Der Waffenstillstand im Jemen ist am 2. Oktober ausgelaufen - Yemen truce ended October 2

Jemen: Schuld daran sind vor allem die Unnachgiebigkeit, Dummheit und Selbstüberschätzung der Huthis. Text in Deutsch und Englisch – For a great part, Houthis' intransigence, stupidity and overconfidence has to be blamed. English and German text

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Der Waffenstillstand im Jemen wurde aufgrund der Unnachgiebigkeit, Dummheit und Selbstüberschätzung von „Sanaa“ (die Huthis) nicht verlängert

Alle anderen Konfliktparteien, die jemenitischen und die internationalen, einschließlich der iranischen Verbündeten der Houthis, hatten zugestimmt und gefordert, den Waffenstillstand im Jemen zu verlängern, der am 2. April begonnen hatte und seitdem zweimal verlängert worden war. Nur die Seite von Sanaa (die Huthis) war anderer Meinung und lässt den Waffenstillstand heute, Oktober 2022, auslaufen und weigert sich, ihn noch einmal zu verlängern.

Das ist einfach dumm. Die Seite der Huthis behauptet, dass ihre Hauptforderungen überhaupt nicht erfüllt worden sind (Bezahlung der Gehälter derStaatsangestellten in den von den Huthis gehaltenen Gebieten aus den Einnahmen des jemenitischen Öls, das zu 100 % in dem von der Aden-Regierung gehaltenen Südjemen gewonnen wird; vollständige Aufhebung der Blockade des Nordjemen zur See und zur Luft [Hafen von Hodeidah und Flughafen Sanaa])

Selbst wenn dies voll und ganz zutreffen würde, ist es offensichtlich, dass ein Waffenstillstand die erste und wichtigste Voraussetzung dafür wäre, dass diese Forderungen erfüllt werden könnten (ob vollständig oder nur teilweise), auch wenn noch viele Verhandlungen erforderlich wären. Ohne Waffenstillstand, in einem Zustand von Krieg und Kampf, wird es unmöglich sein, Fortschritte bei der Erfüllung dieser Forderungen der Huthis zu erzielen. Im Gegenteil, alle durch den Waffenstillstand erzielten Fortschritte, insbesondere bei der (wenn auch nur teilweisen) Aufhebung der Belagerung des Hafens von Hodeidah und des Flughafens von Sanaa, werden vom ersten Tag der erneuten Kämpfe an wieder rückgängig gemacht werden.

Die Behauptung der Huthis, dass ihre Unnachgiebigkeit in diesen Punkten notwendig wäre, um die „humanitären Belange“ zu unterstützen, ist einfach gesagt „gequirlte Scheiße“. Die „humanitären Belange“ wird der größte Verlierer sein, wenn der Waffenstillstand endet und die Kämpfe wieder aufgenommen werden – jede Waffenruhe, selbst eine ziemlich „schlechte“ und unvollkommene, wird für die „humanitären Belange“ viel besser sein als das, was jetzt passiert.

Die Selbstüberschätzung der Huthis, die sie der Welt durch mehrere Militärparaden demonstriert hatten, gibt ihnen die Illusion, dass sie den Jemenkrieg wirklich gewinnen und somit alle ihre Forderungen mit Gewalt durchsetzen könnten, falls sie sie nicht auf friedlich Weg erreichen könnten. Aber das ist offensichtlich eine üble Fehleinschätzung.

Offensichtlich sind die Huthis so stark – wie sie es demonstriert haben – , dass sie den Krieg sicherlich nicht verlieren werden. Aber wenn man die internationalen Verbündeten der Gegner der Huthis berücksichtigt, ist es auch offensichtlich, dass die Huthis diesen Krieg ebenfalls nicht gewinnen können. Daher wird jede Wiederaufnahme des Krieges und der Kämpfe nur dazu führen, dass die Pattsituation, den der Krieg in den letzten Jahren erreicht hatte, fortgesetzt wird, mit viel mehr Zerstörung, vielen Toten und Verletzten, zerstörten Leben und einer immer weiter zusammenbrechenden Wirtschaft.

Wozu also das alles? Alle Seiten werden in einem solchen Szenario nur verlieren. Die Huthis, die jahrelang von der vom Westen geführten „internationalen Gemeinschaft“ isoliert wurden, sind jetzt intellektuell auf ihr jemenitisches Kernland beschränkt und können nicht verstehen, dass sie nicht gegen eine Koalition gewinnen können, die die USA, Großbritannien, Saudi-Arabien und die Emirate umfasst. Ein dauerhaftes Ende der Kämpfe und weitere Verhandlungen, auch wenn sie recht schwierig wären, wäre das Beste, was auch der Seite der Huthis, allen anderen Parteien und der jemenitischen Bevölkerung passieren könnte. Nur ein begrenzter Verstand würde das nicht sehen.

Endlich eine Einigung durch Verhandlungen zu erzielen, bedeutet immer auch einen Kompromiss. Es ist schwer zu erkennen, dass diese einfache Tatsache von den Huthis akzeptiert worden wäre. Die Huthis werfen der anderen Seite vor, ihre Verpflichtungen gemäß den Regeln des Waffenstillstands nicht erfüllt zu haben. Auch wenn man dies als zutreffend ansieht, muss doch zugegeben werden, dass die Huthis selbst ihren eigenen Verpflichtungen ebenfalls nicht nachgekommen sind. Sie können die andere Seite nicht auffordern, alle ihre Verpflichtungen zu erfüllen, und sich gleichzeitig selbst weigern, dies ebenfalls zu tun. Das Problem der Blockade von Taiz ist aufgrund der Unnachgiebigkeit der Huthis nicht gelöst worden, da die Vorschläge der Huthis nicht ausgereicht hatten, um den Bedürfnissen des unter der Huthi-Blockade leidenden Taiz gerecht zu werden.

Die Seite der Huthis hatte nachdrücklich gefordert, dass die Staatsangestellten in den von den Huthi gehaltenen Gebieten endlich aus den Öleinnahmen des Südjemens bezahlt werden sollten, wie es in den Waffenstillstandsbestimmungen festgelegt war. Aber warum hatten die Huthis selbst nie die Bestimmungen des Stockholmer Abkommens von 2018 erfüllt, wonach die Einnahmen der von den Huthis gehaltenen Häfen Hodeidah und Ras Ifa als Beitrag zur Zahlung der Gehälter der Staatsangestellten an die Zentralbank des Jemen überwiesen werden sollten? Welche Summe hat die Seite der Huthis in den letzten vier Jahren für diesen Zweck gezahlt? Offensichtlich ist es 0,00. Also? Und könnte die Huthi-Seite allen Ernstes verlangen, dass alle ihre Milizen und Kämpfer, die gegen die Regierungstruppen von Aden kämpfen, auf die Liste der Staatsangestellten gesetzt werden sollten – damit die Regierung von Aden selbst aus diesen Öleinnahmen ausgerechnet selbst diejenigen bezahlen sollte, die gegen sie kämpfen? Das wäre so eine Absurdität, auf die nur völlig vernagelte Köpfe kommen könnten.

Somit wird der Jemen jetzt eine Phase der Zerstörung, des Todes und des Leidens durchleiden. Und daran sind hauptsächlich die Huthis schuld.

Nun, es wäre immernoch nicht zu spät, es doch noch besser zu machen.

Erklärung der Huthi-Delegation zum Waffenstillstand: https://www.saba.ye/de/news3205164.htm

Yemen truce not extended due to “Sanaa’s” (Houthis’) intransigence, stupidity and overconfidence

All other parties to the conflict, the Yemeni and the international ones including the Houthis’ Iranian allies, had agreed and demanded to extend the Yemeni truce, which had started on April 2 and since then had been prolonged twice. Only the Sanaa (Houthi) side disagreed and lets the truce expire today, October 2022, refusing to renew it once again.

This is merely stupid. The Houthi side claims that its main demands had not been met at all (payment of state employees in the Houthi-held territories from the revenues of Yemeni oil, which is 100 % extracted in Aden-government hold Southern Yemen; fully removal the blockade of Northern Yemen by sea and by air [Hodeidah port and Sanaa airport]).

Even if this would be fully true, it’s obvious that a truce would be the first and main precondition that these demands could be met (whether fully or only partially), even if still a lot of negotiations would be needed. Without a truce, in a state of war and fighting, it will be impossible to achieve any progress in fulfilling these Houthi demands. On the contrary, all the progress which had been achieved due to the truce, especially in (even if partly only) lifting the siege on Hodeidah port and Sanaa airport, will be reversed from the very first day of renewed fighting on.

The Houthi claim that their intransigence in these points would be necessary to support the “humanitarian file” simply spoken is “bullshit”. The “humanitarian file” will be the greatest loser when the truce ends and fighting is resumed – any truce, even a quite “bad” and imperfect one, will be much better for the “humanitarian file” than what is happening now.

The Houthis’ overconfidence, which they had demonstrated to the world by several military parades, gives them the illusion that they could really win the Yemen war and thus reach all their demands by force, in case they could not reach them peacefully. But this obviously is a bad miscalculation.

Obviously, the Houthis is so strong – as they demonstrated it – that they certainly will not loose the war. But taking into account the international allies of the anti-Houthi side, it is obvious as well that the Houthi side also cannot win this war. Thus, any renewal of war and fighting only will lead to continue the stalement the war had been all over the last years, with a lot of more destruction, of many people killed and injured, of ruined lifes and an even more and more crashing economy.

So what for? All sides only will loose in such a scenario. The Houthis, isolated for years by the Western-led “international community”, now are intellectually limited just to their Yemeni heartland, unable to understand that they cannot win against a coalition including the US, the UK, Saudia Arabia and the Emirates. A permanent end of fighting and further negotiations, even if they would be quite difficult, would be the best thing which could happen to the Houthi side as well, as to all other parties and the Yemeni population as well. Only a limited mind would not see that.

Finally reaching an agreement by negotiations always means some way of compromise. It’s difficult to see that this simple fact has been accepted by the Houthi side. The Houthis blame the other side for not having fulfilled its obligations as prescribed by the rules of the truce. Taking this for granted, it also must be admitted that the Houthis did not fulfill their obligations either. You cannot ask the other side to fulfill all its obligations and at the same time refuse to this by yourself. The problem of the Taiz blockade had not been solved due to Houthi intransigence, as the Houthi proposals had been insufficient to meet the needs of Taiz suffering from the Houthi blockade.

The Houthi side strongly had demanded that the state employees in the Houthi-held territories finally should be paid from the Southern Yemeni oil revenues, as had been specified in the truce regulations. But, why the Houthis themselves never had fulfilled the regulations of the 2018 Stockholm agreement specifying that the revenues of the Houthi-held ports of Hodeidah and Ras Ifa should be transferred to the Central Bank of Yemen as a contribution to pay the state employees’ salaries? Wat a sum did the Houthi side pay for this purpose within the last four years? Obviously, it’s 0,00. So what? And could the Houthi side really claim that all their militia and fighters fighting against the Aden government forces should be added to the list of state employees – so that the Aden government itself via these oil revenues should pay those fighting against it? This would be such an absurdity only totally blocked up heads could come up with.

Thus, Yemen will go through an even worde phase of destruction, death and suffering now. And this mainly is the Houthis’ fault.

Well, it still would not be too late to finally do better.

Statement of the Houthi delegation regarding the temporary truce: https://www.saba.ye/en/news3205175.htm

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Dietrich Klose

Vielfältig interessiert am aktuellen Geschehen, zur Zeit besonders: Ukraine, Russland, Jemen, Rolle der USA, Neoliberalismus, Ausbeutung der 3. Welt

Dietrich Klose

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