Ich habe nie von Utopien geredet

STEFAN HEYM Der Schriftsteller Stefan Heym über das Ende der DDR und die Gefahren aufgestoßener Fenster
Exklusiv für Abonnent:innen

FREITAG: Hatten Sie am 4. November 1989 in Berlin dieses Gefühl des Erwachsengeworden-Seins: "Wir sind d a s Volk" oder ahnten Sie, dass es bald heißen würde: "Wir sind ein Volk?"

STEFAN HEYM: Ich persönlich hatte natürlich den Wunsch, dass aus der DDR, sagen wir mal, ein vernünftiger sozialistischer Staat entstehen würde. Ohne die bekannten Mängel. Ein Kollege aus dem Westen, der bei der Demo dabei war, Rolf Hochhuth, fragte, warum denn keiner von der Einheit rede. Und die Christa Wolf erwiderte ihm: Das steht doch gar nicht auf der Tagesordnung. Und tatsächlich: Das stand es ja auch nicht. Das wurde meiner Meinung nach bewusst hineinmanipuliert in den Tagen nach dem 4. November. Ich glaube nicht, dass dieses ein Volk von sich aus entstanden ist