Toxisch gethrillert

München Katie Mitchell inszeniert Bartóks „Blaubart“ mit umgedrehten Rollen. Dass auch Oksana Lyniv als Dirigentin brilliert, zeigt, dass die Männerdomäne Oper weiblicher wird
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 06/2020

Herzog Blaubart spukt seit Jahrhunderten durch die Fabelwelt. Der Lustmolch, der Frauen heiratet, um sie dann zu beseitigen, der Inbegriff dessen, was heute toxische Männlichkeit genannt wird. Der alten Mär, die schon die Brüder Grimm erzählten, verlieh die Psychoanalyse neue Tiefe. Verbergen die sieben Türen von Blaubarts Burg doch nicht weniger als die Höhlen des männlichen Unterbewusstseins: die Folterkammer, die Waffenkammer, die Schatzkammer, Symbole von Macht und Reichtum, von Sex- und Gewaltfantasien. Indem er die Frauen schmückt und beschenkt, ehe er sie metzelt, schmückt der Mann sich selbst mit ihnen. Wie in romantischen Schauergeschichten dieser Art üblich, kann nur die Liebe einer Frau ihn erlösen, indem sie sich opfert.

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