Sabine G. könnte verweifelter nicht sein. Vor wenigen Wochen entzog ihr eine Jugendrichterin das medizinische Sorgerecht für ihre vierjährige Tochter Linda (Namen geändert) und ordnete gegen den Willen der Mutter die antiretrovirale Behandlung für Linda an. Linda war zuvor mit Verdacht auf PCP, eine durch Pilze hervorgerufene Lungenerkrankung, in die Klinik eingeliefert worden, wo mittels Aids-Test eine HIV-Infektion diagnostiziert wurde. Linda galt fortan als Aids-Patientin, der nur mit einer antiretroviralen Therapie (ART) zu helfen sei. Lindas Mutter verweigerte ihre Einwilligung. Daraufhin schalteten die Ärzte das Jugendamt ein.
Mittlerweile kommen zwei Mal am Tag Pflegekräfte zu Linda nach Hause und verabreichen ihr einen Cocktail aus drei Präparaten, aus deren Herstellerangaben zu entnehmen ist, dass sie eine HIV-Infektion zwar nicht heilen, aber mit schweren Nebenwirkungen (Pankreatitis, Leberkrebs, Nervenschäden) einhergehen können. "Nach der Gabe der Stoffe traten bei Linda oft starke allergische Reaktionen auf, sie bekam bis zu 41 Grad Fieber - was mich regelmäßig in Panik versetzte", so Sabine G., die sich kooperativ zeigen muss, um das Sorgerecht nicht ganz zu verlieren. Demgegenüber verbuchten die Mediziner als Erfolg, dass mit Hilfe der PCR (Polymerase Chain Reaction) festgestellt wurde, dass die Viruslast (die Anzahl von HI-Viren im Blut von Antikörpertest-positiven Menschen) deutlich gesunken war. Lindas Leberwerte waren allerdings so schlecht wie zu Beginn der Therapie.
Linda ist kein Einzelfall. So wurde 1999 in Kanada einer Mutter, die ihre beiden HIV-positven Kinder nicht antiretroviral behandeln lassen wollte, das medizinische Sorgerecht entzogen und eine ART angeordnet. "Woraufhin die Mutter nur einen Ausweg sah", so der Kieler Internist Claus Köhnlein, der damals als Sachverständiger fungierte. "Sie kidnappte ihre Kinder aus dem Krankenhaus und verließ mit ihnen das Land."
Für eine Zwangsbehandlung mit antiretroviralen Medikamenten fehlt bislang die wissenschaftliche Basis. Zwar wurde bereits 1984 verkündet, Robert Gallo habe die "wahrscheinliche Ursache von Aids" gefunden: den Retrovirus HIV. Doch ignoriert(e) praktisch die ganze Welt nicht nur das Wort "wahrscheinlich", auch lieferte Gallo keinen Beweis dafür, dass HIV Aids verursacht. Ebenfalls noch nicht bewiesen ist die Existenz von HIV. Dazu wäre es notwendig, den Virus zu isolieren, zu reinigen und dann elektronenmikroskopisch aufzunehmen. So sind auf den Aufnahmen - wie selbst Luc Montagnier, der zweite "HIV-Entdecker", in einem Interview einräumte - keine Partikel zu sehen "mit einer für Retroviren typischen Morphologie". Wenn aber keine Retrovirus-ähnlichen, geschweige denn retrovirale Partikel oder gar Partikel mit einer einzigartigen retroviralen Morphologie zu sehen sind, fehlt der Beweis für die retrovirale Reinigung und somit für HIV. Damit fehlt auch die Grundlage, um die Proteine bei HIV-Antikörper-Tests als Antigene zu verwenden, um eine HIV-Infektion zu belegen (vgl. Freitag 12, März 2004).
Nicht anders sieht es beim PCR-Viruslast-Test aus, dem inzwischen bedeutendsten Surrogatmarker in klinischen Anti-HIV-Medikamenten-Studien. "Gegenwärtig gibt es keinen anerkannten Standard zur Feststellung der An- oder Abwesenheit von HIV-1-Antikörpern in menschlichem Blut", heißt es auf der Packungsbeilage eines so genannten HIV-Antikörper-Testes. "Der Roche Amplicor HIV-1-Monitor-Test ist ungeeignet als HIV-Screening- oder Diagnose-Test zur Bestätigung der Anwesenheit einer HIV-Infektion", so der Pharma-Riese. Und Kary Mullis, der 1993 für die Erfindung der PCR den Nobelpreis erhielt, hält die PCR im Zusammenhang mit der Bestimmung einer HIV-Infektion für unbrauchbar - nicht zuletzt, weil die Methode viel zu sensitiv ist. Selbst bei Aids-Kranken im Endstadium kann nur verschwindend wenig so genanntes HIV ermittelt werden.
Noch nie wurde zudem bewiesen, dass "Aids-drugs" das Leben verlängern oder anderen Behandlungsmethoden überlegen sind, weil es keine Placebo-kontrollierten Studien gibt und keine Versuche zu alternativen Therapien finanziert werden. Entsprechend lehnte 1998 ein US-Gericht eine Zwangsbehandlung eines Kindes mit einer antiretroviralen Kombitherapie ab. Begründung: Der Nachweis der positiven Wirkungen der Mittel fehle, und die Behandlung könne erhebliche Schäden nach sich ziehen. Bemerkenswert ist auch der Urteilsspruch des Oberlandesgerichts Koblenz, das den Eltern eines krebskranken Kindes kürzlich zugestand, zwischen der Chemotherapie und alternativen Behandlungsmethoden frei zu entscheiden (AZ 9 UF 855/03). Damit wurde erstmals in der deutschen Rechtsprechung die Priorität schulmedizinischer Verfahren durchbrochen.
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