Zurück ins alte Milieu

Uli Hoeneß Der künftige Präsident des FC Bayern München steht mangels Gegenkadidaten jetzt schon fest. Doch an der Spitze lauern viele Gefahren
Ausgabe 32/2016
Mächtige Männer werden zurzeit viel auf Schals getragen – nicht nur in Bayern
Mächtige Männer werden zurzeit viel auf Schals getragen – nicht nur in Bayern

Foto. Tobias Schwarz/AFP/Getty Images

Uli Hoeneß kommt also wieder. Wer wollte sagen, er hätte etwas anderes erwartet? Wer wollte sagen, das sei nicht wünschenswert? Der nach Verbüßung seiner Haftstrafe – der Hälfte der zudiktierten Strafe – auf Bewährung entlassene Steuerhinterzieher wird wieder Präsident des FC Bayern München, eines der reichsten, wenn auch nicht erfolgreichsten Fußballvereine Europas. Niemand meckert.

Manche mögen eine satte Portion Neid verspüren. Politiker zum Beispiel. Die Wahl von Hoeneß durch die Bayern wird erst im November stattfinden. Schon jetzt ist klar, dass er sie gewinnen wird. Er hat keinen Gegenkandidaten. Sein derzeit noch amtierender Vorgänger war erkennbar nur ein Strohmann. So etwas konnte sich bisher nur Wladimir Putin leisten, der, als die russische Verfassung seine Wiederwahl zum Präsidenten verbot, einfach seinen Ministerpräsidenten vorschob, selbst dessen Posten übernahm und, als die Amtsperiode abgelaufen war, wieder verfassungskonform in das Präsidentenamt zurückkehrte. Schön, wenn so etwas klappt. Demokratie kann etwas Feines sein, wenn man sie im Griff hat. In Bayern sagt man dazu dann: Mia san mia. Hochdeutsch: Wir sind wir. Das reicht.

Dass nun ein Vorbestrafter, einer, der im Knast gesessen hat, Präsident eines großen Vereins wird, kann im Ernst niemand anstößig finden. Wir wollen ja nicht die düstere Prognose aktualisieren, die Hans Fallada mit seinem Roman und Romantitel ausgegeben hat: „Wer einmal aus dem Blechnapf aß ...“ Strafen im Rechtsstaat sind – wenn im Urteil nicht anders vorgesehen – begrenzt. Und dann gilt: Vorbei ist vorbei. Jeder darf sich dazu seinen Teil denken. Aber für die Rechte des Einzelnen im öffentlichen Leben, auch des straffällig Gewordenen, darf das keine Rolle spielen. Unser Strafen hat das Ziel einer Resozialisierung im Blickfeld. Der aus der Haft Entlassene soll wieder in die Gesellschaft eingefügt werden. Das ist bei Hoeneß kein Problem.

Es gibt da allerdings einen Punkt, der bei der Beachtung der Bewährungsfrist ins Auge fällt. Der Entlassene, der sich wieder ins tätige Leben einklinkt, sollte die Nähe von Leuten vermeiden, die ihn wieder ins alte Milieu der Tunichtgute hineinziehen. Präsident Hoeneß wird beim FC Bayern wieder auf Aufsichtsratsmitglied Martin Winterkorn treffen, gegen den die Staatsanwaltschaft ermittelt und der möglicherweise demnächst Hoeneß’ bittere Erfahrungen besser kennenlernen wird, als ihm lieb ist. Steuerhinterziehung ist nicht alles, was verboten ist. An der Spitze des FC Bayern lauern noch mehr Gefahren. Also: Uli, pass auf!

Der Autor und Journalist Jürgen Busche schreibt in seiner Kolumne Unter der Woche regelmäßig über Politik und Gesellschaft

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