Er müsse seinen Rücktritt mit einer dramatischen Warnung begründen. Es häuften sich die Symptome für eine Rückkehr des Landes zu einer Diktatur und für ein Scheitern aller Reformanstrengungen. Autoritäre Tendenzen seien ein Indiz für die Missachtung demokratischer Errungenschaften. Wenn man sich jetzt davon zu verabschieden beginne, könne er für eine solche Wende nicht mehr zu Verfügung stehen.
Als Eduard Schewardnadse diese Erklärung abgab, stand er nicht in seinem Präsidentenpalast in Tiflis - und man schrieb auch nicht das Jahr 2003 -, sondern vor dem Obersten Sowjet, man verzeichnete den 20. Dezember 1990. Schon wenig später, am 1. Januar 1991, begann die UdSSR ihr letztes Jahr mit einem neuen Außenminister.
Eduard Schewardnadse hat Georgien in den vergangenen Jahren regiert, wie er seinerzeit in Moskau nicht länger regieren wollte, als eine Art Sowjetpatriarch. Stagnation beherrscht das Ende seiner Ära. Mächtige Partikularinteressen dominieren, der Präsident hat eine grassierende Günstlingswirtschaft hofiert und toleriert, wenn sie ihm politisch von Nutzen war. Dass davon nun die Opposition profitiert, kann kaum überraschen, zumal die breite Bevölkerung angesichts des wirtschaftlichen Niedergangs einer fortgesetzten Verarmung ausgesetzt ist. Wenn sich Schewardnadse dennoch bisher halten konnte, dann auch, da es ihm als Verdienst angerechnet wurde, das Land nach dem Bürgerkrieg Anfang der neunziger Jahre und dem Abfall Abchasiens und Südossetiens notdürftig befriedet zu haben. Das war auch deshalb möglich, weil er als geschickter Taktiker in der Schlacht um den Kaukasus zwischen den Fronten blieb und Russland die Gefolgschaft verweigerte. Nicht zuletzt deshalb waren die seit dem Afghanistan-Krieg Ende 2001 an der russischen Südflanke präsenten Amerikaner - sie unterhalten heute Militärbasen von Kasachstan bis Usbekistan - bereit, ihn als Partner zu akzeptieren und zu stützen.
Schließlich ist Georgien mehrfach in Brüssel vorstellig geworden, um mit Nachdruck auf baldige Mitgliedschaft in der westlichen Allianz zu drängen. Diese Vorstöße sind es, die Schewardnadse jetzt den Rest an Glaubwürdigkeit kosten dürften, würde er auf die durchsichtigen Hilfsangebote aus Moskau eingehen. Der Preis dafür wäre neben weiterem Prestigeverlust die Einbindung Georgiens in die russische Konfliktstrategie im Kaukasus mit allen Konsequenzen, die das für den Tschetschenien-Krieg haben kann. Mit der Westorientierung Georgiens wäre es dann vorbei, so dass die Oppositionsführer Nino Burshanadse, Surab Shwania und Michail Saakaschwili nicht allein auf den öffentlichen Protest in Tiflis angewiesen bleiben, um Schewardnadse Konzessionen abzuringen. Der Präsident bürgt derzeit vor allem für Instabilität und Chaos - nicht nur innenpolitisch, auch in geostrategischer Hinsicht ist das keine Empfehlung.
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