Was zur Wahl steht: Steuern

Serie Der Wahlkampf geht zu Ende. Egal, wer nach dem Wahlsonntag regieren wird: Die öffentlichen Kassen sind leer. Letzter Teil der Freitag-Serie: Geben und Nehmen

Die Leere der öffentlichen Kassen, ein jahrelanger Kurs steuerpolitischer Umverteilung und die verheerenden Auswirkungen der gerade erst eingeführte Schuldenbremse: Die Frage, wer für die Krise zahlt, ist längst beantwortet. Die Kanzlerin verbreitet Wahlkampfnebel, wenn sie sowohl die Steuersenkungseile der CSU rüffelt, als auch jene in der Union, die vor drastischen Einschnitten bei den Ausgaben warnen. Es wird in der kommenden Legislatur wohl anders kommen: Steuererhöhungen und Etatkürzungen in ihren jeweils unsozialsten Varianten stehen ins Haus.

„Es ist fraglich, ob die Kürzungen auf der Ausgabenseite so weit gehen werden, dass auf Steuererhöhungen verzichtet werden kann“, wird der Steuerexperte und Regierungsberater Clemens Fuest zitiert - andere Experten sehen das genauso, und plädieren für eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Krisenkosten würden so vor allem der Allgemeinheit aufgehalst, statt gezielt die Profiteure in den Blick zu nehmen. Hinzu kommt: Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um ein Prozent würde nur etwa acht Milliarden Euro pro Jahr bringen, was wenig ist angesichts der dramatischen Kassenlage.

Bis 2012 addieren sich die Steuerausfälle den Schätzungen zufolge auf mindestens 300 Milliarden Euro. Das Defizit des Bundes ist weiter gewachsen, wegen der Antikrisen-Programme kletterte die Neuverschuldung auf Jahresrekordhöhen. Für die gähnende Leere in den Etats sind allerdings nicht nur Rezession und Rettungsschirme verantwortlich - sondern auch die Steuerpolitik der vergangenen Jahre. Unternehmen und Vermögende wurden entlastet, Beschäftigte und Verbraucher zur Kasse gebeten: Der Anteil der Steuern auf Kapitaleinkommen und Gewinne zur Finanzierung des Gemeinwesens beträgt nur noch ein Fünftel.

Als Katastrophe für jede Politik, die im Staat nicht nur den Schiedsrichter eines ansonsten „freien Marktes“ sieht, sondern ein Instrument politisch ausgehandelter Gestaltung, wird sich in der kommenden Legislatur die Schuldenbremse erweisen. Schon 2011 beginnt die Übergangszeit in die Fesseln des Neuverschuldungsverbotes, das ab 2016 mit kleinen Einschränkungen für den Bund und ab 2020 für die Länder gilt.

Die Haltbarkeit der in den Wahlprogrammen gemachten diffusen Versprechen wird angesichts dessen nicht besonders lang sein. Union und FDP erklären gebetsmühlenartig, die Menschen sollten „mehr Netto vom Brutto bekommen“. Das gilt freilich nur für jene, die überhaupt ein Einkommen haben. „Spitzenverdiener profitieren prozentual am meisten“ bzw. „überdurchschnittlich“, hat das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung anhand der vorliegenden Eckpunkte aus den Wahlprogrammen von Union und FDP ausgerechnet.

SPD, Grüne und Linkspartei setzen dagegen, wenn auch in unterschiedlicher Weise, den Schwerpunkt bei der Entlastung von niedrigen und mittleren Einkommen - etwa durch die Senkung des Eingangssteuersatzes und die Anhebung des Grundfreibetrags. Eine Börsenumsatzsteuer (SPD), eine höhere Erbschaftssteuer auf große Vermögen (Grüne) und eine Millionärsabgabe (Linke) sollen zudem einen deutlichen Beitrag zur Umverteilung von oben nach unten leisten. Politisch ist diese Variante allerdings blockiert.

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