tage. Dann ist das Kunstwerk wieder verschwunden. Tink-it sitzt in Paris, vielleicht sollte Bettina Wulff beim nächsten Staatsbesuch mal vorbeischauen. Mark Stöhr
tink-it.com
Walkman Das Unternehmen Sony hat bekannt gegeben, dass es keine Walkmen mehr herstellen wird. Für die Jüngeren: Ein Walkman ist ein tragbares Kassettenabspielgerät mit Kopfhöreranschluss. Und das Ende seiner Produktion bedeutet, nüchtern betrachtet, für die Welt erstmal wenig. Es will ja ohnehin kaum noch jemand mobil Kassetten hören. Schon der Discman hatte den Niedergang des Walkmans vorbereitet – zu unpraktisch war die Spulerei, wenn man auch mit einem Tastendruck zum nächsten Song springen konnte. Der iPod, der 2001 mit weißen Ohrstöpseln in die Welt kam und so die digitalen Erneuerer und die analogen Arrivierten sichtbar in Weißhörer (digital) und Schwarzhörer (analog) trennte, löste ihn dann vollends ab.
Dennoch darf nicht vergessen werden, dass der Walkman nachhaltig auf die Gegenwart abstrahlt: Er ergänzte das Gemeinschaftserlebnis des Musikhörens um die Möglichkeiten des Rückzugs ins Private. Unvergessen die 13-jährige Vic im 1980er-Film La Boum, die auf der Tanzfläche, während alle um sie herum wild abhotten, schmusig draufkommt, als sie im Kopfhörer „Dreams Are My Reality“ hört. Der Walkman hat bereits im vergangenen Jahrtausend die individualisierte Mediennutzung des 21. Jahrhunderts eingeläutet. Daher sollte sich niemand wundern, wenn ein derart mit Bedeutung aufgeladenes Ding bald wieder auftaucht. Wahrscheinlich kauft gerade jetzt jemand alle verbliebenen TPS-L2-Apparate – so hieß der erste Sony-Walkman 1979 – auf und eröffnet bald den ersten Walkman-Retro-Store. Wenn es so weit ist, werden wir hingehen und staunen, was es alles gibt. Klaus Raab
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