Ein bisschen freundlicher hätte sie schon sein können, die Reaktion der Berliner Fußballfans auf die große Nachricht: Hertha BSC bekommt einen Investor, der alle Schulden übernimmt und dazu noch Geld in den Verein steckt. Ein 60-Millionen-Euro-Befreiungsschlag. Doch die Fans kamen vergangenen Sonntag mit einem eindeutigen Transparent ins Stadion. Von einem „Pakt mit dem Teufel“ war da zu lesen. Die Wall Street hat nun einmal selten gute Presse und KKR, die Private-Equity-Firma, die sich Hertha BSC als Spekulationsobjekt ausgesucht hat, ist zwar nicht im strengen Sinne Wall Street, doch zweifellos handelt es sich um lupenreine Kapitalisten.
Wie passt dieses Investment, zu dem es noch viele offene Fragen gibt, zu Hertha BSC? Und zur Bundesliga insgesamt, in der sich das erste Mal eine Private-Equity-Firma engagiert? Herthas Heimniederlage gegen Nürnberg am Sonntag deutet eine Interpretationsrichtung an. Mit dieser Partnerschaft treffen zwei Rationalitäten aufeinander, die alles andere als kompatibel sind. Erfolg ist im Fußball nur bedingt planbar. Geld schießt zwar zweifellos Tore, doch die Wege zum Titel sind krumm, und selbst der momentan unantastbar erscheinende FC Bayern hat sich die ganzen Nullerjahre hindurch schwergetan, mehr als nur Arbeitssiege zu erringen.
Testballon für die Liga?
Für Hertha ist der Deal mit KKR aber die bessere Lösung als das ewige Herumgewurstel, zu dem die hohen Schulden gezwungen hätten. Es ist allerdings bezeichnend, dass auch Experten im Moment nicht genau erklären können, wie sich die Sache für KKR darstellt: Welchen Profit versprechen sich die Investoren von ihrem Engagement? Ist es nur ein Testballon für größere Engagements in der Liga? Und welches Ausstiegsszenario gibt es für das Ende der vorerst auf sieben Jahre geplanten Zusammenarbeit? Es fällt auf, dass die Verantwortlichen bei Hertha darüber am liebsten nicht sprechen würden.
Das hat wohl damit zu tun, dass sie sehr wohl wissen, dass die finanziellen Probleme nicht langfristig gelöst, sondern nur vertagt worden sind. Der Preis dafür ist hoch: Hertha macht sich zum Experimentierfeld für eine andere Profitlogik als die der Festgeldakkumulation, mit der Uli Hoeneß den FC Bayern groß gemacht hat. Borussia Dortmund, das als Aktiengesellschaft nur mit knapper Not die Irrationalität der New Economy überlebte, ist das warnende Beispiel. Auch Hertha hat sich nun auf eine „neue Ökonomie“ eingelassen. Ob man darin mit Augenmaß bestehen kann?
Bert Rebhandl bloggt regelmäßig zu Hertha BSC unter herthabsc.blogspot.de
Dieser Artikel erscheint in Ausgabe 06/14 vom 06.02.2014
Kommentare 5
Es ist doch verständlich, daß die Fans entsprechend reagieren.
Der Verein macht sich dann damit genauso unbeliebt wie Hoffenheim, der als "künstlicher" Verein gilt.
Als Fan liebt man den Verein, unabhängig von Erfolgen, auch wenn Erfolg natürlich nachhilft.
Auch die Abhängigkeit vom sog. Investor ist nicht zu unterschätzen.
Ich bräuchte dazu schon ein paar mehr Infos, um mir da ein abschließendes Bild von zu machen. Was passiert denn, wenn die vorher aussteigen? Muss Hertha dan das Geld zurück zahlen? Sind die 60 Millionen nur ein Darlehen, oder was ist mit dem Geld?
Wenn man schlecht oder gar nicht recherchiert, dann kommt eben so ein dürrer Text raus. Dabei sind seit Montag doch wesentliche Details des Deals bekannt: KKR kauft sich mit rund 18 Mio einen rund 10%-Anteil am Stammkapital der KGaA. weitere rund 7 Mio bekam Hertha als sog. Bonus für die eigene Unterschrift unter den Deal. Der Rest von rund 36 Mio wird zur Schuldentilgung genommen. Mit diesen Geld hat sich KKR ebenfalls ein Anteilsrecht an zukünftigen Einnahmen gesichert. Und hier liegt eben der erste Irrtum des Autors bzw. des o. Textes: Hertha ist ebennoch nicht schuldenfrei. Der Deal hat eine Laufzeit von 7 Jahren. Über diese Laufzeit müssen diese 36 Mio an KKR zuück gezahlt werden, auch wenn Schiller es "kein Darlehen" nennt, es bleibt ein finanzielle Verbindlichkeit. Der Vorteil für den Verein: Wesentlich bessere Zinskonditionen und am Ende der 7 Jahre wahrscheinlich wirklich schuldenfrei. Der 2. Vorteil für die Hertha: Sie können sich nun die an Dritte veräußerten Marketing- und Cateringrechte im Olympaistadion zurückkaufen. Damit sind zukünftig wieder höhere laufende Einnahmen in der Vereinsbilanz verbunden, was insbesondere unter dem Aspekt des Financial-Fair-Play der UEFA wichtig wird, falls sich die Hertha mal wieder international qualifiziert. Und hier beginnt es für die KKR interessant zu werden. Der Verein wurde mit rund 220 Mio bewertet. Mit diesen und weiteren höheren Einnahmen (Markting, Catering, aber auch höheren TV-Geldern usw.), dem erwarteten sportlichem Erfolg und insgesamt der Teilhabe am Boom der Hauptstadt Berlin erhofft sich KKR nach 7 Jahren einen Mehrgewinn für ihren jetzt rund 10%-Anteil. Wenn das nicht eintrifft, hat man sich eine Option für eine Aufstockung auf 33% gesichert, was dann allerdings der Verein im Tagesgeschäft zu spüren bekommen würde. Hier liegt für beide Seite auch das Risiko des Deals. Aber es ist wohl das beste, was die Hertha derzeit bekommen konnte, um sich finanziell wieder etwas Luft zu verschaffen. Aber wirklich schuldenfrei sind sie frühestens erst nach der Rückzahlung an die KKR.
Wer mehr als den o. sehr dünnen Artikel darüber lesen will:
http://www.berliner-zeitung.de/hertha/finanzinvestor-kkr-zweifel-am-deal-von-hertha-bsc,10808800,26088790.html
http://www.berliner-zeitung.de/hertha/hertha-investor-wachstum-mit-freiem-kopf,10808800,26067224.html
http://www.berliner-zeitung.de/hertha/neuer-hertha-investor--der-60-millionen-jubel,10808800,26055610.html
Wenn man schlecht oder gar nicht recherchiert, dann kommt eben so ein dürrer Text raus. Dabei sind seit Montag doch wesentliche Details des Deals bekannt: KKR kauft sich mit rund 18 Mio einen rund 10%-Anteil am Stammkapital der KGaA. weitere rund 7 Mio bekam Hertha als sog. Bonus für die eigene Unterschrift unter den Deal. Der Rest von rund 36 Mio wird zur Schuldentilgung genommen. Mit diesen Geld hat sich KKR ebenfalls ein Anteilsrecht an zukünftigen Einnahmen gesichert. Und hier liegt eben der erste Irrtum des Autors bzw. des o. Textes: Hertha ist ebennoch nicht schuldenfrei. Der Deal hat eine Laufzeit von 7 Jahren. Über diese Laufzeit müssen diese 36 Mio an KKR zuück gezahlt werden, auch wenn Schiller es "kein Darlehen" nennt, es bleibt ein finanzielle Verbindlichkeit. Der Vorteil für den Verein: Wesentlich bessere Zinskonditionen und am Ende der 7 Jahre wahrscheinlich wirklich schuldenfrei. Der 2. Vorteil für die Hertha: Sie können sich nun die an Dritte veräußerten Marketing- und Cateringrechte im Olympaistadion zurückkaufen. Damit sind zukünftig wieder höhere laufende Einnahmen in der Vereinsbilanz verbunden, was insbesondere unter dem Aspekt des Financial-Fair-Play der UEFA wichtig wird, falls sich die Hertha mal wieder international qualifiziert. Und hier beginnt es für die KKR interessant zu werden. Der Verein wurde mit rund 220 Mio bewertet. Mit diesen und weiteren höheren Einnahmen (Markting, Catering, aber auch höheren TV-Geldern usw.), dem erwarteten sportlichem Erfolg und insgesamt der Teilhabe am Boom der Hauptstadt Berlin erhofft sich KKR nach 7 Jahren einen Mehrgewinn für ihren jetzt rund 10%-Anteil. Wenn das nicht eintrifft, hat man sich eine Option für eine Aufstockung auf 33% gesichert, was dann allerdings der Verein im Tagesgeschäft zu spüren bekommen würde. Hier liegt für beide Seite auch das Risiko des Deals. Aber es ist wohl das beste, was die Hertha derzeit bekommen konnte, um sich finanziell wieder etwas Luft zu verschaffen. Aber wirklich schuldenfrei sind sie frühestens erst nach der Rückzahlung an die KKR.
Wer mehr als den o. sehr dünnen Artikel darüber lesen will:
http://www.berliner-zeitung.de/hertha/finanzinvestor-kkr-zweifel-am-deal-von-hertha-bsc,10808800,26088790.html
http://www.berliner-zeitung.de/hertha/hertha-investor-wachstum-mit-freiem-kopf,10808800,26067224.html
http://www.berliner-zeitung.de/hertha/neuer-hertha-investor--der-60-millionen-jubel,10808800,26055610.html
Bundesliga und Vereine sind nicht mehr und nicht weniger als kapitalistische Betriebe mit dem Zweck Geld zu verdienen. Allerdings mit einigem Unterhaltungswert für den Kunden. Leider kann dieser aber durch lautstarke Meinungsäußerung auf den Rängen immer wieder einmal seine nicht nur unmaßgebliche Meinung rausschreien, sondern im Kleineren auch Stimmungen erzeugen die bei Detailfragen Änderungen bewirken (Trainer, Vereinsspitze).
Am System ändert das nichts.
Und so begrüßenswert die geäußerte Meinung der Hertha-Fans auch ist - es wird der Zeitpunkt kommen, da werden teile der selben Fankurve Geld für den maroden Verein sammeln und dabei - wie immer - dem Trugschluss aufliegen, dieser Verein sei "ihrer". So ist es aber nicht. Sie sind nur Kunden, denn sie sind zwar an einem Sieg oder guten Spiel "beteiligt", nicht aber am Gewinn.