A-Z To-Do-Liste 2012 Wenn man die Welt zu einem besseren Ort machen will, weiß man oft nicht, wo man anfangen soll. Da hilft es, erstmal eine Liste zu schreiben. Unsere To-Do-Liste 2012
Erst reagierten viele ungläubig. Dann machte sich Frustration breit. Mittlerweile ist die Stimmung der deutschen Youtube-Nutzer in Resignation übergegangen. Seit März 2009 befindet sich das Internet-Videoportal im Rechtsstreit mit der Verwertungsgesellschaft Gema um Lizenzzahlungen für Musikrechte. Eine Lösung des Konflikts ist nicht in Sicht, da das Google-Unternehmen Youtube die gestellten Forderungen als überzogen empfindet. Die Folge: Unzählige Musikvideos – aber auch Dokumentationen, die geschützte Musikstücke verwenden – sind in Deutschland nicht abrufbar. Stattdessen erscheint eine Nachricht, die den Schwarzen Peter der Gema zuschiebt.
Wir finden dieses Schulhof-Verhalten gegenseitiger Schu
alten gegenseitiger Schuldzuweisungen kindisch und konsumentenfeindlich. Mancher Nutzer würde sich sicher gern eine CD kaufen, wenn er zuvor nur mal eine Chance bekäme, das neue Musikvideo seiner Lieblingsband anzusehen. Also lösen, schnell! Sophia HoffmannDiktatoren stürzen 2011 war unruhig für Alleinherrscher. Doch es bleibt beim Diktatorenstürzen weiter viel zu tun. Der Kreis der Potentaten ist noch groß, Nachwuchs findet sich immer wieder leicht – wie man jüngst in Nordkorea sehen konnte. Neben Kim Jong Un werden 2012 Baschar al-Assad (Syrien), Omar Al-Baschir (Sudan) und Alexander Lukaschenko (Weißrussland) die prominentesten sein, denen wir den Tyrannensturz wünschen. Andere haben sich das Ende ihrer Herrschaft auch lang verdient – wie Teodoro Obiang, der seit 1979 diktatorisch Äquatorialguinea regiert. Oder etwa José Eduardo dos Santos, der seit über dreißig Jahren in Angola herrscht. Noch nicht lange im Amt ist Gurbanguly Berdimuhamedow in Turkmenistan. Allerdings sitzt er fester im Sattel als sein Kollege Ilham Aliyev am gegenüberliegenden Ufer des Kaspischen Meers in Aserbaidschan. Dort sind Ausläufer des Arabischen Frühlings deutlich spürbar. Auch auf Thein Sein gilt es zu achten. Er krempelt gerade die Militärdiktatur Myanmars vorsichtig um und könnte sich damit selbst abwickeln. Bei den nächsten Wahlen wird die Regime-Gegnerin und Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi antreten. Jörn KabischInsel verkaufen Wie wäre das? Deutschland macht 2012 tatsächlich ernst, um sich vor dem Bildungsbankrott zu retten. Die Regierung beschließt, Sylt zu veräußern. Bieterkonsortien aus Monaco und Luxemburg bekunden Interesse. Die dann regierende Große Koalition verspricht, mit dem Erlös das klaffende Loch in den Bildungsausgaben zu tilgen. Denn gemessen am deutschen Bruttoinlandsprodukt sind die Investitionen mager: Betrugen die Ausgaben 1995 noch 5,1 Prozent, so gingen sie auf 4,8 Prozent zurück. Spitzenreitern ist Bildung sieben Prozent des BIP wert, der OECD-Durchschnitt liegt bei 5,9 Prozent. Die Unterhaltskosten für die Insel ohne Insulaner – Sylt hat mehr Zweitwohnsitze als Einwohner – belasteten den öffentlichen Haushalt unnötig, heißt es zur Begründung. Tobias PrüwerKein Geld mehr für Streubomben Die ungelösten Probleme des vergangenen Jahres nimmt man mit ins neue. Die Finanzierung von Streubomben gehört dazu. Nach öffentlichem Druck erklärte die Deutsche Bank zwar im November, kein Geld mehr in Unternehmen mit Beteiligungen an Streubomben-Herstellern zu investieren. Aber ob man ernst macht? Und andere Banken bieten weiter Riester-gefördertes Fonds-Sparen mit Streubomben-Beteiligung an. Die NGO "Handicap International" wirbt daher für ein Investitionsverbot und hat auf ihrer Website Briefe vorbereitet, mit denen Bankkunden Druck machen können. Unterschreiben! Jan PfaffLinkspopulismus abschaffen Es kann ein sehr wohliges sein – das Gefühl, auf der richtigen Seite zu stehen, auf jener der Schwachen, Ausgegrenzten und Friedliebenden. Wenn man da steht, stört so etwas Widersprüchliches wie die Wirklichkeit mitunter nur den Kampf für die gute Sache. Wichtiger Bestandteil des gepflegten Linkspopulismus: eine Großforderung an die Politik, die jedes Nachdenken über mögliche Folgen des Geforderten qua moralischer Überlegenheit ausblendet. Das geht dann so: "Sofort alle westlichen Truppen raus aus Afghanistan!" Und alle so Yeah. Welche Folgen dieser Abzug für die dortige Gesellschaft haben könnte, interessiert nicht. Wer will schon imperiale Militärpolitik verteidigen? Lieber eine klare Meinung als zu viel Differenzierung, lautet die Devise.Was wäre aber 2012 gewonnen, wenn man auf linke Holzhammer-Thesen zugunsten komplexerer Darstellungen verzichtete? Ganz einfach: Glaubwürdigkeit. jap Occupy-Bewegung technisch aufrüsten Occupy ist eine Bewegung von Leuten, die ähnliche Fragen haben, nicht aber zwangsläufig identische Antworten. Aus derselben Menschenmenge kommen recht unterschiedliche Meinungen und Vorschläge. Dagegen spricht gar nichts, im Gegenteil, nur ist die Frage: Was macht man dann damit? Campen auf öffentlichen Plätzen ist symbolisch brillant, wird aber zu l‘art pour l‘art, wenn sich daraus kein ausformulierter Katalog der gemeinsam vertretenen Ideen ergibt.Um ihn zu erstellen, braucht es, nach Vorbild der wie Occupy als Menge der Einzelnen gestarteten Piraten, eine Art Occupy-Liquid-Democracy-System. In dem Meinungen diskutiert, von anderen bewertet und zu gemeinsamen Positionen entwickelt werden können. Oder, das geht auch: noch etwas völlig anderes. Klaus RaabPan-Am-Serie nach Deutschland bringen Sixties-Flugbegleiterinnen sind die neuen Mad Men. Fein. ProSieben hat das US-Werk gekauft. Bitte ausstrahlen! Susanne Lang Pille für den Mann entwickeln Sie sind eine Frau? Stellen Sie sich vor, Sie müssten sich nie wieder Gedanken über Verhütung machen. Warum? Weil ihr Partner das künftig übernimmt. Alle zwei Monate bekommt er eine Hormon-Spritze und das war’s. Keine vergessenen Pillen, keine täglichen Temperaturmessungen, kein schmerzhaftes Einsetzen der Spirale. Klingt fantastisch, wird aber leider auch im Jahr 2012 eine Zukunftsvision bleiben. Gerade erst hat die Weltgesundheitsorganisation WHO ihre Forschungen auf Eis gelegt, eine Wiederaufnahme ist in weite Ferne gerückt. Der Grund seien Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme, Hautunreinheiten und Depressionen. Dass Frauen seit Jahrzehnten genau diese sowie andere Begleiterscheinungen in Kauf nehmen, scheint die Forscher nicht zu jucken. Gleich das Handtuch zu werfen, anstatt an der Beseitigung der Nebenwirkungen zu arbeiten, ist ganz schön schwach, Jungs! Im Zuge der vollkommenen Gleichberechtigung wünschen wir uns für 2012: Weiterforschen! SHPiratenpartei auflösenEinfach den Stöpsel ziehen: Die Piraten lösen sich als politische Partei auf. Als Einsicht in die Notwendigkeit bezeichnet ein per Zufallsgenerator erwählter Sprecher den Schritt in die Freiheit. Für Netzpolitik könne man sich als Lobby-NGO à la Greenpeace besser ins Zeug legen. Ein Jahr Liquid Democracy habe gezeigt: In den Parlamenten sind Piraten am falschen Ort. Eine Partei, die nicht weiß, was sie will, gibt’s mit der FDP schon. Und in der Postpolitik, einer verwalteten Zeit ohne Debatten ums Grundsätzliche, ist die Gesellschaft auch ohne unideologische Freibeuter längst angekommen. Die Piraten sehen das ein und wollen nun über außerparlamentarische Opposition etwas verändern. TPPutzen 2012 kommt die Apokalypse? Kann sein. Bis dahin muss weiter sauber gemacht werden. Man lebt ja schließlich nicht gerne in postapokalyptischen Zuständen. Was so einfach klingt, erweist sich leider als eines der gesellschaftlich brisantesten Probleme. Denn: Wer macht das? Die Frau? Der Mann? Die Putzfrau? Die Putzfrau, die nicht auf Lohnsteuerkarte arbeitet? Wenn ja, wieviel Lohn ist da angemessen? Darf man sich mit der Haushaltshilfe anfreunden? Ist sie andererseits nicht die Inkarnation des schlechten Gewissens, weswegen man die Wohnung sowieso tipptopp sauber hat, bevor sie kommt? Die Maya kennen eine weitere Methode: die spirituelle Reinigung – Bude ausräuchern. SLSuperdroge entwickeln Optimismus ist jüngsten Recherchen des Spiegel zufolge eine Art Vorschlaghammer für den Erfolg, und auf letzteren kommt es bekanntlich an in einer kapitalistisch organisierten Gesellschaft. Aber der Blick in die Zukunft kostet in eben solchen Gesellschaftsformen besondere Überwindung. Seelische und neurologische Erkrankungen, das ist eine Erkenntnis des vergangenen Jahres, nehmen in Europa mithin stetig zu. Fast jeder Zweite ist betroffen. Was tun?Aldous Huxley hat das Rezept gegen die Unerträglichkeit des unterdrückten Seins schon in seinem frühen Werk Brave New World (1932) benannt: Soma, die nebenwirkungsfreie Superdroge zur non-kausalen Nivellierung gebeutelter Seelenlandschaften. Ein solches Präparat gilt es nun zügig zu finden, bevor auch bei Menschen jenseits von Occupy der Groschen fällt. Albert Hofmann ist leider schon tot. Walter White, bitte übernehmen! Kathrin Zinkant"Wetten, dass...?" erfinden Ein Mann hat eine schlaflose Samstagnacht. Perfekte Zeit für schlaflos machende Fragen: Was soll denn noch werden so im Leben, was ist überhaupt – und was ist schief gelaufen? Der Mann grübelt, schaltet den neumodernen Fernsehapparat an, springt zwischen den fünf oder sechs Eurovisions-Programmen hin und her. Grübelt wieder. Und hat eine Idee: Wetten, dass es in Deutschland nicht nur unzählige schlaflose Nachkriegswunderwirtschaftsland-Menschen gibt, die sich so etwas wie eine Sinnfrage stellen. Wetten, dass sie alle seltsame Dinge tun, um besonders zu sein, für einen Samstagabend jedenfalls? Für 1981 hat Frank Elstner die TV-Show Wetten, dass...? erfunden. Kann das bitte jetzt jemand in zeitgemäßer Form auch für das Jahr 2012 erledigen? SLZukunft wieder erobern Wenn anderswo mal wieder über den Weltuntergang philosophiert wird, fällt auf, wie wenig man sich in unserer Zeit rational mit der Zukunft beschäftigt – abgesehen von interessengeleiteten technischen und ökonomischen Prognosen, die sich immer wieder als falsch herausstellen. Vor mehr als einem halben Jahrhundert wurde der Begriff "Futurologie" kreiert, dazu sollte man sich das gleichnamige, richtungweisende Werk des Ossip K. Flechtheim von 1970 noch einmal ansehen, in dem der Autor vom "Fug und Unfug der Futurologie" schreibt und den Versuch einer historischen und aktuellen Abgrenzung gegen unwissenschaftliche, eschatologische oder rein technizistische Vorstellungen unternimmt. Zur Zeit laufen wir der Zukunft nur hinterher oder sind sogar damit befasst, ihre befürchteten Folgen prophylaktisch abzuwehren. Wir sollten stattdessen wieder damit beginnen, uns die Zukunft anzueignen! Michael Pickardt
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