Kommt ein Mann ins Fernsehstudio und hat eine Bombe dabei. Im Studio tanzt Lee Gates (George Clooney) und legt den Beginn seiner üblichen enthusiastischen Börsenshow auf das Parkett: Money Monster ist der Name der Show und des Films, ein Money Monster ist die Clooney-Figur namens Lee Gates, das größte Money Monster allerdings ist ein Mann namens Walt Camby (Dominic West), der mit seinem Hedgefonds gerade sagenhafte 800 Millionen Dollar in den Sand gesetzt und damit Anleger um sehr viel Geld gebracht hat. So sieht das jedenfalls der Mann mit der Bombe im Studio, der dem Tipp des Börsengurus Lee Gates („Die Aktien sind sicherer als Ihr Sparkonto“) vertraut und sein ganzes, gerade von der Mutter geerbtes Geld in Cambys Firma investiert hat.
Der Mut der Verzweiflung treibt Kyle Budwell (Jack O’Connell) in dieses Studio, wo er nun um sich schießend das Weiterlaufen der Kameras erzwingt und Lee Gates dazu bringen will, seine Korruptheit live und coram publico einzugestehen. Kein Musterfall des herrschaftsfreien Diskurses, aber der Film ist da ganz auf der Seite des verzweifelten Mannes: Hilfreich ist, was der Wahrheitsfindung dient. Und gefunden wird hier in den USA und in Südafrika – aus den Twists und Turns des sich immer konkreter abzeichnenden Börsenverbrechens zieht Jodie Fosters Film die Spannung, die er hat. Nur leider: Viel ist es nicht.
Frauen im Zentrum
Dabei legt es das Drehbuch durchaus darauf an, die mit den Genreklischees gesetzten Erwartungen an einzelnen Punkten zu enttäuschen, nur leider eher plump als geschickt. Clooney bemüht sich als Karikatur seines immer ein bisschen zu aalglatten Selbst. Ihm gegenüber, als Regisseurin der Show und das Gewissen von Lee Gates: Julia Roberts (Rollenname: Patty Fenn), die die Ruhe bewahrt, Gates über einen Knopf im Ohr fortlaufend Anweisungen flüstert und die Fäden auch dann noch in der Hand behält, als sich das Geschehen schließlich aus dem Studio hinaus an andere Orte verlagert. Auch auf der anderen Seite fungiert eine Frau als Pendant: Walt Cambys Pressechefin und Geliebte Diane Lester (Caitriona Balfe), die sich zusehends von den Machenschaften ihres Chefs zu distanzieren beginnt. Als Dritte kommt die schwangere Freundin des Geiselnehmers ins Spiel – und hält ihm ein alles andere als schmeichelhaftes Spiegelbild vor.
Man kann nachlesen, dass die Frauenrollen nach dem Einstieg von Jodie Foster in das Projekt ausgebaut beziehungsweise erst eingeführt wurden. So ist aus einem Männerkammerspiel mit Frauenfiguren am Rande ein Männerkammerspiel mit Frauenfiguren im Zentrum geworden. Die Frauen bieten den Männern Paroli, die Männer bleiben dennoch die Subjekte und Akteure des Dramas.
Money Monster ist bei allem Staraufgebot leider ein Film, der nicht wirklich weiß, was er ist und wohin er will, daraus aber nicht die Stärke fröhlicher Hybridisierung oder wenigstens interessanter Orientierungslosigkeit zieht, sondern das große Problem nicht los wird, dass er nichts von dem, was er sein könnte, je richtig wird.
Ein Thriller einerseits. Die Bombe schafft Hochdruck, aber ihr eigentlicher Job ist das nicht. Im Grunde wird sie gebraucht, um Money Monster zu einem Gerichtsfilm mit anderen Mitteln, das intim-öffentliche Studio zum Ort der Anklage und der Medien- und Finanzweltkritik zu machen. Nur dass die Bombe andererseits eben Genremomente einschleppt, mit denen sich der Film auch rumschlagen muss: Evakuierung, Rettungsschuss, Panik, finale Konfrontation.
Die Medien- und die Finanzweltkritik bleiben zudem platt. Zwar hantiert das Buch mit Begriffen wie „Quants“ und „Algos“ und „Hochfrequenzhandel“, aber es interessiert sich überhaupt nicht für Börsenweltmechanismen. Oder jedenfalls macht es sich und dem Zuschauer vom internationalen Finanzstromgeschehen ein allzu einfaches Bild, das die Millionenverluste der Schurkenhaftigkeit von Einzelpersonen zurechnet. So geht Money Monster aus wie das Hornberger Schießen: Der Film camoufliert seine kritischen und analytischen Absichten als Thriller, um sie dann selbst zur Strecke zu bringen, indem er sich auf die schlichten Formeln des Genres viel zu sehr und viel zu unreflektiert einlässt.
Regie rettet nichts
Traurig ist das Ganze noch in einer anderen Hinsicht. Dass Hollywood mit erwachsenen Stoffen seit vielen Jahren ein Problem hat, ist sattsam bekannt. Subtilität und Intelligenz gelten als ökonomische Hochrisikoformeln – die Studios wetten kaum noch mit nennenswerten Budgets auf Stoffe und Bücher, die zu viel davon haben. Auf dem Papier sieht Money Monster nun zwar aus wie ein Qualitätsprojekt aus früheren Zeiten; auch die Präsentation bei den Filmfestspielen von Cannes, wenngleich außerhalb der Reihe, spricht eher dafür. Jodie Foster und George Clooney stehen durchaus fürs Erwachsensein und außerdem für eine solide Linksliberalität. Gegen Julia Roberts und Dominic West (The Wire, The Affair) ist wenig zu sagen. Und trotzdem zerfällt dieses auf den ersten Blick so attraktive Paket in recht fade und so unscharfe wie undurchdachte Einzelteile.
Auch Jodie Fosters Regie rettet da nichts. Von Anfang an stört ein arg hysterischer Ton, von dem kein vernünftiger Weg Richtung Gemenschel führt, das zwischendurch beziehungsweise am Ende dann auch noch sein soll. Dann wieder treibt sie die Tragödie eher sinnlos in Richtung Farce mit Besenkammersexeinlage und kleinen Marathonläufen des Produzenten durch den Finanzdistrikt von Manhattan. Immerhin wird der Film, nach den ersten Einspielzahlen zu urteilen, ein ordentliches Geschäft. Man darf also hoffen, dass in Zukunft Projekte Chancen bekommen, die nicht nur von außen betrachtet erwachsenes und intelligentes Kino versprechen. Sondern es tatsächlich sind.
Info
Money Monster Jodie Foster USA 2016, 98 Minuten
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