Heimlich, still und unbeeindruckt von der Corona-Krise machen sich milliardenschwere Fonds im Pflegebereich breit. Private-Equity-Firmen wie Nordic Capital, Waterland, Chequers Capital, Oaktree oder Carlyle: Das sind Beteiligungsgesellschaften, die mit dem Geld ihrer Anleger Unternehmen aufkaufen, die nicht an der Börse gehandelt werden. Ihr Geschäftsgebaren hat ihnen den Beinamen „Heuschrecken“ eingebracht. Ihnen ist egal, ob sie in IT, Immobilien oder eben „Gesundheit“ investieren, entscheidend ist die Rendite, die eine Anlage erzielt. Wie kann es sein, dass ebendiesen Fonds immer mehr stationäre Altenpflege- und Reha-Einrichtungen in Deutschland gehören?
Seit dem Erwerb des Pflegeheimbetreibers Casa Reha durch ECM Equity Capital im Jahr 1998 wurden in dem Sektor immer mehr Einrichtungen übernommen, die Zahl der Privaten hat sich in den vergangenen 20 Jahren verdoppelt. Viele Betreiber von Alten- oder Pflegeheimen wurden mehrfach von den „Heuschrecken“ durchgereicht, sprich: mit hohen Profiten weiterverkauft. Die größten Pflegeheimbetreiber hierzulande sind die in Paris börsennotierte Firma Korian – mit dem Werbespruch „Bei Korian sind Sie bestens umsorgt“ und der Bank Crédit Agricole als Großaktionär – und Alloheim, das dem schwedischen Finanzinvestor Nordic Capital gehört. In der Reha ist Median, das seit einigen Jahren Waterland Private Equity gehört, die Nummer eins in Deutschland. Der Gesundheitssektor – „Healthcare“ als Investitionsmöglichkeit – rangiert bei den Fonds, die global über ihnen von Investoren zugesagte, aber noch nicht investierte Mittel („dry powder“) von gut 1,5 Billionen Dollar verfügen, sogar ganz oben auf der Liste der bevorzugten Ziele.
Ein aktuelles Beispiel kann das Geschehen verdeutlichen: Mitten in der Corona-Krise, die Bewohner von Alters- und Pflegeheimen besonders stark belastet, gab es in der Branche einen neuerlichen Milliardendeal. Und das ganz ohne große Schlagzeilen, denn die Betreibergesellschaften tauchen nach Möglichkeit nicht auf – auch nicht oder nur ganz am Rande in einer Notiz zur Unternehmenshistorie auf der Website. Im Einzelnen meint das: Am 30. Dezember 2020 meldet Waterland eine Milliardenfusion: Der Finanzinvestor übernimmt die britische Priory Group für gut 1,2 Milliarden Euro und will sie mit seinem deutschen Portfolio-Unternehmen Median zusammenlegen, zu einem der größten privaten Anbieter von medizinischer Rehabilitation in Europa mit rund 20.000 Beschäftigten, 570 Einrichtungen und jährlich 260.000 Patienten in Orthopädie, Neurologie und Psychiatrie.
Gesundheit, ein solider Markt
Private-Equity-Fonds wie Waterland, Nordic Capital, Carlyle oder Blackstone sammeln mit einem zeitlich befristeten Anlagehorizont Milliarden bei Pensionskassen, Versicherungen, hochvermögenden Privatpersonen und anderen Einrichtungen wie Stiftungen oder Banken ein. Dann legen sie die Mittel auf meist drei bis fünf Jahre in Mehrheitsinvestments von Unternehmen, Immobilien oder eben Alten- und Pflegeheimen an. Der Gesundheitsmarkt wird ins Visier genommen, weil dort gut zu kalkulierende, stabile oder sogar stetig steigende Mittelzuflüsse zu erwarten sind. Die Pfeile zeigen nach oben: Demografisch gibt es für die nächsten Jahrzehnte im Markt für stationäre Pflege und Seniorenwohnen einen klaren Wachstumstrend, weitgehend unabhängig von Konjunkturschwankungen.
Der Knackpunkt im Geschäftsmodell der auf Profit ausgerichteten Fonds ist, dass der „Equity“-Anteil, also das pro Deal eingesetzte Eigenkapital des Fonds, möglichst gering gehalten und mittels Krediten „gehebelt“, also vervielfacht wird. Die Niedrigzinspolitik der Notenbanken macht das noch einfacher: Kredite werden billiger. Die aufgenommenen Schulden müssen dann nicht die Investoren, sondern die gekauften Unternehmen selbst – hier: eine Betreiberfirma von Altenheimen – abstottern und die Zinsen dafür bedienen. Damit steigt über die Haltezeit das Eigenkapital des Fonds, nach wenigen Jahren kann er mit Gewinn an den nächsten Investor weiterverkaufen. In einigen Fällen verdienen die Fonds auch dadurch, dass sie sich selbst – durch Schulden finanzierte – Dividenden auszahlen. Auch das ist noch nicht alles: Die vorherigen privaten oder kirchlichen Betreiber bringen meist auch Immobilien mit ein, die sich leicht vom Betrieb abspalten und in einem boomenden Markt getrennt versilbern lassen, sodass die Einrichtungen auch noch die Mieten zu stemmen haben.
Der fragmentierte und zersplitterte „Gesundheitsmarkt“ hält für diese Fonds steigende Profitchancen durch das Zusammenkaufen von immer mehr kleineren Anbietern bereit, um damit Kosten zu senken und die entstehenden größeren Einheiten mit hohen Gewinnen an die nächsten Investoren zu verkaufen – die das Spiel in der nächsten Runde wiederholen. Die heute großen Ketten sind so durch vielfache Zukäufe kleinerer Einheiten entstanden. Naturgemäß geht die „Integration“ nicht reibungslos vonstatten. Dazu kommt, dass der häufige Wechsel der Eigentumsverhältnisse einer auf Langfristigkeit ausgerichteten Strategie naturgemäß widerspricht. Doch sollte sich das Gesundheitswesen nicht eigentlich genau daran orientieren?
Wer die Zeche zahlt, liegt auf der Hand: die Alten und Kranken. Denn während auf der einen Seite die Profite steigen, steigen auf der anderen auch die Kosten für die Pflege im Heim. Die selbst zu zahlenden Anteile klettern weiter – auf nun 2.068 Euro pro Monat im bundesweiten Schnitt, wie aus Daten des Verbands der Ersatzkassen für 2021 hervorgeht. Das sind 128 Euro mehr als Anfang 2020. Der darin enthaltene Eigenanteil allein für die reine Pflege ist seit Anfang 2021 im Bundesschnitt auf 831 Euro angewachsen: Vergangenes Jahr betrug er noch 731 Euro, Anfang 2018 nur 593 Euro.
Einer der größten Pflegeheim-Deals in Deutschland betraf den 1973 gegründeten Alten- und Pflegeheimbetreiber Alloheim. Im Jahr 2017 verkündeten der Verkäufer – Carlyle aus den USA, einer der größten Finanzinvestoren weltweit – und der Erwerber Nordic Capital kurz vor Weihnachten in einer dürren Meldung die Alloheim-Übernahme. Der Verkaufspreis betrug kolportierte 1,1 Milliarden Euro, das 12,5-Fache des operativen Jahresgewinns von Alloheim. 2008 hatte Alloheims Gründer seine damals 13 Alten- und Pflegeheime an Star Capital verkauft, vier Jahre später übernahm Carlyle, das dann 2017 an die schwedische Gesellschaft Nordic Capital verkaufte.
Als Carlyle einstieg, war Alloheim die Nummer acht der privaten Anbieter, steht nach Übernahmen inzwischen aber auf Rang 2. Gemeinnützige Anbieter wie Johanniter, Evangelische Heimstiftung und Arbeiterwohlfahrt Westfalen hingegen fallen zurück, sie stehen derzeit nur noch auf Rang 7, 8 und 9. Die privaten Kapitalinvestoren beherrschen als größte Organisationen den Pflegemarkt und entsprechend die Bedingungen, die in den Einrichtungen für Personal wie Bewohner herrschen.
Dreißig Prozent Zinsen
Median-Eigentümer Waterland zeigt, dass Firmenjäger mit Rehakliniken im Portfolio auf eine überdurchschnittlich hohe Verzinsung – ausgedrückt als internal rate of return, kurz IRR – von sage und schreibe rund 30 Prozent kommen können. Median ist heute mit 230.000 Patienten jährlich Deutschlands größtes privates Reha-Unternehmen mit 120 Einheiten und 18.500 Betten und Plätzen. Die Gruppe setzt stark auf „digitale Nachsorge“: eine Patienten-App und „Big-Data-Analysen“, selbstverständlich zur Kostensenkung. Waterland hatte Median 2014 für geschätzt eine Milliarde Euro gekauft, damals allerdings erst 45 Häuser mit 9.000 Betten, und die Verschmelzung mit der RHM Klinik- und Altenheimbetriebe vollzogen, die dem Fonds bereits gehörte.
Waterland-Manager Carsten Rahlfs deutet an, was ihm und seinen Kollegen in die Hände spielt: „Die demografische Entwicklung, aber auch angespannte Staatshaushalte machen innovative Healthcare-Angebote nötiger denn je.“ Waterland, das acht Milliarden Euro Eigenkapital für Investoren verwaltet und 2019 für neue Beteiligungen 2,5 Milliarden Euro eingesammelt hat, ist neben Median auch Eigentümer der auf Orthopädie spezialisierten Atos-Klinikkette, des Pflegedienstleisters Schönes Leben und des Firmenfitness-Spezialisten Hansefit – es bietet sich ein Potpourri der kompletten Kapitalisierung körperlicher Befindlichkeiten.
Mit der sogenannten „Build-and-Buy-Strategie“ wurde Median innerhalb weniger Jahre nach oben gepuscht. Waterland erwarb 2011 den Rehaklinik-Betreiber RHM und führte 2015 nach dem Median-Kauf beide Unternehmen zusammen. Klinik-Immobilien für 700 Millionen Euro wurden umgehend versilbert. Und es wurde aggressiv akquiriert. In der Schweiz übernahm der Finanzinvestor 2012 den größten privaten Pflegeheimbetreiber des Landes, Seniocare.
So wächst der Einfluss der Private-Equity-Fonds im Gesundheitssektor. Ardian, mit 103 Milliarden Dollar unter Verwaltung Europas größte Private-Equity-Gesellschaft, hat über verschiedene Vehikel allein mehr als drei Milliarden Euro in den Gesundheitssektor investiert. Für 2019 verzeichnet die Branche hierzulande laut der Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC insgesamt 106 Fusionen und Übernahmen. Knapp die Hälfte der Käufe betraf niedergelassene Leistungserbringer und Labore, die sich für Finanzinvestoren inzwischen ebenfalls zu attraktiven Zielen entwickelt haben.
Dem Treiben der Investoren und ihren Profitsteigerungen folgt spiegelbildlich ein zweites Karussell, um das erste am Laufen zu halten: das der Kostensenkung. Am einfachsten im größten Umfang geht das beim Personal. Leiharbeitskräfte, die im Gesundheitswesen und besonders in Pflegeheimen massenweise eingesetzt werden, erfüllen dabei eine Doppelfunktion: Sie sind einerseits billiger und schnell abrufbar und schwächen andererseits mit ihren im Tagesrhythmus wechselnden Arbeitsplätzen den Zusammenhalt des Personals gegenüber der Leitung, eine Freude für jeden Investor.
Eine weitere, fatale Auswirkung zeigt sich aktuell: Durch die laufende Personalzirkulation von Einrichtung zu Einrichtung können Leiharbeitskräfte während der Corona-Pandemie Träger für die Virusverbreitung sein. Umso bedenklicher, dass die Impfstrategie in Deutschland Anfang 2021 diese profitablen Leiharbeitskräfte in Pflege-Einrichtungen vergessen hatte: Ausgerechnet sie wurden gar nicht erst als relevant für Impfungen markiert. Auf der anderen Seite präsentiert sich ein Bild, das gegensätzlicher nicht sein könnte: Offenbar sind die finanziellen Kompensationen für Corona seitens der Bundesregierung für Klinikbetreiber nach dem Ermessen der Finanzjongleure gut bemessen. „Damit können die meisten Kliniken und sonstigen Träger gut durch die Krise manövrieren“, heißt es etwa bei Ardian. Für Pflegeheime und die ambulante Intensivpflege hat der Gesetzgeber lukrative Regelungen getroffen, um die Einflüsse von Covid-19 finanziell auszugleichen. Eines steht in der Krise ganz oben: keine Schädigungen oder Eigentumsverluste für große Kapitalinvestoren.
„Healthcare“ wird im Investorentrend bleiben: „Die Alterung der Bevölkerung sorgt dafür, dass das Gesundheits- und Sozialwesen mit bundesweit sieben Millionen Beschäftigten im Jahr 2040 die meisten Erwerbstätigen stellen wird“, circa 660.000 mehr als zuletzt, meldete das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung für Deutschland. Bis 2030, so eine Projektion der Beratungsgesellschaft Deloitte, werde das Marktvolumen von derzeit etwa 47 Milliarden auf über 66 Milliarden Euro pro Jahr steigen. Dabei soll die Zahl der Pflegebedürftigen um 34 Prozent auf 4,1 Millionen zunehmen. Es würden bis zu 400.000 zusätzliche vollstationäre Pflegeplätze und Investitionen in Höhe von 85 Milliarden Euro benötigt.
2018 hatte Gesundheitsminister Jens Spahn gesagt: „Wir führen in der Pflege nicht den Sozialismus ein“, daran hat er sich bis jetzt auch gehalten. Doch wollte er gegen private Altenheime gesetzlich vorgehen, bei denen Investoren beteiligt sind. „Zweistellige Renditen für Finanzinvestoren und Kapitalgesellschaften – das ist nicht die Idee einer sozialen Pflegeversicherung“, sagte der CDU-Politiker damals. Rechtlich sei eine Begrenzung der Renditen zwar „ein erheblicher Eingriff“. Aber „wenn sich das vernünftig regulieren lässt, kann ich mir das vorstellen“. Bei der Vorstellung ist es geblieben. Während die Pflegeheime Hotspots der Pandemie sind, geht das Monopolyspiel der Finanzinvestoren munter weiter.
Anmerkung: Wir haben den Umfang der von Ardian in den Gesundheitssektor investierten Gelder gegenüber einer früheren Fassung dieses Artikels korrigiert.
Kommentare 45
Eine Katastrophe, dass das System wie eine Zitrone über einer Presse rotiert, um ordentlich Gewinn abzuwerfen. Hier noch an das "Solidarprinzip" zu appellieren und Freiwillige (unbezahlte!) für die Pflegeheime zu rekrutieren, ist eine Frechheit!
Sehr gut, sehr wichtig, sehr richtig.
Alten Leuten, die auf einen halbwegs friedlichen Lebensabend hoffen, wird mit Vorsatz das Geld aus der Tasche gezogen. Hohe Kosten treffen auf miese Leistungen, so funktioniert das Modell.
Eine Lösung kann darin liegen, dass sich Bürger zu diversen Wohngemeinschaften zusammen schließen, auch solchen in denen ein altengerechtes Wohnen möglich ist und ein Miteinander von Alt und Jung, Gesunden und Kranken für alle Seiten attraktiv ist.
In "Glücklicher Wohnen" ist diese Idee in einer Rohfasssung vorgestellt, wäre gut, wenn da immer wieder Ideen einfließen.
Es ist viel schlimmer, alten Menschen wird derzeit die Lebenszeit fahrlässig verkürzt. Der Faktor "Care" wird nach wie vor in der Pandemie sträflichst vernachlässig, was gesellschaftlich gesehen dem Tatbestand der fahrlässigen Tötung gleichkommt. Ich habe selbst lange genug in der Pflege gearbeitet und weiß, das es faktisch unmöglich ist, eine Krankheitsvertretung zu bekommen wenn man sich schlecht fühlt. Jeder kan sich an 5 Fingern abzählen, was das derzeit bedeutet. Aber an der Verbesserung der Arbeitssituation von Pflegekräften lässt sich halt nichts verdienen, am Impfen schon ...
Die Lage ist, wie sie ist. Unter der Ägide von von der Leyen, Spahn, Altmeyer & Co. hat speziell die Union das öffentliche Gesundheitswesen – wo sie es nicht gleich in private Hände veräußert hat – in Grund und Boden gespart. Alle drei Aufgeführten (persönlich übrigens allesamt mit allerüppigsten Staats-Zuwendungen unterhalten) glänzten selbst im Anblick des selbst angerichteten Corona-Desasters der letzten Wochen noch mit Sprüchen gegen eine – ihrer Ansicht nach zu verurteilende – Anspruchshaltung gegenüber dem Staat.
Was haben wir flankierend? Krisengewinnlertum, Korruption und Bereicherung auf höchster Ebene sowie – umgekehrt – Milliardenhilfen an angeblich systemwichtige Großunternehmen. Die zum Dank Beschäftigte in fünfstelliger Anzahl freigesetzt haben und nunmehr – auch hier wieder, siehe diesen Kommentar von Margarete Stokowski, mit großkoalitionärem Freiflugschein ausgestattet – fleißig Touristen in den nächsten Corona-Hotspot befördern. Aktuellstes – und brennendstes – Hauptproblem ist allerdings, dass die Union offensichtlich gerade daran herumwerkelt, die Corona-Krise künstlich bis in den Herbst hinein zu verlängern (vermutlich in der irrigen Hoffnung, im Krisen-Dauernotstand mehr Wahlstimmen einzufahren als unter den Bedingungen einer freien Aufarbeitung der gemachten Fehler).
Bei Jens Spahn liegt man sicher nicht falsch in der Annahme, dass die unionseigene Mischung aus öffentlichem Geiz und Pandemiebekämpfungs-Verschleppung auch zum persönlichen Ding avanciert ist – respektive Herr Spahn gar nicht mehr anders kann, als den derzeitigen Modus aus Krise, Untätigkeit und Fehlentscheidungen bis infinitum zu strecken. Kurzum: die Union ist, was sie immer war: eine Partei der Raffzähne – unter Krisenbedingungen wie jede konservative Richtung eine der Sorte, die potenziell zur Lebensgefährlichkeit erblühen kann. Denn: In Sachen Pandemiebekämpfung gleicht sich die Strategie der Merkel-Regierung de facto immer stärker der – ebenfalls von Nichtstun und Bremsen bestimmten – Vorgehensweise der Regierungen Trump und Bolsonaro an.
Unter den Bedingungen eines immer agressiver sich verbreitenden Virus und der Tatsache, dass wir der Regierung gegenwärtig buchstäblich auf Leben und Tod ausgeliefert sind, gibt es leider nur einen vernünftigen, praktikablen Ausweg: die Union als Hauptverursacher des aktuellen Desasters muß im Herbst derart nachhaltig gedeckelt werden, dass Grüne und SPD mit egalwem (außer AfD und CDU) eine Regierung bilden und die Corona-Krise auf vernünftige Weise beenden können.
Im Hinblick auf die STRUKTURELLEN Defizite im Sozialbereich wird das sicher nicht ausreichen. Allerdings: Die Beendigung der aktuellen Agonie ist die Grundvoraussetzung, ÜBERHAUPT wieder politisch artikulationsfähig zu werden. Die CDU will das – in diesem perversen Sinn durchaus realistisch – verhindern.
Ich habe bis vor kurzem auch noch in der Pflege gearbeitet. Es wäre falsch und verkürzt, meine Kündigung allein der Corona-Pandemie und dem, was ich dort erlebte in die Schuhe zu schieben, aber es war auch ein Grund. Ich habe den Glauben daran verloren, dass sich etwas Gravierendes ändern wird.
Angekündigt ist es seit Jahren, doch dann wird immer wieder mit irgendwelche dubiosen Zwischenschichten gemurkst, so dass der Trend bleibt, dass immer weniger Personal immer mehr Arbeit verrichtet und das ändert sich auch unter und nach Corona nicht. Inzwischen glaube ich sogar, dass man hier und da nach Pflegekräften sucht, aber früher wollte man nicht mehr einstellen, heute kommen erst keine mehr.
Dann hat man die Mischung aus einer examinierten Kraft, mit Schülerin, Praktikant und einer aus einer Leihfirma. Zudem werden die Teams durch den massiven Umbau unter Coronabedingungen zerrissen, ich kenne Stationen die nahezu komplett gekündigt haben, auch den Intensivstationen laufen die Leute weg.
„Aber an der Verbesserung der Arbeitssituation von Pflegekräften lässt sich halt nichts verdienen, am Impfen schon ...“
Das ist ja durchaus folgerichtig gedacht. Da man weitere 60% der Krankenhäuser kaputt machen will, braucht man keine zusätzlichen Pflegekräfte einzustellen, das verlangsamt den Prozess nur. Die Konkurrenz um die letzten Pflegenden gewinnen die Häuser, die überleben sollen, das passt schon gut zusammen.
Ach, wäre das doch das einzige Problem ...
"die Union als Hauptverursacher des aktuellen Desasters muß im Herbst derart nachhaltig gedeckelt werden"
Die Sterne stehen gut: „RTL/ntv-Trendbarometer: Union stürzt auf 29 Prozent“
Ich komme gleich zum Punkt:
Der gesamte Gesundheits- und Pflegesektor muss ausnahmslos verstaatlicht werden. Kommunale Trägerschaft ist gut, muss aber den verbindlichen Vorgaben des Bundes folgen. Kirchliche Träger sind genau so wie private zu enteignen. Es muss außerdem der Lohn von in Privathaushalten tätigen, meist ausländischen Pflegekräften aufgestockt werden auf zumindest 2500€ pro Monat. Denn die Anzahl der tatsächlich geleisteten Stunden ist dort nicht zu kontrollieren.
Sehr zu empfehlen dazu: "Die Anstalt" (ZDF) von gestern.
Wie wir dahin kommen? Prinzipiell ganz einfach: Mit einem sofortigen Generalstreik des Pflegepersonals mit glasklaren Forderungen.
Wird nicht passieren? Dann wird sich auch nie etwas ändern.
Selbstverständlich muss der Staat dann massiv mehr Geld und Personal für die Pflege einsetzen.
Erstmal danke, für die gute Analyse
Da es in Zukunft wahrscheinlich öfter zu Pandemien kommt, muss der Staat seiner Verantwortung der Fürsorgepflicht nachkommen und der Pflegeindustrie zumindest Auflagen oktroyieren!
Zumindest der Gesundheits- oder Pflegeökonomie in demokratischer Prozedur ihre Renditezentrik auf Kosten älterer Menschen einen Riegel vorschieben:
Die Aufstallung von Menschen hat sich (seit Corona) als Todesfalle erwiesen. Ältere Menschen dürften nur noch in Wohnheiten (maximal 10 Personen) dezentral mit ausreichend Pflegepersonal (Pflegeschlüssel) untergebracht und versorgt werden.
Der Staat (billiges Geld) baut die dezentralen Wohnheiten (Vermietung) und führt die öffentliche Daseinsvorsorge ein, um ambulante und häusliche Pflege der Angehörigen (Mehrheit) zu entlasten! Länder, Kommunen oder Bezirk steigen direkt als Betreiber von Einrichtungen (dezentrale Komplexe) ein!
Damit würde in der Gesundheitsökonomie eine neue Dynamik entstehen und die Privatwirtschaft hat mit der Öffentlichen Daseinsvorsorge (Staat, Kommunen, Länder) mehr Wettbewerb. Soll ja gut für den Markt sein, oder?
Kassen - und Pflege finanzierte Leistungen der Beitragszahler gibt es für die privaten wie auch kirchlichen Betreiber nur, wenn diese a), den gesetzlich vorgegebenen Pflegeschlüssel einhalten und b), sich in einem Tarifverband vereinigt haben. In allen Einrichtungen sind Betriebsräte zu wählen und es gilt das (Mitbestimmung) Betriebsverfassungsgesetz.
Diese und ähnliche Massnahmen würden noch nicht in den Sozialismus münden und sind zum Wohle der offenen Gesellschaft seiner humanen Ausrichtung wertvoll.
Konkurrenz belebt das Geschäft, und ja, dieser Markt in seiner Radikalität schreit förmlich nach Regeln!
Gruß
Ein Teil der Realität eines Pflegeheimes der Diakonie:
Auch bei 38°C im Schatten gab es EINE Dusche pro WOCHE. Auf meine Anfrage, wenigstens 2-3 mal zu duschen, lautete die Antwort:Das wär überall so üblich. Auf meinen Hinweis, dass sie, also die von mir angesprochene leitende Mitarbeiterin bei diesen Temperaturen ganz sicher mindestens 14 Duschen pro Woche hätte, dämmerte ihr dann doch die Absurdität ihrer Ausflüchte. Nur steckt die eben auch im System und will ihr Einkommen nicht verlieren. Und ihr Hinweis auf die katastrophale Lage bei der Personalsituation ist nicht von der Hand zu weisen. Sechs PflegerInnen auf ca. 60 BewohnerInnen. Eine Dusche je nach individueller Bedürftigkeit ca. 30 min. Macht also dann 30 Stunden nur für das Duschen. Es wären also 4 PflegerInnen täglich in Vollzeit nur mit dem Duschen beschäftigt. Dazu dann Medikamentengabe, Essen, Bewegung (die fällt sowieso fast völlig aus), Dokumentation, Aktivierungsveranstaltungen.
Immerhin wissen in der Diakonie, wie ich sie kennengelernt habe, noch einige Pflegende, dass auch alte Menschen hin und wieder eine Umarmung, eine Hand brauchen. Immerhin.
Der Mensch rechnet sich einfach nicht. Zumindest nicht, wenn es um Menschlichkeit geht. Nichts Neues unter der Sonne also.
Diese Fonds oder wer auch immer werden abschöpfen, was nur geht. Erst wenn die Pensionen und Renten so weit gesunken sein werden, dass sich dieses Geschäftsmodell nicht mehr lohnt, werden die ablassen. Aber das Schlachtfeld möchte man sich dann gleich gar nicht vorstellen.
Ich würde niemals auf Wahlergebnisse als Ursache von wirklichen Verbesserungen hoffen. Wer denn? SPD, Grüne, FDP, Linke? Und in diesem Bereich schon gleich gar nicht. Sehr viel eher werden wir die von den USA geforderten 2% Rüstungsausgaben erreichen.
Ein wenigstens realistisches Buch:Hajo Schuhmacher "Restlaufzeit"
Als Ergänzung sei darauf hingewiesen, dass abseits der offensichtlichen Verhinderungen durch Marktradikale und De-Reguliererer Ungemach auch an anderer Stelle lauert.
Die Katholische Kirche, hier: die 'Tochter' Caritas, wird ihrer blutigen, inhumanen Geschichte gerecht. Sie verhindert gerade humanere Arbeitsbedingungen und -entlohnungen für neue Traifvereinbarungen.
Doch es geht nicht nur um diese ewiggestrigen Verhinderer, sondern noch mehr um die strukturellen und systemischen Grundlagen, die Veränderungen der gewünschten Art erschweren.
https://www.carl-auer.de/magazin/systemisches-lexikon/autopoiesis hilft bei der Vertiefung.
„Die demografische Entwicklung, aber auch angespannte Staatshaushalte machen innovative Healthcare-Angebote nötiger denn je.“
Das ist das eigentliche Problem: Klamme Staatshaushalte und prall gefüllte Kriegskassen bei vielen, häufig börsenkotierten Gesellschaften. Den Gesundheitssektor zuerst via Lobbying in der Politik herunter wirtschaften oder kaputt sparen lassen und dann aufkaufen. So funktioniert der Neoliberalismus, das ist die Zauberformel, das Prinzip, nach dem er tickt. Das ist nicht zuletzt auch das Resultat der Steuergesetzgebung, des internationalen Steuerwettbewerbes. Und so werden öffentliche Bereiche indirekt privatisiert. Übrig bleibt das Ideal des „Nachtwächterstaates“, der lediglich noch dem Primat der Wirtschaft zu gehorchen hat.
Gewinne werden privatisiert, Verluste verstaatlicht. Ein altes Prinzip. Wie das geht, machen uns die Vereinigten Staaten schon seit Jahrzehnten vor. Man darf gespannt darauf sein, wie sich die Anhänger der Chicagoer Schule auch aus dieser Krise wieder herausreden- gleichzeitig den Nachtwächterstaat beschwören- und trotzdem weiter unverdrossen nach dem Lender of Last Resort schreien werden, wenn wieder einmal Not an der Frau ist.
Tarifverträge lösen das Problem nicht. Private Anbieter müssen ganz raus!
Das erklärt auch "Die Anstalt" von gestern gut.
Wie bei gefühlt jedem Artikel ist der einzig logische Schluss:
Ohne Revolution, ohne grundlegenden Systemwechsel, sind diese himmelschreienden Probleme nicht zu lösen.
Das kann man dann populistisch oder sonst etwas nennen, es ist und bleibt richtig.
Ich käme niemals auf die Idee, Ihre Ausführungen populistisch zu nennen.
Ihre Parolen in Handlungen umgesetzt bedeuten nur eines: Destruktivität, Schäden, Zerstörung - im Namen einer vorgeblichen Revolution. Und diejenigen, die auf der Strecke bleiben, sind wohl Kollateralschäden für diese Weltsicht.
Nej - tak.
"Die Anstalt" hat die Strukturen gut beleuchtet. Lösungsansätze habe ich jedoch nicht vernommen, eher noch Ohnmacht, Ratlosigkeit gar Panik!
Doch Auflagen und Regulierungen würden dem Markt (vor allen den betreffenden Menschen) zugute kommen.
Und der Staat würde als neuer Marktteilnehmer die Mindeststandards setzen. Im übrigen, @Meine Wenigkeit bereiten Revolutionen für unsere Kinder keine erträgliche Zukunft, soweit die Geschichte lehrt.
Die Arbeitsbedingungen in den Heimen sind katastrophal. Beim Pflegepersonal in der ambulanten Pflege jedoch ist noch mehr Wildwuchs und Arbeitgeberdespotie am (fehlende Kontrollen) Werk, weil Patientenvertretungen kaum Gehör finden.
Die allermeisten pflegebedürftigen Menschen in Deutschland werden jedoch von Angehörigen (Töchter, Söhne, Mütter, Väter, Kinder, alles dabei) oder anderen hilfsbereiten Menschen ungehört versorgt.
Diese Menschen leiden unter Mehrfachbelastung und bedürfen dringenster Hilfe, insbesondere jetzt zur Zeit der Pandemie!
Wir sollten Veränderungen schon step by step jedoch konsequent umsetzen. Und zwar friedlich und demokratisch.
Und wenn niemand mitmachen will bei der grossen Revolution?
Feiges Sauvolk.
Die Lösungen (nicht "Lösungsansätze") stehen alle oben in meinem ersten Post. Bitte bei Interesse nochmal nachlesen. Da ist alles abgedeckt, so schwer ist es ja auch nicht.
Ich kann verstehen, dass Euch der Gedanke an eine Revolution Angst bereitet. Mir auch. Meine Überzeugung ist aber, dass der ernstgemeinte Versuch einer Revolution das nüchterne Ergebnis einer völlig rationalen Risikoabwägung ist:
Wenn man nichts mehr zu verlieren hat, kann man nur noch gewinnen.
Ich habe viel mehr Angst vor den Konsequenzen unseres Nicht-Handelns. Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht.
Fürchtet Euch nicht! :-)
@Reinkarnation:Wenn niemand mitmacht? Dann mache ich natürlich auch nichts. Denn mit mir alleine ist kollektives Handeln ja nun mal wenig erfolgversprechend. :-) Da scheint sich dieses kleine Mathegenie ein wenig verkalkuliert zu haben.
"Feiges Sauvolk."
Haben Sie daran in Deutschland ernste Zweifel? Es wäre jedenfalls allerhöchste Zeit, der Welt das Gegenteil zu beweisen.
Von Dumpinglöhnen, Tarifflucht & befristeten Einstellungen bis hin zum Agieren bei Eintreiben von Außenständen jeder Art: Das schlimmste Würgeeisen um den Hals von xx-Millionen Bürger(innen) ist in Deutschland immer noch der Staat.
Wie hier zu lesen: Mietnachlässe werden Geschäftsinhaber(innen) auch dann nicht gewährt, wenn das D*****pack anderswo Krokodilstränen wegen »Verödung der Innenstädte« vergießt.
Völlig zutreffend! Und ich lebe in einem Land, wo das Gesundheitswesen einst auch privatisiert wurde- wobei ich mir angesichts des derzeitigen Zustandes desselben lieber keine Vorstellung davon mache, wie es davor ausgesehen hat. Die Folgen davon? Trotz einer kürzlich von einem Korruptionsskandal heimgesuchten Krankenversicherung (die mittlerweile von einem Ex-General präsidiert wird) kann sich kaum jemand einen längeren Spitalaufenthalt leisten. Schwere Erkrankungen = Tod. Für den solventeren Teil der Bevölkerung gibt es private Krankenhäuser, die allerdings a) keiner einheitlichen Tarifordnung unterstellt sind und b) sehr häufig am Rande der Insolvenz stehen, weil erw. Krankenversicherung immer seltener zahlt. Resultat: Der totale Tarifwildwuchs.
Es gibt keinen einzigen Fall, in dem die Privatisierung staatlicher (Grundversorgungs)leistungen eine Erfolgsgeschichte gewesen wäre, nicht einen. Trotzdem wird genau so weiter gemacht. Am besten illustriert das die Privatisierung der Berliner Wasserversorgung, die mittlerweile wieder rückgängig gemacht worden ist. Energie, Infrastruktur, Gesundheit, Soziales, Bildung, Justiz und Polizei sowie die Altersvorsorge gehören hauptsächlich in staatliche Hand.
Prima Artikel. damit kann was anfangen. Richtig finde ich den Hinweis hier im Forum, dass der Staat den Trägern die Investitionslasten abnehmen sollte. Meist sind die Träger als Wohlfahrtsverbände gemeinnützig, d.h. nicht gewinnorientiert. Deshalb auch oft eigenkapitalschwach und damit den Fonds unterlegen. Was spricht dagegen, anständigen Trägern Heime zu überlassen, wenn sie sich an Regeln halten (genannt wurde hier Personalausstattung, Tarifbindung, Betriebsrat, etc.)? Man könnte auch verlangen, dass die Kommunen hier aktiver werden. Aber die Konzerne haben die EU mit ihren Beihilferegelungen an ihrer Seite. Dafür ist die EU immer gut: Dafür zu sorgen, dass Konzerne sich die Taschen vollmachen. Hier auf Kosten der Solidarkassen und der Alten und Kranken. Nicht aufgeworfen wird in dem Artikel die Frage, ob und wo diese Fonds überhaupt Steuern entrichten?
Stell dir vor, es gibt eine Revolte und keiner geht hin ;-D
Klar, der neoliberale Nachtwächterstaat muss komplett revolutioniert werden. In der jetzigen Form ist er zu fast nichts (Gutem) mehr in der Lage, geschweige denn Willens.
Daran führt kein Weg vorbei. Denn ohne den Staat als gemeinwohlorientierte Institution ist eben garantiert "kein Staat zu machen".
!!!
"Was spricht dagegen, anständigen Trägern Heime zu überlassen, wenn sie sich an Regeln halten (genannt wurde hier Personalausstattung, Tarifbindung, Betriebsrat, etc.)?"
Dass es solche anständigen Träger (fast?) nicht gibt. Dass es keine wirksamen Kontrollen gibt. Und dass das Ganze bitteschön nichts kosten soll.
"Stell dir vor, es gibt eine Revolte und keiner geht hin"
Brauch ich mir nicht vorstellen, ist ja Realität. Ich sprach außerdem von einer Revolution, keiner Revolte.
Was findest Du daran so witzig? Willst Du die Welt durch spitzfindiges Formulieren in der FC retten? Oder ist Dir die Welt doch nicht so wichtig? Also mehr so prinzipiell, aber wird ja irgendwie eh nix, und voll stressig... Man muss ja kucken, wo man bleibt. Oh, kurz schauen, wo der Bitcoin steht... Wo waren wir?
»der neoliberale Nachtwächterstaat (…)«
Er ist eben KEIN Nachtwächterstaat. Sondern – was ich versucht habe zum Ausdruck zu bringen – ein eigenständiger Akteur, der unter den aktuellen Voraussetzungen Staatskapitalismus in neoliberaler Gesamtregie betreibt. Die Maskenaffaire ist davon lediglich ein schillernder Auswuchs. Für das Hauptproblem halte ich das in siebenstelliger Höhe in diesem Apparat eingeparkte Personal – in der Hauptsache die verbeamteten Staatsmandarine und ihr Zuarbeiter-Fußvolk, im weiteren Sinn den gesamten nicht-schaffenden Zuliefersektor, der sich letztlich an den staatlichen Pfründen ebenfalls gütlich tut.
Wobei die als Beschäftigungs- wie als Überwachungsmaßnahme aufgegleiste Verwaltungsindustrie natürlich nur die unteren Chargen der ausmäandernden Staats-Krake in Lohn und Brot hält. Oben gehts dann mit den dicken Solärs zur Sache – wobei doppeltes Geld, also die üblich dick bemessenen Abgeordnetenvergütungen plus Üppig-Pensionen PLUS Zusatzkohle aus der Privatwirtschaft (siehe Maskenaffaire) ebenfalls gerne mitgenommen wird.
Im Grunde ein allumfassendes Raubritter-System. Wobei der Begiff »Raubritter« beschönigend ist – die Raubritter des Hoch- und Spätmittelalters hatten nicht einmal im Ansatz die Möglichkeiten, welche dem staatlichen Komplex heutzutage zur Verfügung stehen.
Der uns bekannte Staatsapparat ist seit jeher mit dem Kapital verflochten. Das ist richtig. Allerdings ist der Staat in jedem im weitesten Sinne realistisch vorstellbaren System - außer Anarchie und ausschließlicher lokaler Selbstverwaltung - alternativlos. (Im Gegensatz zum privaten Großkapital.)
Es kann und muss also immer nur darum gehen, wie man den Staat besser organisiert. Dabei sollte es keine Tabuthemen geben und es gibt massivsten Änderungsbedarf, richtig.
Leg‘ mal ne andere Platte auf.
Dann auch noch meine Sprüche klauen. Tsss...
Also gut:
https://www.youtube.com/watch?v=tYYuat1Mefc
Hallo Meine Wenigkeit,
ich wollte mit meinem Kommentar lediglich darauf hinweisen, dass der staatliche Sektor mit seiner im Selbstzweck-Modus agierenden Bürokratie längst ein eigener Player im großen Spiel ist – speziell in D, wo die Kombination aus Bürokratie und Verfolgung bereits in der Historie zu einmaligen Zuständen geführt hat.
Wie maßlos in seinen Ansprüchen und gleichzeitig ineffektiv dieser Apparat ist, zeigt sich speziell in der aktuellen Corona-Krise. Meiner Meinung nach ist der Punkt längst erreicht, wo auch linke Kritik diesem speziellen deutschen Staatsfetischismus Rechnung tragen müßte – ganz basal schafft es »der Staat« schließlich seit über einem Jahr nicht, Gesundheit und wirtschaftliche Existenz der hier lebenden Population auch nur halbwegs zu schützen.
Ich persönlich denke, auch unter einer SPD- oder selbst Linkspartei-Regierung würde diese ineffiziente, die Bürger und Bürgerinnen nett formuliert gängelnde Bürokratie keinesfalls zurückgefahren. Die mit ihren ständigen Anforderungen übrigens die unten zehn- bis hundertfach krasser in Mitleidenschaft zieht als sagen wir mal Chefetage-Leute wie »Freitag«-Verleger Jakob Augstein. Ein syrischer Flüchtling mit Aufenthaltserlaubnis-Status isr 24/7 damit beschäftigt, von Amt A zu Amt B zu laufen. Bei Hartzis, Kleinselbständigen oder auch Rentner(innen) ist es ähnlich.
Ich finde diese Anforderungen (nicht erst seit Corona) maßlos und bin entsprechend daher der Meinung, dass eine Kritik der Staatsbürokratie nicht allein Sache der – in dem Punkt eh nur Scheinkritik übenden – FDP sein sollte. Ich weiß, dass in linken Kreisen eine weitgehende Kritikabstinenz diesen Zuständen gegenüber herrscht – teilweise sogar in Richtung einer regelrechten Staats- oder sogar Bürokratievergötterung. Ich bevorzuge in dem Punkt daher die Staatskritik der Syndikalisten – und mache mir über die segensreiche Rolle des Staatsapparats lieber KEINE Illusionen.
Natürlich schreiben Sie da Richtiges, Herr Zietz.
Ich sage mal so: Bürokratien haben generell in allen großen Organisationen einige problematische Tendenzen - je größer der Grad der Zentralisierung, umso mehr. Je abstrakter, komplexer und elfenbeinturmartiger die Organisation wird, umso größer die Gefahr, das Gespür und die Probleme der Menschen vor Ort zu verlieren oder gar - noch schlimmer - das Interesse daran.
Gleichwohl ist es m.E. illusorisch anzunehmen, ohne eine handlungsfähige Zentralregierung ließe sich ein Staat machen. Wer soll denn übergreifende Probleme wie z.B. die Landesverteidigung oder den Klimaschutz regeln, wenn nicht die Zentrale? Außerdem ist es auch ineffizient, wenn jeder Ortsvorsteher mit seinem Gemeinderat das Rad neu erfindet.
Das Subsidiridari.. Subi... Subsidiaritätsprinzip hat schon seine Berechtigung! :-)Wobei einige Zwischenebenen wie die Bundesländer m.E. gar nicht benötigt werden.
Wichtig, um Bürokratien gut zu managen ist aus meiner Sicht folgendes:
- Häufige personelle Wechsel, v.a. in den oberen und mittleren Hierarchieebenen (alle paar Jahre, verpflichtend), auch zwischen zentraler und lokaler Ebene
- Eine unabhängige Instanz, bei der sich Bürger beschweren können über Entscheidungen oder Verfahren von Behörden. Substantiierte Vorwürfe werden weiterverfolgt. Besondere Relevanz dürfte sicher die Prüfung von Fehlverhalten und entsprechende Ermittlungen durch die Polizei sein.
- Mehr innerbetriebliche Mitbestimmung. Die einzelnen Sachbearbeiter haben sicher gute Ideen zur Verbesserung von Verfahren. Mit zunehmender Berufserfahrung resignieren sie aber, weil sie wissen, dass sie kleines Licht sowieso nichts verändern können.
- Die Verbeamtung von vielen Bereichen der staatlichen Verwaltung ist sicherlich fragwürdig. Auch die Altersvorsorge muss "harmonisiert" werden. Aber dieses Thema will ich jetzt nicht auch noch aufmachen, hier.
Zur Ehrenrettung der deutschen Beamten möchte ich aber noch anmerken, dass der Fisch vom Kopfe her stinkt. In einer hierarchischen Organisation wird das Verhalten erzeugt, das von oben vorgegeben und gefördert wird.
Das RKI übrigens macht m.E. einen recht guten Job, allen Unkrenrufen zum Trotz. An denen liegt es nicht. Herr Wieler warnt eindeutig vor extrem steigenden Fallzahlen ohne Gegenmaßnahmen in den nächsten Wochen - bzw. jetzt schon. Mehr kann der Mann nicht machen, das ist schon ziemlich mutig für einen Behördenleiter, finde ich. Denn indirekt prangert er ganz klar Fehlverhalten seiner DienstherrInnen an. Auch NoCovid unterstützt er.
Der Personalmangel allerorten (im ganzen öffentlichen Dienst) ist natürlich ein riesiges, m.E. das größte Problem überhaupt.
Wer kann schon gute Arbeit machen und sich um seine "Klienten" anständig kümmern, wenn er keine Zeit hat und ständig unter Stress?
Und dazu noch mit IT (falls überhaupt) aus einem vergangenen Jahrtausend arbeiten muss.
Also gut, machen wir‘s so: Ich konzentriere mich im kleinen Rahmen auf das, was ich ganz konkret und pragmatisch verändern oder zum Besseren wenden kann, was letztendlich darauf hinaus laufen wird, dass sich auch das Leben einiger Filippinos verbessern wird
und du bist für den ganz grossen Wurf zuständig, für die Neuordnung der Welt sozusagen. Du ganz alleine wirst die Menschheit aus dem Dunkel ihrer jetzigen Existenz im Lichte deiner universalen Erkenntnis hinaus in eine bessere Welt führen. Dein Genie, das bislang unerkannt im Homeoffice vor sich hingeschlummert hat, wird endlich erkannt werden. Man wird zu dir hin pilgern und dich um Rat fragen, hingerissen deinen Reden lauschen und dir bedingungslos überall hin folgen, kurz: Die Welt wird dir hörig sein!
Ich finde das eine durchaus sinnvolle und faire Aufgabenteilung.
P.S.
Ja, ich lach mich tot.
Wenn uns als Kolletiv nicht "der große Wurf" gelingt, dann wird unser aller kleiner Rahmen immer noch schlechter zu ertragen.
Ich habe nie behauptet, dass ich alleine alles besser weiß. Aber vieles. :-) Wir müssten uns endlich über die wichtigsten Ziele verständigen und dann aktiv werden. Aber es hapert ja schon daran, sich so einen Stress zu machen und überhaupt mal übers große Ganze nachzudenken, das man vermeintlich eh nicht ändern kann.
Dieser totale Rückzug ins Private ist doch Selbstmord aus Angst vor dem Tod.
P.S.: Was kommt jetzt? Ein doofer Witz, dass ich zu oft vom Tod schreibe? Worin da das Problem sein soll, würden nicht-westlich sozialisierte Menschen sowieso nicht verstehen.
Wie klein das Private ist, darüber müssten wir uns zuerst noch unterhalten.
Die Welt wartet auf dich. Du solltest dich von so Kleinigkeiten wie der FC nicht abhalten lassen.
P.S. Mit dem Schreiben von Kommentaren dürfte es schwer werden, die Welt zu verändern. Du musst raus gehen, hin zu den Menschen, Veranstaltungen organisieren, Reden halten, eine Partei gründen, via Social Media eine Schar von Anhängern generieren und dann den ganz grossen Sprung in Rampenlicht der Öffentlichkeit wagen. Wenn du wirklich glaubst, genau zu wissen, was die Menschheit alles falsch macht, dann musst du dich auf sie zubewegen- von alleine kommt sie nicht zu dir. Vieleicht bis du ja der oder die Marx des 21. Jahrhunderts. So eine:n braucht die Welt von heute nämlich wieder.
So long, ich nehm‘s weiterhin gelassen ;-)
>>Wobei der Begiff »Raubritter« beschönigend ist ...<<
Er trifft wie von Dir angewandt auch nicht zu: Die Knappen der "Ritter" schanzen ihren Herren die Beute zu und werden dafür belohnt. Der wesentliche Profit des Raubsystems fällt bekanntlich nicht den Staatdienern zu, sondern jenen die dafür einen geringen Teil der Beute löhnen: Korruption bringt bei geringer Investition hohen Profit.
Es geht nicht um mich, auch wenn Du mir das nicht abnimmst. Ich möchte überhaupt nicht groß rauskommen und im Rampenlicht stehen. Das mit dem Rausgehen ist auch ein bisschen blöd im Lockdown. :-)
Vielleicht schließ ich mich Extinction Rebellion an, das gefällt mir. Allerdings sind mir deren Aktionen zu... verträumt, so wird das noch nix.
Grüße!
Ich weiss, dass es dir nicht um dich geht. Aber um Menschen begeistern und für sich einnehmen zu können, musst du „in die Eisen steigen“ wie man in der Schweiz zu sagen pflegt. Ja, vielleicht sind Extinction Rebellion der richtige / bessere Ort für deine Ideen. Das mit einer neuen Marx habe ich übrigens absolut ernst gemeint.
Grüsse aus der Ferne ;-)
Oh, danke für die Blumen. Aber diese Fußstapfen sind mir dann doch ein bisschen arg groß. Ich bin übrigens männlich. :-)
Ich meine auch meistens ernst, was ich schreibe. Und rate Dir zu großer Vorsicht am Aktienmarkt. Denn wie Du richtig feststellst - normal ist das sicher nicht...
Bei meinem Gespür für die Märkte klettert der S&P 500 wahrscheinlich dieses Jahr noch auf 10.000 Punkte. ;-)
Grüße zurück!
am schönsten: Tucholsky (Ignaz Wrobel) in den Ausgaben der Weltbühne 1928 ab Nr. 43: "Die Beamtenpest". Das ist die ultimative Staatskritik vom zornigen Journalisten. Staat kann man damit natürlich nicht machen, aber gibt mächtig zu denken bis heute.
Richtig was Sie schreiben. Ich arbeite in einem nichtverkauften Krankenhaus und die ePA ist meine ,,Freundin '' geworden. Die elektronische Patientenakte ist eine Verbesserung und Verkürzung im Informationszeitalter digital. Die IT musste ich allerdings in einem Crashkurs lernen und den Rest lernte ich von jungen Kollegen und Kolleginnen.
@Richard Zietz
Zitat: "Oben gehts dann mit den dicken Solärs zur Sache – wobei doppeltes Geld, also die üblich dick bemessenen Abgeordnetenvergütungen plus Üppig-Pensionen PLUS Zusatzkohle aus der Privatwirtschaft ... ebenfalls gerne mitgenommen wird."
Wobei man auch ohne die Zusatzkohle aus der Privatwirtschaft z. B. als Studiendirektor (Besoldungsgruppe A 15) bekanntlich nicht am Hungertuch nagt, während ein nach TVöD bezahlter Straßenkehrer oder Müllwerker dagegen jeden Euro mindestens zweimal umdrehen muss, bevor er ihn ausgibt (TVöD = Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst). Müllwerker sind bzw. werden äußerst selten verbeamtet. Mir ist bislang jedenfalls kein einziger Fall bekannt.
M. W. werden Straßenkehrer, Müllwerker usw. bei den Kommunen nach Entgeltgruppe 2 eingruppiert. Das macht derzeit z. B. in Stufe 4 bei ESt III/0 (ohne Kirchensteuer) netto zwischen 1.850 und 1.900 Flocken im Monat (das hängt vom Beitragssatz zur ZVK ab) oder zwischen 23.400 Euro und 24.250 Euro netto im Jahr (Erschwerniszulagen, Werbungskosten > Pauschale, außergewöhnliche Belastungen und Sonderausgaben lassen wir an dieser Stelle mal weg).
Wenn man die Miete und die fixen Lebenshaltungskosten abzieht, dann kann Mann oder Frau Müllwerker in einer Großstadt damit jedenfalls keine großen Sprünge machen, von der Altersrente, die man dafür bekommt, wollen wir erst gar nicht reden.
Selbstverständlich braucht man als Müllwerker bislang weder Abitur noch Studium. Bei einem studierten Beamten sieht die Sache daher schon anders aus. Eine verbeamtete Lehrkraft bekommt z. B. als Studiendirektor (=Besoldungsgruppe A 15) im Lande von Herrn Söder ohne Funktionszulagen in Stufe 11 (vh. ESt III/0, keine Kirchensteuer) derzeit 4.851 Euro pro Monat oder rund 60.650 Euro im Jahr auf sein Girokonto überwiesen.
(Abziehen muss man davon allerdings noch die individuellen Beiträge zur PKV, hinzurechnen muss man ggf. aber die sogenannten Beihilfen im Krankheitsfall, die es für den nach TVöD bezahlten Malocher schon seit 30 oder 40 Jahren nicht mehr gibt).
Bei diesem "mickrigen" Beamtensalär (im Fachjargon auch "Besoldung" genannt) und den im Vergleich zur Gesetzlichen Rentenversicherung im Durchschnitt mindestens doppelt so hohen Pensionen wird sofort klar, warum sich so viele Studienräte, Oberstudienräte, Studien- und Oberstudiendirektoren in diesem unserem "christlichen" Lande als Abgeordnete in den Parlamenten tummeln, weil die Besoldung als verbeamtete Lehrkraft eben sonst nicht für die Miete der 2-Zi-Whg. reicht. (LOL!)
Nur so am Rande: Deutsche Beamtinnen und Beamte bekommen in manchen Bundesländern auch im Ruhestand als Penionäre Jahr für Jahr Weihnachtgeld (="Sonderzahlung"), Rentnerinnen und Rentner der gesetzlichen Rentenversicherung bekommen das grundsätzlich nicht. Juristen nennen als Begründung dafür, dass deutsche Beamte von der Ernennung bis zum Friedhof vom Staat "alimentiert" werden (müssen) und Rentner im Alter eine Rente bekommen, die sich nach der "Lebensleistung" richtet.